Köln – Die Pünktlichkeit von Bahnen und Bussen gehört für die Kunden im öffentlichen Nahverkehr zu den besonders wichtigen Kriterien. Wer zur Arbeit fährt oder andere wichtige Termine wahrnehmen muss, will sich auf die Angaben im Fahrplan verlassen können. Gefühlt erreichen jedoch nur wenige Bahnen in Köln die Haltestellen wie vorgesehen. Um herauszufinden, wie zuverlässig die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) tatsächlich sind, hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erneut die Pünktlichkeit aller Stadtbahn-Linien außer der Linie 17 untersucht, indem ein Reporter-Team Stichproben nahm. Dabei bestätigten sich die Erkenntnisse der ersten Erhebung im Juni 2017: Die meisten Bahnen wichen erheblich vom Fahrplan ab.
Methodik der Messung
Das Reporter-Team des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sammelte die Daten für die Stichprobe am 12. und 14. Juni an den Haltestellen Neumarkt, Ebertplatz, Venloer Straße/Gürtel sowie Subbelrather Straße/Gürtel. Jede Linie wurde an zwei Wochentagen vormittags und nachmittags jeweils drei Stunden am Stück während des Berufsverkehrs untersucht. Eine Verspätung wurde notiert, wenn eine Bahn nicht wie im Fahrplan angegeben an der Haltestelle abfuhr. Ein Komplettausfall eines Fahrzeugs ging mit zehn Minuten in die Berechnungen ein. (att)
Wie schon im Vorjahr fuhren die Linien 16 und 18 nur sehr selten pünktlich ab. Deutlich verschlechtert hat sich im Vergleich zum Juni 2017 die Situation der Linien 9 und 15. Besonders drastisch fiel die Messung bei den Linien 4 und 12 aus. Lediglich eine von zehn Bahnen hielt im Test des „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Fahrplan ein. Die Linien 3, 13, 15, 16 und 18 waren kaum besser unterwegs. Nur zwei von zehn Bahnen waren innerhalb des Messzeitraums pünktlich. Die höchste durchschnittliche Verspätung fuhren die Fahrzeuge der Linie 16 zwischen Niehl und Bonn Bad Godesberg mit knapp vier Minuten ein.
Linien 1 und 5 besonders pünktlich
Die größte Gesamtverspätung fiel bei der Linie 15 zwischen Chorweiler und Ubierring mit insgesamt 221 Minuten an. Die Linie 9 landete mit 202 Minuten knapp dahinter. Die Linien 1 und 5 schnitten in Sachen Pünktlichkeit am besten ab. Sechs von zehn Fahrzeugen verließen die Haltestellen zuverlässig. Die Linie 5 zwischen Butzweilerhof und Heumarkt nahm den Spitzenplatz bei der durchschnittlichen Verspätung ein, die mit knapp einer Minute eher gering war. Die Linie 1 zwischen Weiden und Bensberg reihte sich mit etwa anderthalb Minuten dahinter ein.
Die Linie 17, die zwischen Severinstraße und Sürth auf einem Teilstück der künftigen Nord-Süd-Stadtbahn verkehrt, wurde im Test nicht berücksichtigt, weil die Strecke relativ kurz ist und vergleichsweise wenig genutzt wird.
Komplexes und dichtes Gleisnetz
Die KVB selbst schätzt, dass etwa 60 Prozent der Verspätungen externe Ursachen wie Staus, Unfälle, zugeparkte Gleise aber auch das Verhalten vereinzelter Fahrgäste haben. Die übrigen 40 Prozent resultieren hingegen aus Fahrzeugstörungen und technischen Problemen mit Weichen und Signalanlagen, die in der Verantwortung des Unternehmen liegen. Als maßgebliche Ursache für die vielen Verspätungen gilt das komplexe und dichte Gleisnetz der KVB. Sämtliche Linien kreuzen sich an einer oder sogar an mehreren Stellen. Für Kunden, die umsteigen wollen, ist das zwar angenehm, es sorgt aber auch für Verzögerungen, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Bleibt eine Stadtbahn etwa im Tunnel stehen, hat das oft gleich Auswirkungen auf mehrere Linien, weil sie sich dieselbe Trasse teilen müssen. Das gilt ebenso für Verkehrsunfälle auf den oberirdischen Schienen.
