Kölner GrundschulklasseZwei Wochen Quarantäne statt Sommerurlaub

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Juian und Hanna Raven

Julian und seine Mutter Hanna Raven auf dem Balkon im vierten Stock.

Köln – Die erste Woche der ersehnten Sommerferien nach dem Corona-Schuljahr ist fast vorbei. Genießen konnte der achtjährige Julian sie bisher aber nicht. Genau wie seine 23 Mitschülerinnen und Mitschüler der Klasse 2c der Maternus-Grundschule in Nippes befindet sich Julian in Quarantäne. Denn kurz vor den Ferien wurde ein Kind aus seiner Klasse positiv auf das Coronavirus getestet.

Weil es sich um die besonders ansteckende Delta-Variante handelt, hat das Kölner Gesundheitsamt für die gesamte Klasse eine 14-tägige Quarantäne verhängt – ohne Möglichkeit, sich früher freitesten zu lassen.

„Quarantäne ist eine Zumuntung“

Julian hatte sich schon sehr auf den Urlaub in Frankreich gefreut. Stattdessen verbringt er die ersten beiden Wochen nun im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses. Lediglich auf den Balkon darf der Achtjährige. „Das ist eine Zumutung“, sagt seine Mutter Hanna Raven. Die Diplompsychologin hält die Anordnung für unverhältnismäßig und ungerecht: „Alle Kinder der Klasse wurden inzwischen vom Gesundheitsamt noch zweimal getestet. Alle mit negativem Ergebnis. Reiserückkehrer aus Risikogebieten dürfen sich aber nach fünf Tagen aus der Quarantäne freitesten.“ Das macht die 40-Jährige wütend. „Kinder haben keine Lobby und sind Opfer des schlechten Krisenmanagements der Politik.“

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Auch die Urlaubspläne von Julians Mitschülerin Mina und ihrer Familie wurden durchkreuzt. Mit dem Auto wollte die Familie in die Türkei fahren, dort vier Wochen lang Verwandte besuchen. Vater Metin Soenmez arbeitet bei Ford und ist auf die Werksferien angewiesen. „Wenn die Quarantäne vorbei ist, reicht die Zeit nicht mehr für so eine weite Reise. Und fliegen können wir uns nicht leisten“, sagt der vierfache Vater. Die Familie lebt in der siebten Etage eines Mietshauses. „Wir waren jetzt eineinhalb Jahre so eingeschränkt und haben uns so nach einer Auszeit gesehnt.“

Quarantäne für einen Mitschüler aufgehoben

Hanna Raven berichtet von einer Familie, die am vergangenen Samstag bereits auf dem Weg nach Österreich war, als sie von der Quarantäne erfuhr. „Ein Gesundheitsamt in Bayern teilte der Familie mit, die Quarantäne sei aufgehoben, da ihr Sohn nicht als Kontaktperson eingestuft wird.“

Die Stadt Köln bestätigt den Fall auf Nachfrage: Da sich die Familie bereits in Bayern befunden habe, habe das Kölner Gesundheitsamt keine Quarantäne verordnen können, sondern den Fall an das dortige Gesundheitsamt weiterleiten müssen. Diesem sei einer Stadtsprecherin zufolge das Vorliegen der hochinfektiösen Delta-Variante nicht bekannt gewesen. Eine weitere Abklärung mit dem Kölner Gesundheitsamt oder der Kölner Schule sei nicht erfolgt.

Gericht bestätigt Quarantäne-Anordnung

Mehrere Eltern der betroffenen Kinder hatten Eilanträge beim Verwaltungsgericht gegen die Quarantäne-Anordnung gestellt. Diese wurden abgelehnt, wie das Gericht am Freitag mitteilte. In der Begründung heißt es, dass nicht mehr nachzuvollziehen gewesen sei, wer engen Kontakt mit dem infizierten Kind gehabt habe. „Daher sei es zulässig gewesen, alle Schüler der Klasse als gefährdete enge Kontaktpersonen einzustufen.“ Das stehe auch im Einklang mit den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Angesichts der „besonderen Gefährdung gerade auch ungeimpfter Schulkinder“ sei die Quarantäne für die ganze Klasse als „präventiver Infektionsschutz rechtmäßig“.

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Justine Weber kann das nicht nachvollziehen: „Für mich ist das Willkür. Die Behörden wollen die Quarantäne um jeden Preis durchboxen“, sagt die Mutter des achtjährigen Jonathan. Sie arbeitet selbst als Krankenschwester. „Ich weiß, dass man Corona und alle damit verbundenen Risiken ernst nehmen muss. Aber mein Sohn hatte keinen Kontakt mit dem infizierten Kind und hatte bereits zwei negative PCR-Tests.“

Während für alle Menschen immer mehr Beschränkungen gelockert und Grundrechte wieder hergestellt würden, strafe man Kinder mit solchen Maßnahmen ab. „Wir sind nun zum vierten Mal in Quarantäne. Ich verbringe meinen dritten Urlaub in Folge in Quarantäne.“ Jonathans ältere Schwester ist nun zusammen mit dem Vater in den Urlaub ins Sauerland gefahren. „Wir fahren noch für zwei Tage hin, wenn die Quarantäne aufgehoben ist.“

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