Kölner Clubbetreiber„Erneute Schließung nicht weniger als eine Katastrophe für uns“

Lesezeit 5 Minuten
Partybild

Die Kölner Clubs müssen ab Samstag, 4. Dezember wieder schließen. (Symbolbild)

Köln – Zwei Tage stand eine Ankündigung von Hendrik Wüst im Raum, nach der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag ist es auch bundeseinheitlich beschlossene Sache: Neben Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, einer flächendeckenden 2G-Regel für den Freizeitbereich und den Einzelhandel müssen ab einer Inzidenz von 350 Clubs ihre Innenräume schließen.

Das Land NRW geht in seiner neuen Coronaschutzverordnung einen Schritt weiter und hat unabhängig von der Inzidenz den Betrieb von Clubs untersagt: Das bedeutet, dass am Samstag (4. Dezember) nach etwa drei Monaten alle Clubs, auch in Köln, erneut schließen müssen. Außenbereiche mit Biergarten sind nach den jüngsten Beschlüssen noch erlaubt sowie Bar- und Restaurantbetriebe. 

Clubs in NRW schließen: Kölner Clubbetreiber kritisieren Auswertung der Luca-App

Jakob Holterhöfer, Betreiber des Tsunami-Clubs in der Südstadt zeigt sich wenig überrascht: „Ich habe im Grunde damit gerechnet, weil es sich in der Pandemie immer wieder herausgestellt hat, dass die politischen Versprechungen nicht haltbar sind. Es war klar, dass bei der niedrigen Impfquote die Zahlen im Winter so rasant steigen werden.“ Er ist sich sicher: Die Clubs zu schließen sei ein „schöner Aufhänger“. Belastbare Daten, dass sie Infektionstreiber sind, gebe es laut dem 37-Jährigen nicht, auch wenn in dem Kontext immer die Luca-App zitiert werde: Vor zwei Wochen ergab eine Auswertung, dass von 181.000 Warnmeldungen von der App an die Gesundheitsämter, fast die Hälfte Clubs betrafen.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Neuer Inhalt (6)

Tsunami-Betreiber Jakob Holterhöfer

Diese Nachricht sei in zweierlei Hinsicht irreführend, finden die Clubbetreiber. Zum einen werde die Luca-App fast ausschließlich in der Gastronomie genutzt; und andererseits „wurde die Anzahl der Benachrichtigungen von Leuten gemessen. Wenn man in einen Club mit 2000 Leuten steht und einer Corona hat, kriegen diese 2000 Benachrichtigungen. Das bedeutet nicht, dass sich alle angesteckt haben“, so Holterhöfer, der gelernter Informatiker ist. Bei ihm sei jedenfalls kein einziger Fall bekannt geworden.

03022020_AR_Gebaeude_9_FOS1-2

Die „Gebäude 9“-Inhaber Pablo Geller (l.) und Jan van Weegen

Jan van Weegen, Betreiber des Gebäude 9, sieht das ähnlich kritisch: „Die Luca-App erfasst nicht das Infektionsgeschehen in privaten Räumen oder im Nahverkehr“. In ländlichen Regionen, so van Weegen, wo derzeit Zahlen explodierten, gebe es zudem gar keine Clubs: das ergebe ein „diffuses Bild“.

Kölner Club „Das Ding“: Chefin ist wütend

Er befürwortet allgemeine Kontaktbeschränkungen, findet es aber nicht zielführend, „einzelne Branchen einfach auszuknipsen“. Zumal Clubs über 1,5 Jahre geschlossen waren und damit überhaupt keinen Anteil an der zweiten sowie dritten Welle hatten. Und seit der Betrieb Ende August wieder gestartet ist, habe es hier die „strengsten Kontrollen und Hygienekonzepte" gegeben. Claudia Wecker vom Studentenclub „Das Ding“ ist entsprechend wütend auf die Politik.

Claudia Wecker leitet den Studentenclub „Das Ding“

Claudia Wecker leitet den Studentenclub „Das Ding“

„Als wir wieder öffnen durften, galt 3G. Das war uns zu unsicher, wir machten also 2G, geimpft und genesen, oder mit PCR-Test. Als Politik und Medien noch über 2G diskutierten, hatten weite Teile der Gastronomie das schon längst eingeführt“, so Wecker.

Vor allem ärgert sie, dass sie ihre Räume mit modernster Lüftungstechnik aufgerüstet habe, auf deren Kosten sie nun sitze bleibe, weil die staatliche Unterstützung für die Luftfilter, anders als angekündigt, nicht geflossen sei. „Unsere Luft ist zum Teil so steril wie im OP- Saal“, betont sie. Und: Sie habe nach eigenen Angaben akribisch kontrolliert, „gefälschte Dokumente aus dem Verkehr gezogen und zur Anzeige gebracht“. Man sei für seine Hygienekonzepte von den Behörden gelobt worden. Der Frust sitzt hörbar tief.

Dieser ist auch zwischen den Zeilen vom Club Roonburg zu hören. „Die Stadt sagt öffnen, NRW sagt schließen – und das Ganze fünf Stunden vor Schichtbeginn – welch ein Timing. Die Clubs in NRW schließen bis zum 21.12. – mindestens. Wenn man mit einem rechnen kann, dann mit der Unberechenbarkeit aller beteiligten Akteure“, heißt es in einem Beitrag auf Insagram. 

Clubbetreiber rufen zum Impfen auf

Bei anderen Club-Besitzern ist Verzweiflung das vorherrschende Gefühl. „Ein weiteres Mal stehen wir hilflos an der Seitenlinie und können nur zuschauen, anstatt weitsichtig Pläne zu schmieden. Das ist nicht nur wahnsinnig frustrierend, sondern kostet auch zahlreiche Menschen ihren Job. Wir drehen uns im Kreis. Diese erneute Schließung ist nicht weniger als eine Katastrophe für uns“, schreiben die Betreiber vom Bootshaus auf ihrer Facebookseite.

Dennoch unterstütze man die Beschlüsse der Bundesregierung und halte sich an die Vorgaben. Gleichzeitig wehre man sich, die aktuelle Situation als „Staatsversagen“ zu betrachten. Stattdessen sei dies ein menschliches Versagen, denn „ein immer noch zu großer Teil der deutschen Bürger*innen hat sich gegen eine Impfung entschieden. Gegen das Privileg und gegen die Chance auf ein schnelles Wiederkehren unseres ‚normalen Lebens‘. Und das ohne Grundlage oder nachvollziehbare Begründung“. „Lasst Euch impfen“, so der Appell. 

Lage in Kölner Restaurants auch angespannt: Umsatzverluste

Restaurants und Bars können zwar Stand jetzt geöffnet bleiben, doch auch hier ist die Lage angespannt. Die Interessengemeinschaft Kölner Gastro hat auf Facebook Ergebnisse einer Blitzumfrage unter den mehr als 100 Mitgliedern veröffentlicht: Demnach beklagen fast die Hälfte der Betriebe Umsatzrückgänge um die 40 Prozent.

Das könnte Sie auch interessieren:

Rund 30 Prozent verzeichneten einen Verlust von über 50 bis 70 Prozent. Die Gastronomen, so argumentiert die IG, seien „bei fast allen Maßnahmen dabei, oft schneller als es Verordnungen gibt“ und dennoch werde in Abwesenheit valider Daten vor der Innengastronomie gewarnt, so dass die Gäste wegblieben, behaupten die Wirte. So zu tun, als ob es „in den Lokalen gefährlich sei, während sonst der ganz normale Wahnsinn in Köln weitergeht, ist enorm schädigend für unser Geschäft“.

KStA abonnieren