Kölner AmtsgerichtPolizist an Karneval beim Wildpinkeln erwischt

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Symbolbild

Köln – Was hat Geometrie mit einem männlichen Urinstrahl zutun? Warum riskiert ein Polizist mit Vorbildfunktion einen Bußgeldbescheid? Antworten auf Fragen wie diese gab es in einem Prozess, indem es um einen Wildpinkler ging. Tatort und Tatzeitpunkt spielten dabei eine nicht unwesentliche Rolle, denn es herrschte Ausnahmezustand in Köln – Auftakt des Karnevals am Rheinufer in der Altstadt.

Dirk T. (26, alle Namen geändert) hatte am Elften im Elften 2017 Freundin Thea als Spiderwoman im Arm, als den Düsseldorfer Polizeikommissar im Piratenkostüm am Kölner Rheinufer an der Frankenwerft nach drei Flaschen Bier gegen Mittag plötzlich ein dringendes Bedürfnis plagte. Die scheinbar unendliche Warteschlange vor den in unmittelbarer Nähe aufgestellten Dixi-Toiletten brachten den Polizisten auf die Idee, sich ins Gebüsch zu schlagen, wo ohnehin mehrere männliche Karnevalsjecke bereits das Gleiche vollzogen und sich illegal erleichterten.

Vorbildfunktion außer Acht gelassen

Dirk T. ließ seine Vorbildfunktion als Polizist außer Acht und wurde zum Wildpinkler, der erwischt wurde, denn zwei herbeieilende Ordnungshüter und Kölner Polizeibeamte hatten ihn im Blick. Doch T. legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid (85 Euro plus 28 Euro Gebühren) ein mit dem Argument, tatsächlich in letzter Sekunde buchstäblich eingehalten und von seinem Vorstand Abstand genommen zu haben.

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„Ich hatte vor, dort zu urinieren, aber ich habe es definitiv nicht getan.“ – „Warum nicht?“, wollte Amtsrichter Wolfgang Schorn wissen. Seine Freundin habe die Männer vom Ordnungsamt als Erste erkannt und ihn gewarnt: „Da hab ich meinen Reißverschluss schnell wieder hochgezogen und den Knopf zugemacht.“ Und er setzte hinzu: „Wäre es so gewesen, ich hätte ohne zu murren das Bußgeld bezahlt.“

„Der Strahl war zu sehen“

Mitarbeiter des Ordnungsamtes sagten im Zeugenstand allerdings das Gegenteil: „Wir haben ihn beim Wildpinkeln erwischt. Er hat sich erleichtert, der Urinstrahl war zu sehen, es lief zwischen den Beinen“, sagte der Ordnungshüter, dem der Wildpinkler damals den Rücken zugewandt hatte. „Wie sicher sind Sie, dass er es war und nicht die anderen Karnevalsjecken, die unmittelbar neben dem Polizisten das Gleiche taten?“, wollte Schorn wissen.

„Eine Frage der Geometrie“, antwortete der Ordnungshüter. Und er erinnerte daran, dass der Polizist sich zunächst sogar geweigert hatte, seine Personalien zu Protokoll zu geben und seine Hand in der Hosentasche damit erklärt hatte, er habe das Handy seiner Freundin herausholen wollen. „Er war sehr uneinsichtig, fühlte sich ertappt und erging sich in einer Schutzbehauptung“, erinnerte sich der Mann vom Ordnungsamt an die Situation.

Richter glaubt dem Ordnungsamt

Amtsrichter Schorn sah jedenfalls „keinen Grund, an der Aussage der Ordnungshüter zu zweifeln“. Mit anderen Worten: Er hätte den Polizisten verurteilt, wenn dieser seinen Einspruch nicht zurückgezogen hätte – was der Beamte daraufhin unverzüglich tat, nicht ohne noch einmal darauf hinzuweisen, dass er sich definitiv nicht im Gebüsch erleichtert habe.

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