Kevin Kühnert als Side-KickFußballkommentator kommentiert Kölner Passanten

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Kevin Kühnert, der Bundesvorsitzende der Jusos, kommentiert ebenfalls an der Seite des Kölners Robby Hunke. 

Köln – Fußball ist unser Leben. Das sang einst die deutsche Fußballnationalmannschaft von 1973 in voller Inbrunst in Vorbereitung auf die anstehende WM im eigenen Land. Und die Fans sangen mit! Und heute? Was wird aus der Vorfreude, den Tippspielen und den Fangesängen, wenn krisenbedingt der gesamte Sportbetrieb in Deutschland ausgesetzt wird? Wie beschäftigen sich Spieler, Fans und all jene Berufsgruppen, die ihr Leben gänzlich dem Fußball gewidmet haben?

Fußballkommentar aus dem Home-Office

Bei dem in Köln lebenden ARD-Fußballkommentator Robby Hunke dauert es nur wenige Tage, bis er die Zwangspause und Langeweile in den eigenen vier Wände nicht mehr aushält: Er muss seiner Berufung wieder nachgehen! Dazu hält er kurzerhand seine Handykamera aus dem Fenster – und kommentiert.

„Die klassische Samstagnachmittag Anstoßzeit. Wenig los, kaum Fans da.“ Nicht weiter verwunderlich, denn wir befinden uns mitten auf der Neusser Straße in Köln-Nippes, von wo aus Hunke das „Spielgeschehen“ fachsicher begleitet.

Nach souveräner Analyse der Sachlage, sorgt erst der überraschende Ballwechsel mit einem ahnungslosen Passanten dafür, dass der Kommentator in die altbekannte Ekstase gerät, wie man sie sonst nur aus dem Fußballstadion kennt: „Volley, Volley, VOLLEY!“ schallt es über die leergefegten Straßen von Nippes, als der Herr in der schwarzen Jacke, den herabfallenden Ball aus der Luft annimmt. 

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ARD-Fußballkommentator Robby Hunke überbrückt die Bundesligapause als #KommentatorInQuarantäne.

„Der Kommentar ergibt sich immer aus der Situation“, erklärt Hunke im Interview. „Da sehe ich auch die Ähnlichkeit zum Fußball: Du kannst auf der Straße nicht vorhersagen, was passiert!“ Kommentieren kann man es aber. Als eine Gruppe Jugendlicher beispielsweise an Hunkes Fenster vorbeischlendert, spricht er von „Rudelbildung“, plädiert für die rote Karte: Zu wenig Abstand. Und siehe da: Die Jugendlichen weichen voneinander ab, grüßen den Kommentator und ziehen einsichtig von dannen.

Ein Lichtblick in schwierigen Zeiten

Überhaupt habe dem Kommentator im Home-Office noch kein Passant einen noch so kritischen Kommentar übelgenommen. Und auch in den sozialen Medien, in denen der #KommentatorInQuarantäne mittlerweile auf eine treue Anhängerschaft stößt, sind die Resonanzen durchweg positiv. Die Passanten ließen sich in dieser schwierigen Phase gerne auf den Spaß ein, so Hunke. Verständlich, wo doch derzeit in den Straßen eher eine gedrückte Stimmung herrscht, unter denen, die sich vereinzelt noch aus dem Haus wagen.

Die tolle Resonanz auf seine Aktion – man mag schon fast von der letzten verbliebenen Straßenkunst sprechen – erklärt sich Hunke durch ihre Echtheit: „Die Menschen haben A: viel Zeit, B: wenig zu tun und C: vermissen sie den Sport.“

Doch nicht nur für Fans, die auf den Stadionbesuch vorerst verzichten müssen, ist die derzeitige Situation nur schwer haltbar: Insbesondere für diejenigen, die im Sportbetrieb ihren Lebensunterhalt verdienen, spitzt sich die Lage zunehmend zu. Seien es Tonassistenten, Ordner oder eben Kommentatoren: Sie alle haben auch ein wirtschaftliches Interesse daran, dass die Bundesliga bald ihren Betrieb wieder aufnehmen kann.

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Robby Hunke, der zuletzt das Geisterspiel zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach vor leeren Zuschauerrängen kommentiert hat, würde sich nicht zuletzt deshalb freuen, wenn der Spielbetrieb wieder aufgenommen würde - in welcher Form auch immer: „Ich kann die Spiele auch ohne Fans kommentieren. Auch wenn es natürlich nicht so schön ist, aber das ist leistbar. Am Ende des Tages ist das mein Job, zu transportieren, was auf dem Platz geschieht.“

Prominente Unterstützung

Dass das auch jenseits des Platzes auf Begeisterung stößt, belegen die Reaktionen der Social-Media-Community eindrucksvoll. Unter die Online-Anhängerschaft des #KommentatorsInQuarantäne hat sich mittlerweile auch das ein oder andere bekanntere Gesicht geschlichen: Neben Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, hat sich auch Ex-Fußballprofi Mladen Petrić schon in die Position des Co-Kommentators gewagt. Zuletzt lieferte der DFB-Nationalspieler İlkay Gündoğan seinen Kommentar zur Siegesserie des 1. FC Köln. Der Promi-Gast in Hunkes neuer Folge stammt nun erstmals nicht aus dem Profi-Sport.

Als einer der ersten hat Juso-Chef Kevin Kühnert die Videos von Robby Hunke in den sozialen Medien geteilt. Jetzt ist er nicht mehr nur Follower, sondern selbst Teil des Projekts und versucht sich selbst als Kommentator an der Seite seines Profi-Kollegen Hunke. In dieser Folge sehen Hunkes Follower wie sich dessen Nachbar beim Abliefern seines Hausmülls anstellt Wie Kühnert sich auf dem neuen Metier schlägt sehen Sie hier.

„Es bleibt spannend“, könnte ein Fußballkommentator an dieser Stelle konkludieren. Im Profisport, sowie auch im Twitter-Verlauf von Robby Hunke, der all den Sportdurstigen, die gerade auf dem Trockenen sitzen, dieser Tage eine kleine Erfrischung verschafft. Und selbst wenn der Fußball derzeit für eine Weile nicht unser Leben ist, so ist zumindest an der Neusser Straße das Leben ein kleines bisschen mehr Fußball. 

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