Kölner Ebertplatz im WandelNeuer Brunnen, alte Probleme – Polizei bleibt skeptisch

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Urlaub am Brunnen auf dem Ebertplatz

  • Sprudelndes Wasser, gemütliche Holzplanken und fast immer was los.
  • Neuerdings wirkt der Ebertplatz wie wach geküsst.
  • Nach Angaben der Polizei hat die Zahl der Straftaten seit dem vorigen Monat geringfügig abgenommen.

Köln – Ein kleiner Terrier fegt in einem Affenzahn durchs Wasser. Er zieht seine Leine samt Plastikgriff hinter sich her. Die Rufe seines Frauchens ignoriert er geflissentlich. Kreischende Kinder machen sich einen Spaß daraus, den Hund im Nagel-Brunnen wieder einzufangen.

So viel Leben hat der Ebertplatz wohl seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Seit der Brunnen wieder sprudelt, hat sich der Platz zur Stadt-Oase gemausert. Im Schatten entspannen die Erwachsenen, auf der Holzplattform haben einige sogar Strandtücher ausgebreitet.

Noch vor wenigen Monaten war das Bild ein ganz anderes. Im Oktober vorigen Jahres war ein 22-jähriger mutmaßlicher Drogendealer im Streit erstochen worden. Es war der negative Höhepunkt einer jahrelangen Fehlentwicklung auf dem Ebertplatz. Die Polizeieinsätze häuften sich, Konflikte der afrikanischen Dealer untereinander, aber auch Gewalt gegen Polizisten, waren fast an der Tagesordnung. Anwohner mieden den Platz, vor allem nachts. Begriffe wie „Angstraum“ und „No Go Area“ machten die Runde. Noch im April schaffte es der Ebertplatz bis in die ARD-Talkshow „Maischberger“ – Thema der Sendung: „Angst auf der Straße: Muss der Staat härter durchgreifen?“

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Polizei bleibt skeptisch

Und jetzt? Ein bisschen Sonne und Wasser – und plötzlich ist alles wieder gut? Die Polizei bleibt skeptisch. Zwar registrieren auch die Beamten, die weiterhin täglich über den Platz patrouillieren, dass sich die Stimmung ins Positive gedreht hat. „Da hat sich zum Glück ganz klar etwas zum Guten verändert“, sagt ein Sprecher. Aber es herrsche definitiv auch nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Die Dealer zum Beispiel seien weiterhin da.

Fünf Mannschaftswagen stehen an einem Abend gegen 21 Uhr rund um den Ebertplatz. Fünf Beamte in schwerer, schwarzer Montur gehen am Brunnen vorbei, stellen sich vor vier dunkelhäutige Männer, die auf der Steinmauer sitzen und kontrollieren deren Ausweise. Ein Streifenwagen fährt runter in die Passage, wendet, kommt wieder. Die Beamten wurden alarmiert, weil es unter den Dealern eine Schlägerei gab.

Die Zahl der Straftaten – vor allem Drogendelikte – gehe zwar seit Juli leicht zurück, sie sei aber in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 sogar noch um einhundert auf insgesamt 500 angestiegen, berichtet ein Polizeisprecher. Das liege vor allem daran, dass die Polizei die Dealer noch häufiger als im Vorjahr kontrolliere – und so natürlich auch mehr Rauschgiftverstöße aufdeckt.

Man komme sich mit den Dealern oder den Trinkern nicht groß in die Quere, sagt ein Anwohner, vor allem tagsüber nicht. Er spricht von „einer Art friedlicher Koexistenz.“ Sobald es dunkel wird, kann es allerdings auch schon mal ungemütlich werden. Vor allem die Holzplanken rund um einen großen Baum neben dem Brunnen sind bei jungen Leuten ein beliebter Treffpunkt geworden, um mit Getränken das zu tun, was viele Kölner so gerne tun: draußen sein, so oft und so lange es geht. Nach 22 Uhr, wenn der Brunnen ausgeht, leert sich der Platz schnell. Übrig bleiben einige junge Menschen, vor allem aber die Trinker, Obdachlosen und Dealer.

Platz soll 2021 umgebaut werden

Ein Freitag, kurz nach Mitternacht: Auf den Holzplanken sitzen noch viele junge Leute mit Bierflaschen und unterhalten sich. Doch nicht weit entfernt ist Aggression spürbar. Ein offenkundig berauschter Mann pöbelt einen Kontrahenten mehrere Minuten lang an, zieht unruhig Kreise um den Platz, schreit laut, wirft seine Glasflasche auf den Boden, die mit lautem Knall zerbricht. Polizei ist nirgends zu sehen.

Um die Sicherheit und das Wohlfühl-Gefühl auf dem Ebertplatz noch weiter zu steigern, sind verschiedene Maßnahmen geplant. 2021 soll der Platz komplett umgebaut werden, bis dahin greifen viele, kleine Schönheitsreparaturen: Die defekten Rolltreppen werden zu Kunstobjekten umgestaltet. Sport-, Spiel- und Musikveranstaltungen sollen den Platz zusätzlich beleben. Und bald soll auch ein Café eröffnen. Der Baucontainer steht schon, noch fehlen aber die Anschlüsse für Wasser und Strom.

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Christian Becker von „Foodstock“, der mit seinem Bruder Simon die Ausschreibung zum Betrieb des Cafés gewonnen hat, hofft, dass die Stadt jetzt vor allem die noch nötigen Genehmigungen rasch erteilt: „Wir stehen in den Startlöchern und könnten innerhalb einer Woche loslegen.“

Auch für den Fall, dass zumindest eine vorläufige Erlaubnis erteilt wäre, aber Strom- und Wasseranschluss noch auf sich warten ließen, wären die Beckers gerüstet, um zumindest die Grundversorgung mit Kaffee, kühlen Getränken und Snacks sicherzustellen: „Dann überlegen wir, ein Provisorium einzurichten, zum Beispiel ein Stromaggregat und einen Wassertank aufzustellen.“ Die Brüder wünschen sich, dass sie noch dieses Jahr loslegen können. Dafür müsste es allerdings schnell gehen. Die Schank-Erlaubnis für das Café gilt laut Ausschreibung nur bis zum 31. Oktober – und dann erst wieder ab Frühjahr 2019.

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