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Köln früher und heuteIn Köln stand einst das größte Gericht Deutschlands

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Der 1911 eröffnete Prachtbau ist bei den Bombardements im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden.

  • In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • Der Justizpalast am Reichenspergerplatz war einst Deutschlands größtes Gericht. Im Zweiten Weltkrieg wehte nationalsozialistischer Wind durch die Flure des Prachtbaus, der am Kriegsende stark beschädigt wurde.

Köln – Als der Prachtbau im Kölner Norden fertig war, versammelten sich im Jahr 1911 rund 650 Gäste im Gürzenich und feierten. Justizminister Maximilian von Besler lobte das Gebäude, das für 5,6 Millionen Mark am Reichenspergerplatz entstanden war, als „Justizpalast, der in künstlerisch schönen Formen das Städtebild ziert“.

Der Ersatzbau für das zu klein gewordene Appellationsgericht am Appellhofplatz stand wie ein Schloss in der noch weitgehend unbebauten nördlichen Neustadt. Das neue Oberlandesgericht war damals das größte Gericht Deutschlands. Mit 34 Sitzungssälen, 400 Geschäftszimmern, einer imposanten Eingangshalle und kilometerlangen Fluren war es ein Gigant der Justizverwaltung, technisch modern, architektonisch jedoch ein Rückgriff auf längst vergangene Zeiten.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau stark beschädigt

Architekt Paul Thoemer ließ im neobarocken Stil bauen, der Kaiser Wilhelm II. besonders gut gefallen habe, so der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings: „Das ist ganz deutlich von Schlossbauten des echten Barocks inspiriert.“ Die palastartige Architektur sollte aber nicht der Einschüchterung dienen, sondern „Symbol sein für die Unabhängigkeit der Gerichte gegenüber Königshäusern und Kirche“, so das Gericht in einer geschichtlichen Darstellung.

Im NS-Regime war es mit dieser Unabhängigkeit vorbei. Am 31. März 1933 stürmten zunächst Mitglieder von SA und SS das Oberlandesgericht, um jüdische Mitarbeiter festzunehmen und auf offenen Müllwagen zum Polizeipräsidium zu fahren. Von da an wehte der Geist des Nationalsozialismus immer unerbittlicher durch die Flure, politische Gegner, Menschen mit „minderwertigen Erbanlagen“ und vor allem Juden bekamen die Härte der Justiz zu spüren, und im Laufe des Kriegs radikalisierte sich die Spruchpraxis im Bezirk des Oberlandesgerichts zunehmend.

Zudem sorgte der Krieg für enorme Zerstörungen am Prachtbau. Nicht nur der Turm über dem Hauptportal hat die Bombardements auf Köln nicht überstanden, auch der Rest der einst voluminösen Dachlandschaft existiert nicht mehr.

Im Januar 1946 wurde mit Konrad Adenauer gefeiert

Die Fassade ist laut Ulrich Krings immerhin zu 80 Prozent erhalten geblieben. Im Giebel des in der Mitte hervorspringenden Gebäudeteils (Risalit) thront noch immer Göttin Justitia. In diesem Fall jedoch sehenden Auges. „Die Justiz soll blind sein gegen Unterschiede des Standes, sie soll aber nicht blind sein im Allgemeinen. Sie soll den Menschen ins Auge sehen“, so der Oberpräsident der Rheinprovinz, Freiherr von Rheinbaben, in seiner Festansprache im Gürzenich. In einem 20 Meter breiten Relief sitzt die richtende Göttin, rechts neben ihr eine flehende Klägerin, links ein grollender Beklagter. Dazwischen zwei Advokaten.

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Der Risalit am linken Fassadenrand erlitt im Zweiten Weltkrieg starke Zerstörungen und wurde nur vereinfacht aufgebaut. Der rechte Risalit ist besser erhalten geblieben, das Wappen von Bonn, das zum Gerichtsbezirk gehört wie etwa Aachen und große Teile des Bergischen Landes, ist noch gut zu sehen. Das gilt auch für die preußische Königskrone über dem Haupteingang. Das preußische Wappen darunter jedoch wurde irgendwann geschleift.

Der Wiederaufbau des Oberlandesgerichts fand 1950 statt, der juristische Betrieb ging schon früher weiter. Am 10. Januar 1946 versammelten sich die Angehörigen des Oberlandesgerichts in dem notdürftig hergerichteten Sitzungssaal des Strafsenats und feierten wieder einmal. Mit dabei auch ein gewisser Konrad Adenauer.

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