Kölner Corona-AufrufInitiatoren wollen die angestoßene Diskussion weiterführen

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Köln – Den „Kölner Corona-Aufruf“, der vor einer Woche im „Kölner Stadt-Anzeiger“ erschienen ist, haben inzwischen mehr als 2000 Menschen unterzeichnet. Mit dem offenen Brief appelliert das Kölner Bündnis „Köln stellt sich quer“ an die Solidarität im Kampf gegen die Pandemie. Er ist eine Antwort auf die sogenannten Corona-Spaziergänge, deren Teilnehmer gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen und die geplante Einführung einer Impfpflicht protestieren. Das Format eines offenen Briefs haben die Initiatoren angesichts der hohen Infektionszahlen als Alternative dazu gewählt, eine große Demonstration zu veranstalten.

„Wir haben einen Nerv getroffen“, sagte am Mittwoch Bürgermeisterin Brigitta von Bülow (Grüne), die dem Kreis der Sprecherinnen und Sprecher von „Köln stellt sich quer“ angehört. Die Resonanz sei „unglaublich positiv“; für viele sei es „befreiend“, dass sie auf diesem Wege ihrer Position Ausdruck geben könnten. Hinter etlichen Unterzeichnern stehe eine größere Zahl, denn sie hätten für Institutionen, Vereine und Organisationen unterschrieben.

„Sozialdarwinistische Haltung“

Zur Kritik, mit der Aktion würden diejenigen in der Stadt ausgegrenzt, die die Position des Briefs nicht teilen, sagte von Bülow, dies sei keineswegs beabsichtigt. Allerdings wolle man mit dem Aufruf, den zu unterzeichnen jedem freistehe, zeigen, dass ein sehr großes Spektrum der Stadtgesellschaft eine andere Auffassung habe als die „Spaziergänger“.

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Ähnlich äußerte sich Witich Roßmann, Vorsitzender des DGB Köln und ebenfalls Mitglied des Sprecherkreises. Die Kampagne diene der „Selbstvergewisserung der Mehrheitsgesellschaft“ in einer Situation, in der sie „um die bestmöglichen Lösungen in jeder Phase der Pandemie kämpft“ und sich bemühe, besonders die vulnerablen Gruppen zu schützen. Der Aufruf richte sich nicht gegen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Demonstrationen, sondern gegen diejenigen, die die Proteste „instrumentalisieren“ würden.

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Roßmann rechnet sie einer antidemokratischen Strömung zu, für die eine „sozialdarwinistische“ und egoistische Haltung kennzeichnend sei. Von der Migration über die Eurokrise zur Pandemie ließen die Anhänger kein Thema aus, das sich populistisch ausschlachten lasse, hätten keine Lösungskonzepte, orientierten sich an „Autokraten“ und bedrohten das Fundament der grundgesetzlich verankerten Werte.

Die Unterzeichner unterstützen die von wissenschaftlichen Expertinnen und Experten empfohlenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und treten zugleich dafür ein, dass diese „von demokratisch gewählten Parlamenten debattiert, entschieden und auf das Notwendige beschränkt werden“. Dazu sagte Roßmann, die Justiz habe in der Corona-Krise ihre Aufgabe „ernsthaft wahrgenommen“, die Maßnahmen darauf zu prüfen, ob sie die Freiheitsrechte unzulässig einschränken, und die Parlamente hätten „Entscheidungsbefugnisse gegenüber der Exekutive zurückerobert“.

Diskussion geht weiter

Zu den Unterzeichnern gehören Oberbürgermeisterin Henriette Reker, BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, WDR-Intendant Tom Buhrow, Journalist Günter Wallraff, Stadtdechant Robert Kleine, Stadtsuperintendent Bernhard Seiger und Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Ebenso Kölner Karnevalsbands, deren Mitglieder einzeln unterschrieben haben, Musiker Björn Heuser, Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn und Axel Freimuth, Rektor der Universität zu Köln.

Laut Roßmann haben die Initiatoren vor, die Öffentlichkeit über weitere Medien zu erreichen und die bereits angestoßene Diskussion „in vielen Formen weiterzuführen“. Schließlich seien die gesellschaftlichen Grundprobleme, die die Corona-Krise hat zutage treten lassen, mit dem Ende der Pademie nicht überwunden. Von Bülow sagte, vor dem Hintergrund, dass Demokratie und Staat „sehr stark infrage gestellt“ seien, gehe es um die „Grundfrage: Wie wollen wir miteinander umgehen. Wie stellt sich die Gesellschaft auf?“ Zudem wies sie auf Ansinnen im Aufruf hin, die es weiterzuverfolgen gelte, etwa die Forderung, die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu verbessern.

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