KölnZoll wird fündig bei Kontrolle auf Baustelle für „Kaufhof Kalk“

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Die Eröffnung der neuen Läden im ehemaligen Kaufhof-Gebäude wurde inzwischen verschoben.

Köln-Kalk – Schwarzarbeit, städtisches Darlehen, Belästigungen für die Nachbarschaft: Das Bauprojekt Kalkhof sorgt weiterhin für Diskussionen bei den Kalkern - vor allem bei den direkten Anwohnern, aber inzwischen auch bei zahlreichen Kommunalpolitikern und beim Zoll. Das aus Holland stammende Unternehmen Ten Brinke lässt auf dem Gelände der früheren Kaufhof-Filiale zwischen Kalker Hauptstraße und Sieversstraße Geschäfte, Wohnungen und eine Tiefgarage bauen.

Schwarzarbeit So haben jüngst Zöllner der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ die Subunternehmen auf der Großbaustelle überprüft und wurden fündig. „Unter den 20 angetroffenen Arbeitern einer Rohbaufirma befanden sich sechs Männer ohne gültige Aufenthaltserlaubnis“, so Zoll-Pressesprecher Jens Ahland. „Nach der Festnahme der Personen wurden noch vor Ort Vernehmungen durchgeführt und die Baucontainer der Firma durchsucht. Dabei konnten erste Beweismittel für weitere Ermittlungsverfahren gesichert werden.“ Die zugehörigen Ergebnisse stehen noch aus.

Darlehen Zudem wundern sich die Anwohner, dass sich trotz zahlreicher Proteste und Schreiben an die Stadtverwaltung und das Bauunternehmen die Verkehrssituation in der direkten Nachbarschaft weiterhin chaotisch darstelle. Und die Mitglieder des Stadtrates wundern sich - wie zuvor auch schon die des Finanzausschusses - darüber, dass die Stadt der Wohnungsbaugesellschaft GAG, die das gesamte Objekt später übernehmen, vermarkten, vermieten und bewirtschaften möchte, ein Darlehen in Höhe von knapp 38 Millionen Euro bereitstellen will. Damit würden drei Viertel der Gesamtkosten in Höhe von rund 50 Millionen Euro abgedeckt.

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Noch viele Fragen offen

Ihre Zustimmung zu der zugehörigen Verwaltungsvorlage haben die Kommunalpolitiker erst einmal herausgezögert. Da seien noch viele Fragen offen. Denn wie solle eine finanziell recht klamme Stadt mal eben 38 Millionen für die GAG locker machen? Habe die kein eigenes Geld für solche Projekte oder sei die GAG am Ende gar nicht in der Lage, solche Bauprojekte zu stemmen, fragen sich die Politiker. Nun sind schnelle Antworten gefragt, denn die Verwaltung hatte schon jetzt auf eine Zustimmung gedrängt. „Wegen möglicher Zinsentwicklungen ist gegebenenfalls eine kurzfristige Reaktion erforderlich“, hieß es seitens der Verwaltung. Nun muss die Vorlage wohl in Kürze über eine Dringlichkeitsentscheidung behandelt werden, denn „die nächste Ratssitzung kann nicht abgewartet werden“.

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Bei der GAG selbst kann man den Rummel um das Darlehen nicht nachvollziehen. „Wir sind weder pleite noch insolvent“, sagte GAG-Sprecher Jörg Fleischer auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. „So ein Darlehen ist bei Projekten in solch einer Größenordnung schon ein ganz normales und durchaus übliches Verfahren", so Fleischer. „Die Stadt erhält bei den Banken häufig bessere Konditionen, als wir sie bekämen. Trotz einigem an Zinsen rechnet sich das Darlehen so für beide Seiten.“ Schließlich werde für das Darlehen bis zu einer Gesamthöhe von 37 731 721 Euro „ein marktübliches Entgelt“ gezahlt.

Genaues will die Stadt noch über ein Gutachten ermitteln. Falls dem Darlehen „rechtliche Gründe entgegenstehen oder es sich als unwirtschaftlich erweisen sollte“, will die Stadt für die GAG, bei der sie ohnehin mit einem Anteil von 88,1 Prozent beteiligt ist, eine Ausfallbürgschaft übernehmen. So will man die Ziele des Wohnungsbau-Unternehmens - die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit sicherem Wohnraum zu sozial angemessenen Bedingungen - unterstützen und finanziell mit absichern.

Denkmalgeschützte Fassade bleibt erhalten

Um- und Neubau Bei dem Projekt „Kaufhof Kalk“ handelt es sich um die Revitalisierung des ehemaligen Kaufhof-Warenhauses an der Kalker Hauptstraße. Das Bebauungskonzept sieht den Erhalt der denkmalgeschützten Fassade zur Straßenfront, einen Teilabbruch der bestehenden Gebäude im rückwärtigen Bereich und die Neuerrichtung einer Bebauung auf dem ehemals oberirdischen Parkplatz zur Sieversstraße hin vor. Gebaut werden derzeit fünf unterschiedlich große Gewerbeeinheiten sowie 90 Wohnungen und 16 Studenten-Appartements.

