Kölner FordturmWarum das „Wunderwerk moderner Konstruktionstechnik“ abgerissen wurde

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Der Turm musste beim Bau der Zoobrücke weichen.

Der Turm musste beim Bau der Zoobrücke weichen.

  • In unserer Serie „Köln früher und heute” zeigen wir Orte in in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • In dieser Folge geht es um den Fordturm, der einst am Auenweg Werbung für den Kölner Autohersteller machte.
  • Das „Wunderwerk moderner Konstruktionstechnik“ war bereits 1963 wieder Geschichte. Die Hintergründe.

Köln – Angst kannten Karl-Heinz Reifferscheidt und sein Freund Günter offenbar nicht. Als Kinder kletterten sie auf Kirchen und andere Dächer und ließen sich sogar einmal von einem zum anderen Rheinufer treiben. Nicht weniger waghalsig war das Objekt, das sie sich Anfang der 1960er Jahre in Deutz aussuchten. Der Fordturm, der am Auenweg Werbung für den Kölner Autohersteller machte, war wie geschaffen für die abenteuerlustigen Kumpels. 112 Meter hoch ragte die Stahlkonstruktion in die Höhe, an der Spitze rotierte eine Weltkugel von zwölf Metern Durchmesser inklusive „Ford“-Schriftzügen in Leuchtbuchstaben. Da wollten sie hoch, verbotenerweise natürlich.

„Die Ford-Kugel dreht sich“, hieß es am 26. August 1950 im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nach nur 21 Tagen Bauzeit feierten die Fordwerke die Fertigstellung des Werbeturms. Anlass für den spektakulären Bau war ein Jubiläum: Im August 1925, also 25 Jahre zuvor, war die „Ford Motor Company“ in das deutsche Handelsregister eingetragen worden. Der Unternehmenssitz befand sich zunächst in Berlin, wurde aber kurze Zeit später auf Betreiben von Oberbürgermeister Konrad Adenauer nach Köln verlegt. Laut einem Bericht in der „Zeit“ von 1963 gehörte die Konstruktion der Stadt Köln, wobei sich Ford mit 100.000 D-Mark an den Baukosten beteiligte und für die Werbung jährlich 27.500 D-Mark zahlte.

Am hellichten Tag zur Kugel geklettert

„Der Fordturm war eigentlich mit spitzen Eisen drumherum abgesichert“, sagt Karl-Heinz Reifferscheidt: „Aber das war kein Problem für uns“. Die Jungs kletterten am helllichten Tag in der Mitte der Konstruktion über eine Steigleiter bis zum unteren Ende der Kugel und genossen eine halbe Stunde lang die Aussicht. Noch heute hat der 72-Jährige in der Diele die Fotos hängen, die sie damals mit Günters alter Kamera schossen. Darauf zu sehen waren erste Ansätze der noch nicht fertiggestellten Zoobrücke, die Baustelle des KHD-Verwaltungshochhauses an der Deutz-Mülheimer Straße, der Mülheimer Hafen und natürlich der Turm selbst. „Das war zugig da oben, aber es war ein schöner Ausblick“, erinnert sich der Rentner. Gefährlich sei die Aktion natürlich auch gewesen, denn Sicherheitsvorkehrungen habe es nicht gegeben. „Das war eine Aktion, mit der ich keine Reklame machen möchte.“

Erste Kritik am Fordturm wurde bereits wenige Jahre nach seinem Bau laut. Er verunstalte den Rheinpark, hieß es, als die Bundesgartenschau 1957 Millionen Besucher auf das Gelände lockte. 1962 stand eigentlich die Verschrottung des „Wunderwerks moderner Konstruktionstechnik“ (Ford) auf der Tagesordnung des Kölner Rats. Weil sich viele Kölner für ihr Wahrzeichen stark machten, wurde der Punkt jedoch verschoben. Doch ein Jahr später war der Abriss beschlossene Sache. Wie die „Zeit“ 1963 zu berichten wusste, wurde der Beschluss nicht nur mit der geplanten Zoobrücke begründet, deren Trasse der Turm im Weg stehe. Auch KHD sei er ein „Pfahl im Fleische“ gewesen. Der geplanten Reklame auf dem Dach der neuen Hauptverwaltung nehme er erheblich an Wirkung, so die Argumentation des Motorenbauers.

Ford war gegen die Beseitigung ihres prominenten Reklameturms, aber am 1. Oktober 1963 war er Geschichte. Die Abrisskosten zahlten größtenteils die Stadt und KHD. Überlegungen, einen Ersatzturm auf dem Gelände des heutigen Colonia-Hochhauses am Niederländer Ufer zu errichten, wurden offenbar schnell zu den Akten gelegt.

Karl-Heinz Reifferscheidt wird das Deutzer Stahlgerüst jedenfalls nie vergessen. Andere haben es längst getan. Manchmal fragt Reifferscheidt spaßeshalber jüngere Menschen, ob sie wüssten, wo der Fordturm steht. „Das Gros kennt den gar nicht mehr“, sagt Reifferscheid: „Daran merkt man, wie die Zeit vergangen ist.“

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