Dass die Linien 9, 15, 16 und 18 im Test so schlecht abschnitten, liegt unter anderem an den langen Streckenverläufen. Weitere Faktoren für Verspätungen sind Falschparker, Türen, die von Fahrgästen blockiert werden, Verkehrsunfälle, Signal- und Weichenstörungen, Fahrzeugschäden und ein hohes Fahrgastaufkommen während des Berufsverkehrs. Ihre interne Pünktlichkeitsstatistik veröffentlicht die KVB übrigens nicht – weil aus dieser Art von Transparenz laut Vorstand Jürgen Fenske „keine konkreten Verbesserungen abgeleitet werden können“.
Die Statistik im Überblick
1 Weiden – Bensberg
26,5 Kilometer; 37 Haltestellen
Gesamtverspätung: 80 Minuten (59)
Durchschnittliche Verspätung: 1:24 Minuten (1:08)
Pünktlichkeitsquote: 63,2 Prozent (51,7)
3 Mengenich – Thielenbruch
21,5 Kilometer; 31 Haltestellen
Gesamtverspätung: 91 Minuten (224)
Durchschnittliche Verspätung: 2:32 Minuten (6:13)
Pünktlichkeitsquote: 25 Prozent (8,3)
4 Bocklemünd – Schlebusch
21,7 Kilometer; 29 Haltestellen
Gesamtverspätung: 102 Minuten (277)
Durchschnittliche Verspätung: 2:50 Minuten (7:41)
Pünktlichkeitsquote: 11,1 Prozent (11,1)
5 Butzweilerhof – Heumarkt
12,3 Kilometer; 17 Haltestellen
Gesamtverspätung: 37 Minuten (41)
Durchschnittliche Verspätung: 1:02 Minuten (1:08)
Pünktlichkeitsquote: 55,6 Prozent (50)
7 Frechen – Zündorf
25,8 Kilometer; 33 Haltestellen
Gesamtverspätung: 80 Minuten (50)
Durchschnittliche Verspätung: 2:13 Minuten (0:49)
Pünktlichkeitsquote: 47,2 Prozent (53,8)
9 Sülz – Königsforst
16 Kilometer; 24 Haltestellen
Gesamtverspätung: 202 Minuten (111)
Durchschnittliche Verspätung: 2:58 Minuten (1:39)
Pünktlichkeitsquote: 48,5 Prozent (66,2)
12 Merkenich – Zollstock
17 Kilometer; 27 Haltestellen
Gesamtverspätung: 76 Minuten (28)
Durchschnittliche Verspätung: 2:06 Minuten (0:47)
Pünktlichkeitsquote: 13,9 Prozent (41,7)
13 Holweide – Sülzgürtel
16,2 Kilometer; 23 Haltestellen
Gesamtverspätung: 90 Minuten (62)
Durchschnittliche Verspätung: 2:30 Minuten (1:41)
Pünktlichkeitsquote: 25 Prozent (21,6)
15 Chorweiler – Ubierring
15,2 Kilometer; 23 Haltestellen
Gesamtverspätung: 221 Minuten (50*)
Durchschnittliche Verspätung: 3:37 Minuten (0:49)
Pünktlichkeitsquote: 19,7 Prozent (60,7)
16 Niehl – Bonn Bad Godesberg
45,6 Kilometer; 50 Haltestellen
Gesamtverspätung: 140 Minuten (184)
Durchschnittliche Verspätung: 3:54 Minuten (5:06)
Pünktlichkeitsquote: 25 Prozent (11,1)
18 Thielenbruch – Bonn
48,4 Kilometer; 50 Haltestellen
Gesamtverspätung: 148 Minuten (315)
Durchschnittliche Verspätung: 2:03 Minuten (4:24)
Pünktlichkeitsquote: 22,2 Prozent (13,9)