Kölner Eltern-Netzwerk„Mütter wollen nicht nur über Windeln und Babybrei reden“

Lesezeit 7 Minuten
Mama Meeting_Juliane und Sarah

Juliane Schreiber (l.) und Sarah Drücker haben 2018 das Kölner Netzwerk „Mama Meeting“ gegründet.

  • „Mama Meeting“ heißt das Netzwerk Kölner Mütter, das 2018 von zwei Kölnerinnen gegründet wurde und zum Elternaustausch dienen soll.
  • Dabei soll es nicht nur um die Kinder und Baby-Themen gehen, sondern auch um die Eltern und ihre berufliche Zukunft.
  • Der reine Fokus auf das Kind nervt sie: „Wir kennen uns nur als Mama von Leni oder Mama von Louis. Dabei sollten wir uns als Erwachsene doch besser kennen.“

Köln – Juliane Schreiber und Sarah Drücker haben 2018 das Kölner Netzwerk „Mama Meeting“ gegründet. Sie haben jeweils ein Kind im Alter von zwei Jahren. Schreiber arbeitet in leitender Position an der Universität Köln und Drücker ist im Marketing eines großen deutschen Verlagshauses tätig.

Frau Schreiber, Frau Drücker, Sie haben im vergangenen Jahr „Mama Meeting“ gegründet. Ein Kölner Netzwerk rund um die Themen Mütter und Business. Wie kam es dazu?

Schreiber: Sarah und ich waren zur gleichen Zeit schwanger und wir haben uns in einem Yoga-Kurs wiedergetroffen. Wir kannten uns über unsere Männer und hatten uns schon vorher immer mal wieder gesehen.

Alles zum Thema Universität zu Köln

Drücker: Wir haben dann viele Baby-Kurse gemeinsam gemacht. Am Anfang waren die auch sehr nützlich, doch irgendwann haben uns die Themen etwas angeödet. Wenn die Gespräche der Mütter immer nur um Windeln, Babybrei und Durchfall kreisten.

Schreiber: Uns ist dabei aufgefallen: Wir wissen gar nicht, was die anderen Mütter in unseren Kursen beruflich machen. Wir haben sie im Handy nur abgespeichert als „Mama von Leni“ oder „Mama von Luis“. Das ist ganz typisch für diese Neu-Mütter-Zeit.

Und daran wollten Sie etwas ändern.

Drücker: Unser erstes Mama-Meeting in Ehrenfeld, einen Business-Abend für Mütter, haben wir quasi aus egoistischen Gründen ins Leben gerufen. Wir haben festgestellt, dass es bisher kaum Fortbildungsmöglichkeiten gibt, bei denen Mütter ihre Kinder mitnehmen können. Also haben wir genau solch ein Treffen organisiert.

Was ist Ihnen bei Ihren Meetings besonders wichtig?

Schreiber: Inhaltlich geht es um die Themen, die Neu-Mütter interessieren: Wiedereinstieg in den Beruf, Selbstständigkeit, persönliche Weiterentwicklung.

Drücker: Wir wollten ganz klar keine neue Kinder-Café-Kirchen-Veranstaltung, wo alle auf dem Boden sitzen, sondern ein Meeting mit Stil. Bei dem wir Mütter alle auf Stühlen sitzen in einer schönen Atmosphäre und die Kinder in Ruhe spielen können.

Gespräche abseits der Baby-Themen

Warum ist der Rahmen so wichtig?

Schreiber: Wir wollen die Gespräche weglenken von Babythemen hin zu den beruflichen Hintergründen der Mütter. Wir wollen netzwerken, so wie es viele Männer ja auch ganz selbstverständlich tun. Bei uns soll die Mutter im Fokus stehen und einmal nicht die frühkindliche Förderung.

Die nächsten Meetings

Die nächsten Mama Meetings finden ab Oktober in wechselnden Locations in Köln statt. Aktuelle Termine gibt es unter www.mamameeting.de

Drücker: Als Mutter baut man ja ganz selbstverständlich ein neues großes Netzwerk auf. Allein schon durch die ganzen Spielplatzbekanntschaften, die man so trifft. Das wollten wir nutzen. Denn wir Mütter haben immer wieder dieselben Themen.

Schreiber: Viele träumen zum Beispiel davon, ein eigenes Café zu eröffnen. Bei einem unserer Meetings berichtete die Inhaberin eines Kindercafés von ihrem Alltag. Wir hatten auch schon einen Aufräumcoach zu Gast oder eine Weinprobe – bei der uns erklärt wurde, warum die Herstellung von Wein ähnlich funktioniert wie Kindererziehung.

Mama Meeting – wie ist es zu dem Namen gekommen, sehr berufsorientiert klingt das ja nicht.

Schreiber: Mein Mann sagte eines Abends zu mir: „Schatz, ich muss los, ich habe noch ein Meeting.“ Ich stand vor ihm mit unserem Sohn auf dem Arm und dachte nur verzweifelt: Ich will auch ein Meeting haben und nicht hier zu Hause sitzen! So wurde der Name geboren. Er unterstreicht, dass es bei den Treffen für uns um etwas Wichtiges geht, um echte Business-Themen.

Inzwischen haben Sie im Eigenverlag ein Buch herausgebracht. In „Momtastic“ kommen viele „Working Moms“ zu Wort und berichten über ihren Alltag.

