KarnevalSo feierten 10.000 Jecke die Premiere der „Lachenden Kölnarena“

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Lachende Kölnarena 180122

Mit Hochgeschwindigkeit starten die Besucher der Lachenden Kölnarena in die Session.

Köln – Es zieht in den Katakomben der Lanxess-Arena. Scherze werden gemacht, es wird laut gelacht, „Han mer alles?“ Es ist ein bisschen wie am Bahnsteig, wenn die Kegelclubs auf ihre jährliche Tour starten. Alle sind aufgeregt und freuen sich auf ein paar ausgelassene Tage. Kaum einer kann es abwarten, endlich in den Zug zu steigen. Gleich geht es los: Die Trommeln und Trompeten verursachen einen ohrenbetäubenden Lärm in den langen Fluren, als sich die Korps, Vereine, Garden, Musiker, der Elferrat und zuletzt das Dreigestirn in Bewegung setzen. Die Herrschaften der Prinzen-Garde ducken sich, damit sie mit ihren spitzen Helmen nicht an den Rahmen der schweren Stahltür stoßen. Ein Gardist ruft: „Und jetzt lachen“, ehe er hinaustritt ins Scheinwerferlicht.

Der Arena-Express ist losgefahren. Es wird eine Fahrt im Hochgeschwindigkeitszug und nicht mit der Bimmelbahn. Zwischenstopps gibt es auf der sechsstündigen Fahrt Richtung Groß-Schunkeln nicht. 10.000 Passagiere haben ein Ticket für die diesjährige Premiere gelöst. Weder im Saal vor der Bühne noch auf den Tribünen und Logen ringsherum machen die Jecken Gebrauch von ihren Sitzplatzreservierungen.

„Das wird nie langweilig“

Ganz vorne steht Marita Simonis – und das seit 1999. Nicht eine einzige Lachende Kölnarena hat sie verpasst. „Ich bin immer hier, weil sie alle hier auftreten, das wird nie langweilig“, sagt sie so begeistert, als wäre sie zum ersten Mal da. Sie kommt in wechselnder Begleitung. Am liebsten mit Freunden und Bekannten im Doppeldeckerbus aus Zülpich, wo sie seit 25 Jahren Mitglied in der Prinzengarde ist.

Seit 1999 in der ersten Reihe: Marita Simonis

Seit 1999 in der ersten Reihe: Marita Simonis

Ein Schwätzchen mit den Künstlern oder dem Festkomitee-Präsidenten über das Geländer hinweg ist dann auch schon einmal drin. Wer besonders in Simonis Gunst steht, bekommt von ihr einen selbstgemachten Eierlikör. Aber heimlich, der Veranstalter sieht das nicht so gern.

Schunkelnde Jecken, laute Musik

Auch ganz hinten schunkeln die Jecken. Die Musik ist laut, der Würfel unter der Decke überträgt die Bilder. „Die Stimmung gibt’s sonst nirgends auf der Welt“, sagt Rainer Hemmann und hakt sich bei einer Freundin unter. „Meine Frau steht ganz vorne, die ist eine Rampensau“. Der Freiburger hat zehn Jahre in Köln gelebt und kommt seitdem nicht mehr los vom Karneval. „Ne, Fasching, das ist nichts“, sagt er lachend.

Die Veranstaltung in Zahlen

10.000 Gäste feiern an jedem der 13 Abende bis Karnevalssonntag in der Halle. Einschließlich der Veranstaltungen am Freitag und Samstag haben  die Lachende Kölnarena seit dem Umzug aus der Sporthalle 1999

2.040.000 Menschen besucht.

800 Menschen arbeiten an einem einzigen Abend in der Halle, davon allein

300 in der Gastronomie. Die haben viel zu tun, denn die Gäste verzehren in einer einzigen Session allein

10.000 Pittermännchen.

4.000 Luftballons schmücken die Arena. Allein 33 Trauben von jeweils fünf Luftballons hängen an der Hallendecke. Ebenso wie

30 Tonnen Technik.

20,74 Meter breit ist die Bühne. der Elferrat thront in 1,50 Metern Höhe.

Ein paar Reihen weiter tanzt Familie Anglano. „Wir sind echte Römer und echte Kölner“, rufen sie. Auf ihren roten Latzhosen blinken kölsche Herzen. Zum Fest lagen die Karten für die Arena unterm Weihnachtsbaum. Die Mischung macht’s. Durch den Mittelgang düsen drei Mario-Karts. „Einen ganzen Sonntag haben wir an den Kostümen gebastelt“, erzählt „Mario“ alias Anne Solbach.

Die Schwestern Anne (l.) und Lena Solman machten die Halle mit Videospiel-Fan „Luigi“zur Rennstrecke.

