Kölner Hotels wieder offen„Ich rechne nicht vor Herbst mit ein bisschen Normalität“

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Birthe Jensen (vorne) und Martina Lübbe mit Maske am Buffet – eigentlich wollten sie nach Norderney, jetzt sind sie im Hotel Lindner.

  • Der Kölner Hotel-Direktor Dirk Metzner zählt in den 237 Zimmer seines Hauses derzeit 60 Gäste. Seinen Kollegen ergeht es ähnlich.
  • Die Corona-Krise ist für die Branche eine riesige organisatorische und finanzielle Herausforderung – auch nach der Wiedereröffnung vor rund einer Woche. Doch sie wird angenommen. Mit Erfolg?
  • Ein Lagebericht.

Köln – Die beiden Freundinnen aus Jülich kommen wie vorgeschrieben mit Masken zum Frühstück im Hotel Lindner City Plaza an der Magnusstraße. Nur noch zwei andere Gäste sitzen im Frühstücksraum, aber es gibt sogar wieder ein Buffet – allerdings nur mit abgepackten Dingen und die Brötchen muss man wie in normalen Zeiten mit der Zange greifen. Das Rührei wird hinter Plexiglas von einem maskierten Koch zubereitet. 

„Wir wollten eigentlich nach Norderney. Das ging nicht und da haben wir uns spontan für Köln entschieden“, sagt Martina Lübbe. „Uns gefällt es. Gestern haben wir eine Schiffstour gemacht, in den Restaurants findet man überall Platz. Und weil es hier so leer ist – da ist ja selbst in Jülich mehr los – sieht man Dinge, die einem sonst nie aufgefallen sind, zum Beispiel die Brunnen“, sagt Birthe Jensen.

Kölner Hotel: 237 Zimmer, 60 Gäste

Hotel-Direktor Dirk Metzner zählt in den 237 Zimmer seines Hauses derzeit 60 Gäste. Es sind fast ausschließlich Touristen. Sie dürfen seit dem vergangenen Montag wieder beherbergt werden. Lohnen tut sich ein Hotelbetrieb bei dieser Belegung nicht. „Aber wir wollen am Ball bleiben.“

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Lindner-Chef Dirk Metzner steht vor der kontaktlosen Rezeption.

Aufgebaut wurde eine Sonderrezeption zum kontaktlosen Einchecken per App. Es geht aber auch noch persönlich bei den Mitarbeitern. Die Gäste werden per Video gebeten, zu „Lüften, was das Zeug hält“ – das ist in den Zimmern glücklichweise möglich. Während des Aufenthalts des Gastes wird das Zimmer nicht gereinigt – Handtücher gibt es abgepackt zum Abholen. Die Zimmer werden dann erst nach der Abreise saubergemacht und bleiben einen Tag unbelegt. „Das ist ja im Moment kein Problem“, sagt Metzner – ein wenig Galgenhumor muss sein.

Reinigung dauert nun länger

Wegen der gestiegenen Hygieneansprüche dauert die Reinigung eines Zimmer vier Minuten länger als sonst. Üblich sind 20 Minuten – das macht also einen nicht unerheblichen Unterschied.

Was die Touristen-Anfragen angeht, spürt Metzner einen ganz leichten Aufwärtstrend zum Juni hin. Aber ein großes Problem sind die Bankett- und Tagungsräume, deren Vermietung üblicherweise einen Großteil der Hoteleinnahmen ausmachen. Bisher dürfen nur dringend notwendige Versammlungen etwa von Betriebsräten oder Parteien stattfinden.

Mit den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Meter passen so nur noch 48 statt 200 Teilnehmer in einen Saal. „Das rechnet sich nicht, da muss sich noch dringend etwas verändern“, sagt Metzner. Er hat Plexiglasscheiben anfertigen lassen, mit der seiner Meinung nach der Abstand auf immerhin einen Meter verringert t werden kann. „Ich mache der Politik keinen Vorwurf, die brauchen auch Beratung von uns. Das müssen wir zusammenarbeiten“, sagt er und verabschiedet die beiden Jülicher Gäste zum Stadtbummel.

Hochzeit mit Champagner auf dem Zimmer

Im Boutique-Hotel „Marsil“ am Marsilstein räumt derweil Inhaber Frank Schmitz das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine ein. Die Gäste, ein junges Paar, hat auf dem zimmereigenen Balkon gefrühstückt – Abstandsregeln brauchten da nicht beachtet werden. 19 schön designte Zimmer gibt es in den beiden nebeneinanderliegenden Häusern. Sechs Gäste hat das „Marsil“ an diesem Tag. Unter anderem ein Paar aus Mainz.

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Frank Schmitz (l.) und Cyrus C. Halabian führen das „Marsil“.

„Eine ganz süße Geschichte. Sie konnten ihre Hochzeit nicht groß feiern und machen stattdessen eine Radtour. Bei Google sind sie auf unser Haus gestoßen. Da gab es natürlich eine Flasche Champagner aufs Zimmer.“ Durch die lange Durststrecke ist der Empfangsbereich mit der ohnehin privat anmutenden Küche ein wenig zum Wohn- und Spielzimmer von Frank Schmitz und seiner Familie geworden – der vierjährige Sohn heißt standesgemäß Marsil.

„Touristisch liegen wir auf der falschen Rheinseite“

In den Hygienevorschriften sehen Schmitz und sein Compagnon Cyrus C. Halabian keine Probleme. „Wenn man Kinder hat, ist man ja mit dem Thema Händewaschen sehr vertraut.“ Die Gäste können mit einen Code ihren Schlüssel aus der Keybox holen, kontaktlos einchecken und auf ihrem Zimmer oder dem Balkon frühstücken – und so niemandem begegnen, wenn sie es nicht wollen. Bei der Reinigung der Zimmer werden nun mehr Desinfektionsmittel verwendet. „Aber auf Hygiene haben wir schon immer sehr viel Wert gelegt.“ Ängstliche Gäste gebe es kaum. „Die Mainzer waren allerdings etwas geschockt, als sie den Trubel auf der Aachener gesehen haben. Da gehe es ja zu als wäre nichts. In Mainz ist das wohl wesentlich strenger. “ Auch das Motto des „Marsil“ ist in diesen schweren Zeiten: „Wir sind da!“

„Die Lage ist Fatal“

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga NRW hat noch keine Abfrage gemacht, wie viele Hotels tatsächlich wieder geöffnet haben. Sprecher Thorsten Hellwig bezeichnet die Lage aber als „fatal“. Köln sei vor allem von Geschäftsreisenden abhängig – und die bleiben wegen abgesagter Messen aus. Für Urlaubsgebiete wie das Sauerland und Eifel sei die Öffnung für Touristen wichtig, für Köln nicht so ausschlaggebend. Eine leichte Besserung könne vielleicht in den Sommerferien auftreten, wenn wegen Reisebeschränkungen möglicherweise Städtereisen innerhalb Deutschlands einen Aufschwung erleben.

Für Business-Hotels wie das Radisson Blu direkt an der Messe macht das allerdings keinen Sinn. 90 bis 95 Prozent der Gäste sind Messebesucher und Geschäftsleute – die kommen zur Zeit nicht. „Und touristisch liegen wir einfach auf der falschen Rheinseite“, sagt Direktor Ralph Goetzmann. „Ich rechne nicht vor Herbst mit ein bisschen Normalität zumindest bei den innerdeutschen Reisen.“ So ist das Hotel seit acht Wochen geschlossen. Mit einem Podcast hält Goetzmann den Kontakt zu den Mitarbeitern. Mehr ist im Moment nicht zu machen.

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