Drücker: Über unsere Webseite und Instagram haben wir viele Zuschriften von Frauen aus ganz Deutschland bekommen, die auch gerne an unseren Mama Meetings teilgenommen hätten. Für viele ist aber Köln einfach zu weit weg. So haben wir angefangen, die Inhalte und Geschichten unserer Meetings zu sammeln und in Buchform zu bringen.

Schreiber: Wir wollten ein magaziniges Buch schaffen, aus dem jeder etwas mitnehmen kann, auch wenn die Zeit zum Lesen mit Kind ja bekanntlich nur kurz ist. Das Thema Mutterschaft wird in den Medien oft thematisiert, doch was unserer Meinung nach zu kurz kommt, ist die Frage: Was hast du selbst für Ziele – für deine Familie aber vor allem auch für dich?

Drücker: Unser Motto ist: „Happy Me – Happy Family“. Nur wenn es der Mutter gut geht, geht es auch ihrem Kind und ihrem Umfeld gut. Wir haben festgestellt, dass es unseren Kindern nicht schadet, wenn wir uns als Mütter weiter entwickeln. Im Gegenteil.

Sie sind ja nicht das einzige Mütter-Business-Netzwerk auf dem Markt. Was macht Sie besonders?

Drücker: Unser Ziel ist es, gemeinsam lauter zu werden. Für einen offenen und transparenten Austausch unter Müttern zu sorgen. Hier können wir Frauen noch besser werden. Denn Anfeindungen und Kritik unter Müttern gibt es ja schon genug.

Große Entwicklung – auch bei den Eltern

Was sind Ihre persönlichen Erfahrungen aus den bisherigen zwei Jahren Mutterschaft?

Drücker: Als Mutter reifst du unwahrscheinlich. Du entwickelst ganz viel neue Energie – doch es ist eine Herausforderung, diese Energie auch gut für dich zu nutzen. Viele Mütter sehen zum Beispiel Teilzeit-Arbeit als minderwertige Arbeit an und kommunizieren das auch so: „Ich arbeite ja nur Teilzeit.“ Das ist schade. Hier dürfen viele Frauen mit Kindern noch mehr Selbstbewusstsein entwickeln.

Das könnte Sie auch interessieren:

Schreiber: Ich sage zum Beispiel nicht: „Ich arbeite in Teilzeit“ sondern ich sage: „Ich leite ein Team im Bereich Kommunikation und Events an einer Hochschule“. Ob ich meine Arbeit gut mache oder nicht, hängt doch nicht mit der Anzahl der Stunden zusammen.

Drücker: Jede Mutter hat viele neue Fähigkeiten entwickelt. Wir sind durch unsere Kinder zu wahren Organisationsmonstern geworden. Es geht darum, den Unternehmen deutlich zu machen, was für wertvolle Arbeitskräfte wir Mütter sind. Das ist einer unserer nächsten Schritte mit Mama Meeting, wir sind schon mit einigen Firmen in Kontakt. Aber auch die Mütter dürfen sich informieren über neue passende Arbeitsmodelle rund um das Thema „New Work“ – und sich vor allem trauen, das bei ihren Vorgesetzten auch vorzuschlagen. Oft sind die Chefs ziemlich offen, wenn sie merken, dass da jemand vor ihnen steht, der sich einen genauen Plan für die eigene berufliche Zukunft gemacht hat.

Was sagen Ihre Männer eigentlich zu Mama Meeting? Unterstützen sie Sie?

Schreiber: Ja, das tun sie. Vor allem, seit sie verstanden haben, warum es uns dabei geht. Sie waren ja schließlich nie in den Babykursen dabei und kennen diese Müttergespräche nicht im Detail. Sie haben verstanden, dass Mama Meeting für uns kein Hobby ist, sondern ein Start-up. Und natürlich übernehmen sie unsere Kinder, wenn wir auf Veranstaltungen sind.

Was sind die besten Tipps, die Sie anderen Müttern geben können?

Drücker: Denk an dich und daran, was du willst. Frage dich früh genug: Was willst du als Mutter und Frau wirklich? Wie willst du leben?

Schreiber: Was genau möchtest du, das dein Kind später einmal über dich sagt? Dieser Gedanke kann eine Leit-Vision für dich sein. Viele Mütter tappen nach der Geburt ihrer Kinder in die Falle, sich selbst zu vernachlässigen und es allen recht zu machen. Denn jeder hat Ansprüche an dich: dein Kind, dein Partner, dein Chef. Mach das, was dich glücklich macht.

Drücker: Und: Stelle dein Licht nicht unter den Scheffel. Mein Tipp für berufstätige Mütter: Nenne nie dein Arbeitszeitmodell zuerst, sondern deine Position. Überlege dir was du möchtest, auch beruflich, und dann setze es um. Oft ist viel mehr möglich, als wir zunächst denken. Wenn wir uns informiert und eine Strategie entwickelt haben. Es geht darum, die Stärke, die wir durch unsere Mutterschaft gewonnen haben, auch im beruflichen Kontext zu nutzen.

Der Untertitel des Buchs heißt: „Mama werden und cool bleiben“. Wie klappt das denn im Alltag zwischen Kind und Job?

Drücker: Indem man selbstbestimmt bleibt und sich regelmäßig Auszeiten nimmt. „Cool“ ist in diesem Zusammenhang nicht nur auf Lifestyle oder Klamotten bezogen, sondern auch auf den persönlichen Entspannungslevel. Jede Mutter darf ihr „cool“ für sich selbst definieren.

KStA abonnieren