Kölner Astronaut„Der Mond könnte als Tankstelle dienen“

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Matthias Maurer

 Köln: Matthias Maurer, ESA-Astronaut, steht in einem Modell des Columbus-Moduls der Internationalen Raumstation ISS. 

  • Matthias Maurer, 49, ist Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation (Esa).
  • Auf dem Mond würde er 12,5 Kilogramm wiegen.
  • Mit uns hat er über das Projekt Luna am DLR, einer Station auf dem Mond und wie man zum Mars gelangen könnte gesprochen.

Köln – „Spaceship EAC“, also Raumschiff EAC, das ist bei den Mitarbeitern des ESA-Astronautenzentrums (EAC) im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Porz inzwischen ein fester Begriff. In dem Gebäude trainieren Astronauten für einen Flug zur Internationalen Raumstation ISS. Das EAC ist aber auch Forschungseinrichtung, das dortige Team sucht nach Lösungen für Probleme, die Menschen beim Flug ins All begegnen können und treibt Projekte voran – die Landung auf dem Mond und den Flug zum Mars mit hoher Priorität.

Herr Maurer, was muss man sich unter dem Projekt Luna, also „Mond“ vorstellen?

Bevor ich Astronaut wurde, war ich hier am EAC für die Weiterentwicklung des Zentrums zuständig. Wir haben uns gefragt, was die künftige Aufgabe in der astronautischen Raumfahrt sein soll, wenn die Internationale Raumstation ISS ausläuft: eine neue Station im erdnahen Orbit, der Mond oder, als Horizont-Ziel, der Mars. Um uns auf diese Missionen vorzubereiten, brauchen wir neue Trainingsanlagen und neue Technologien.

Aber die Reise zum Mars ist doch eigentlich zu lang, oder?

Ja, es sind mindestens 500 Tage hin und zurück, deswegen sollte dort eine Infrastruktur aufgebaut werden, die längere Aufenthalte als zum Beispiel 30 Tage ermöglicht. Und diese Technologie können wir auf dem Mond testen. Dort können wir viel lernen, auch weil unser Trabant viel karger ist als der Mars, der ja einmal Wasser und eine Atmosphäre hatte.

Was macht den Mond sonst noch attraktiv für die Raumfahrtnationen?

Der Mond hilft uns bei der Klärung der großen Fragen: Wie ist die Entstehungsgeschichte des Universums und der Planeten? Wie kam das Leben auf die Erde? Sind wir allein im Universum oder gibt es Leben da draußen? Der Mond ist genauso alt wie die Erde, etwa 4,5 Milliarden Jahre. Verstehen wir den Mond besser, dann lernen wir auch viel über die Entstehungsgeschichte der Erde und unser Sonnensystem.

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Dieses Wissen hilft uns bei der Suche nach Exoplaneten, die potenziell lebensfreundliche Bedingungen aufweisen könnten. Darüber hinaus könnte der Mond auch quasi als Tankstelle dienen, um Raumschiffe für weitere Flüge zu versorgen. Am EAC bereiten wir mögliche Missionen zum Mond vor, im Projekt Luna testen wir viele Technologien und Verfahren, die wir dort benötigen werden.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Beispielsweise werden wir bei Luna testen, welches Equipment wir bei einer Mondmission mitnehmen müssten, unter anderem, um mit technischen Verfahren notwendige Ressourcen wie Wasserstoff und Sauerstoff aus Mondgestein zu gewinnen. Wie komplex und robust wären die notwendigen Apparaturen? Haben wir die Fähigkeit, damit auf dem Mond umzugehen? Wie soll die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Explorern aussehen? Mit Luna, einem Gemeinschaftsprojekt von ESA und DLR, das genau zwischen dem Humanlabor Envihab und dem EAC gebaut wird, können wir viele Fragen klären und eventuelle Schwierigkeiten bei einer Mondmission in Betracht ziehen.

Mit welchen Schwierigkeiten müssten Astronauten auf dem Mond rechnen?

Eines der Probleme ist schon die Schwerkraft auf dem Mond, die nur ein Sechstel der irdischen beträgt. Ich wöge dort also nicht 75, sondern nur 12,5 Kilogramm – das könnte zum Problem werden, wenn ein Raumfahrer auf den Mond beispielsweise eine Erdbohrung durchführen müsste. Mit Entlastungssystemen wie Seilzügen, die im Luna-Haus unter der Decke angeordnet sein könnten, möchten wir die geringe Schwerkraft simulieren. Als problematisch könnten sich auch Mondsand und -staub erweisen, die wir hier am Standort mit Vulkangestein aus der Eifel simulieren.

Welches Risiko stellt denn der Mondsand dar?

Er ist sehr fein und scharfkantig, das könnte Probleme an den Dichtungen der Raumanzüge verursachen. Luna bietet uns überdacht eine Fläche von rund 1000 Quadratmetern, auf der eine Fülle von technologischen Tests laufen können.

Ein Mondhaus in Köln?

Ja, wobei aber ein Haus auf dem Mond anders aussehen wird als irdische Häuser. Bei nur einem Sechstel Schwerkraft muss die Decke erheblich höher sein, bei jedem Abdrücken vom Untergrund beim Gehen schwebt man unter Mondbedingungen erheblich höher und könnte sich sonst leicht den Kopf stoßen. Auch an den Steinen für unser Mondhaus wird schon gearbeitet: Die Mondbausteine „backt“ ein Kollege ebenfalls aus Vulkangestein im DLR-Sonnenofen.

Luna klingt nach einem teuren Projekt – können sich Forscher die Zeit dort denn leisten?

Normalerweise müssten Externe viel Geld bezahlen, aber wir wollen mit dem Projekt schnell und dynamisch sein, auch den Leuten die Möglichkeit geben, Luna zu nutzen, die nicht so viel Geld, aber gute Ideen haben. Deswegen stellen wir die Einrichtung kostenlos zur Verfügung, um viele Ergebnisse in kurzer Zeit zu bekommen.

Also ist das Luna-Projekt ein Meilenstein auf dem Weg zu einer europäischen Mond-Mis

sion?

Ja. Wir forschen an den wichtigsten Bausteinen für eine solche Mission: Technologien zur Nutzung der lokal verfügbaren Mond-Ressourcen sowie neue Konzepte zur Erkundung des Mondes mit mehr Flexibilität für die Explorer.

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