Die neuen Gewerbeflächen sowie die Schaffung von neuem Wohnraum auf der Kalker Hauptstraße dienen, so die Verwaltung, „insbesondere der Stabilisierung und Stärkung des Standorts und sollen zu einer langfristigen Qualitätssteigerung des Stadtteils führen“. Die am 1. Oktober 2016 begonnenen Bauarbeiten sollten eigentlich mittlerweile längst abgeschlossen sein. In der Verwaltungsvorlage ist die Fertigstellung auf den 30. März 2018 terminiert. Doch dieser Termin ist inzwischen verstrichen, die Arbeiten am Rohbau dauern noch an.

Läden eröffnen wohl erst im Spätherbst

Zwar versprechen die bunten Plakate an den Bauzäunen noch, dass Kalk im kommenden Sommer ausflippen werde, doch intern haben sich die künftigen Mieter des rund 6900 Quadratmeter großen Einkaufszentrums von Kaufland, Woolworth, dm-Drogeriemarkt und einigen kleineren Geschäften bereits auf eine Verzögerung von mehreren Monaten eingestellt. „Zum Herbst werden wir wohl fertig. Ich rechne mit Mitte bis Ende November“, kündigte Ten-Brinke-Projektleiter Christian Braun jetzt auf Anfrage an. Dann könnten die neuen Läden gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft aufmachen.

„Für uns entstehen durch die Verzögerungen am Bau keine zusätzlichen Kosten“, sagt GAG-Sprecher Fleischer. „Wir übernehmen das gesamte Objekt ja wie vertraglich geregelt schlüsselfertig.“ Doch wann genau die Schüssel den Besitzer wechseln, ist gegenwärtig weiter unklar.

Belästigung für Anwohner Auch für die Nachbarschaft ziehen sich die Beeinträchtigungen weiter in die Länge. Vor einigen Wochen wurden Zettel neben den Haustüren aufgehangen, auf denen den Bürgern mitgeteilt wurde, dass ein Teil der Sieversstraße „aufgrund häufiger Anliefer- und Bautätigkeiten“ für acht Monate abgesperrt werde. „Die Sieversstraße ist nach wie vor eine Katastrophe, obwohl sich die Verkehrssituation schon erheblich verbessert hat, seitdem dort tagsüber ein Wachmann nach dem rechten sieht und die Schranke bedient“, berichtet Anwohner Jens Höhner und klagt darüber, dass er in der vergangenen Woche mehrfach nicht aus der Tiefgarage habe herausfahren können, da die Straße durch Lastwagen und Baufahrzeuge verstopft war. Ähnliche Klagen kommen von den Fahrern, die behinderte Kinder zur Therapie in das Frühförderungs-Zentrum im angrenzenden Gold-Kraemer-Haus bringen wollen. „Wegen der versperrten Straße kommen wir häufig nicht in die Einfahrt herein und daher zu spät“, heißt es. Der ebenfalls dort wohnende Wolfgang Laurisch beschreibt die Ausfahrt aus der Tiefgarage „als eine Art Glücksspiel“. Einige Male hat er sich im Namen mehrerer Anwohner beim städtischen Amt für Straßen und Verkehrstechnik und bei der Firma Ten Brinke beschwert. „Bislang gab es keine Entschuldigung, keine Entschädigung für das rücksichtslose Verhalten und anwohnerfeindliche Geschäftsgebaren“, klagt Laurisch. „Die Mitarbeiter von Ten Brinke benehmen sich weiterhin so, als hätte das Bau-Unternehmen die Sieversstraße gleich mitgekauft.“

Die Geschichte des Kaufhofs in Kalk

Im Jahr 1929 wurde die Kalker Kaufhof-Filiale (damals noch Kaufhaus Leonard Tietz) an der Kalker Hauptstraße eröffnet. Jahrzehntelang zog das gut sortierte Warenhaus die Kundschaft aus Kalk und den benachbarten Kölner Stadtteilen an.

Nach 83 Jahren war Schluss. Im Juli 2012 hat der Metro-Konzern als Inhaber der Kaufhof-Kette die Filiale geschlossen, die eng mit der Geschichte des Veedels verbunden war. Seit den 1970er Jahren war kaum noch in das Gebäude investiert worden. Mit seinem veralteten Sortiment galt der Kalker Kaufhof als nicht mehr konkurrenzfähig.

Der Stadtkonservator hatte im März 1994 das gesamte Gebäude als erhaltenswert eingestuft. Mit seiner markanten Fassade und dem Flugdach zur Kalker Hauptstraße hin sowie zwei Achsen nach innen bleibt das Denkmal in den entscheidenden sichtbaren Teilen erhalten. (NR)

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