Klimaschutz oder Bauland?Umweltschützer protestieren gegen „Flächenfraß“ in Köln

Lesezeit 3 Minuten
5F9ED800098A037C

Die wachsende Stadt benötigt mehr Wohnungen. 

Köln – Es ist wohl das Thema mit der größten Brisanz für den kommenden Kommunalwahlkampf: Wie viele Freiflächen soll die Stadt hergeben, damit Wohnungen, Schulen, Sportplätze und Kindertagesstätten für die wachsende Stadt gebaut werden können? Die Stadt hat für die Überarbeitung des sogenannten Regionalplans insgesamt 820 Hektar – das entspricht rund 1200 Fußballfeldern – benannt, die bis 2040 zusätzlich zu den bereits ausgewiesenen Bauflächen versiegelt werden könnten.

Damit ist sie deutlich unter den Vorgaben der Bezirksregierung geblieben, die dreimal so viel Bauland gefordert hatte. Trotzdem regt sich in vielen betroffenen Stadtteilen Widerstand. Am Montag kündigte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) seinen Protest an. Die Stadt solle keine weiteren Flächen opfern. Der Klimanotstand verlange einen „Paradigmenwechsel“, so BUND-Vorstand Helmut Röscheisen. Der „Flächenfraß“ müsse aufhören. Der Wohnungsmangel lasse sich anders beheben.

Studie sieht ungenutzte Wohnraumpotenziale 

Die Umweltorganisation beruft sich unter anderem auf Studien der Technischen Hochschule Darmstadt mit dem Pestel-Institut in Hannover, die für ganz Deutschland ungenutzte Wohnraumpotenziale erforscht haben. Demnach komme man ohne neue Flächen aus, indem man Parkplätze, Supermärkte und andere einstöckige Gebäude überbaue, Baulücken schließe und Häuser aufstocke.

Alles zum Thema Henriette Reker

Die These ist nicht neu, doch bislang ist es noch keiner Großstadt gelungen, auf diese Weise Zehntausende Wohnungen zu bauen. „Wenn es so einfach wäre, würde das längst geschehen“, heißt es im Kreis der Kölner Wohnungsbauunternehmen.

Vetorecht für den Umweltdezernenten

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz sieht Stadt und Land in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu ändern. Der Landtag müsse durch Gesetzesänderungen die Handlungsmöglichkeiten der Stadt verbessern. Und diese müsse ihrerseits „mit klarer Kante und klaren Ansagen endlich konsequent handeln“, so Röscheisen. Dem „schwerfälligen“ Verwaltungsapparat falle das Umdenken offenbar schwer. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sei gefragt, „das Ding zu händeln“. Er schloss sich der Forderung an, dass keine Ein- und Zweifamilienhäuser mehr gebaut werden dürften und forderte ein Vetorecht für den Umweltdezernenten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Umweltverband geht nach einer eigenen Studie davon aus, dass 99 Prozent aller von der Stadt zur möglichen Bebauung vorgeschlagenen Flächen „ökologisch besonders wertvoll“ seien. Die Stadt hatte in ihrem Vorschlag nur bei einem Drittel einen Konflikt mit ökologischen Interessen ausgemacht.

Die Beratungen zur Änderung des Regionalplans sind langwierig. Der Vorschlag der Stadt wird nun von der Bezirksregierung geprüft. Möglicherweise fallen da schon Vorschläge durch. Möglich ist aber auch, dass die Landesbehörde die Benennung weiterer Flächen von der Stadt einfordert. Nach einer Beratung im Regionalrat, der politischen Interessenvertretung der Kreise und Städte im Regierungsbezirk, kommen die Vorschläge dann zurück in die politischen Gremien der Stadt. Das wird voraussichtlich Ende 2020 der Fall sein.

KStA abonnieren