Die Schwestern Anne (l.) und Lena Solman machten die Halle mit Videospiel-Fan „Luigi“zur Rennstrecke.

Freund „Luigi“ spielt das beliebte Videospiel so gerne, weshalb die Idee aufkam, sich die Rennautos aus Bananenkisten um den Bauch zu schnallen.

Kasalla bringen das Publikum zum Brodeln

Nach anderthalb Stunden im Express kocht die Stimmung, Kasalla haben das Publikum zum Brodeln gebracht. Bei voller Geschwindigkeit springen die Bands und Künstler auf den Zug auf. Hinter der Bühne bleibt nicht viel Zeit für eine kurze Begrüßung und ein Abklatschen. Zwei oder drei Songs, immer mindestens ein neuer und ein alter, Papierkanone, Feuerwerk, Zugabe – der nächste.

„Stadt met K“ oder „Künning vun Kölle“: Kasalla bringen das Publikum zum Brodeln.

„Stadt met K“ oder „Künning vun Kölle“: Kasalla bringen das Publikum zum Brodeln.

Die einzigen, die relativ entspannt die zehn Stufen zur Bühne erklimmen, sind die Bläck Fööss. Aber aufgepasst bei den vermeintlich alten Hasen. Bei ihnen kreischen die weiblichen Fans nicht nur, einer, im hautengen roten Kleid, erklimmt sogar die Bühne und darf die zwei Zeilen „Oh Katrin, ich han mich verlore, verlore an dich / Oh Katrin, ich bin neu jebore, neu jebore durch dich“ schmachtend mitsingen, bevor er im Angesicht der Sicherheitsleute wieder auf seine Seite der Absperrung klettert.

Newcomer bei ihrem ersten Auftritt in der Arena

Auf die Alt-Stars folgen die Newcomer: Pläsier stehen zum ersten Mal in der Lachenden Kölnarena auf der Bühne. Nach dem Auftritt ist Sängerin Sabi Offergeld wie berauscht. „Das ist so an mir vorbeigezogen. Das war unvergleichlich, was für eine Power da aus dem Publikum kommt.“ Während sie gesungen hat, hat sich schon das Tanzkorps der „Luftflotte“ im Tunnel aufgestellt. Kalt schwitzende Hände hat Patrick Riehm, auch er tritt zum ersten Mal in der Arena auf. „Ich könnte mir fast in die Hose machen. Es sind halt schon ein paar Leute mehr“, sagt er und blickt mit großen Augen in den Saal.

Die fliegenden Tänzerinnen der „Luftflotte“ begeistern auch den Elferrat (im Hintergrund).

Die fliegenden Tänzerinnen der „Luftflotte“ begeistern auch den Elferrat (im Hintergrund).

„Chefstewardess“ Ricarda Steinbach ist gelassener. Seit elf Jahren kennt sie die Auftritte in der Arena. „Die sind jedes Mal etwas besonderes, aber aufregender ist es für mich, wenn das Publikum ganz nah an uns dran ist“, meint sie. Kurz danach fliegt sie mehrere Meter hoch über die Köpfe der Zuschauer.

Vom Ungelernten bis zum Akademiker

Nach halber Fahrtzeit wird wild applaudiert, mitgesungen und getanzt. „Es ist die Ehrlichkeit des Publikums, die die Lachende Kölnarena neben ihrer schieren Größen so besonders macht. Vom Ungelernten bis zum Akademiker ist alles hier, und zusammen schlägt ein großes kölsches Hätz“, findet „Klimpermännchen“ Thomas Cüpper. Selbst er allein auf der Bühne nur mit Akkordeon und „alten Kamellen“ sorgt für tosenden Applaus.

Auch bei den traditionellen Tanzgarden geht nicht etwa die Hälfte des Publikums wie bei anderen Sitzungen zur Toilette, sondern ist mit leuchtenden Tamburinen und in die Luft gestreckten Armen dabei. Die Kombination aus Brauchtum und Unterhaltung ist auch für Veranstalter Eberhard Bauer-Hofner das Entscheidende. „Jeder kann ungezwungen feiern“, sagt er und verspricht, dass die Selbstverpflegung weiterhin erlaubt bleiben wird.

Für ihn gehöre das einfach dazu, wie für die vielen Jecken, die auf den Gang ins Bordbistro lieber verzichten. Da, wo sie eigentlich sitzen sollten, stehen Berge von Tupperdosen mit Käsewürfeln, Frikadellen, Trauben, Chips und Salzstangen. „Wir machen da ganz klassisch eine Whatsapp-Gruppe, in der jeder schreibt, was er mitbringt“, sagt Sonia Arnold. Mit 19 Mädels aus einer Tanzgruppe und einem Klatsch- und Tratschclub sind sie als Zwerge verkleidet aus Nettetal angereist – mit dem Zug.

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