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Kölner Klimakonferenz „Smart City Cologne”Dutzende Einzelmaßnahmen, aber kein Konzept

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Ernesto Garnier von Einhundert Energie

Köln – Wer immer schon davon geträumt hat, als Mieter seinen umweltfreundlichen Strom aus direkter Nachbarschaft zu gewinnen, für den hat das Ehrenfelder Start-up Einhundert Energie die Lösung.

Das Team um Ernesto Garnier sorgt nicht nur dafür, dass Solarpanels auf dem Dach installiert werden, sondern auch dafür, dass nur die Mietparteien, die den Strom gebucht haben, zahlen müssen. 50 Häuser in Köln wurden bereits umgerüstet, das stadtweite Potenzial sieht Garnier aber bei 50.000 Gebäuden.

Lesen Sie hier den Kommentar zur „Smart City Cologne“.

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500.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid könnten mit Garniers Projekt in Köln eingespart werden. „Da ist also noch Luft nach oben“, sagte er bei der neunten von Stadt und Rheinenergie veranstalteten Smart-City-Cologne-Konferenz, die unter dem Titel „Die große Transformation“ aus dem Kalker Bauwerk an der Dillenburger Straße digital ins Internet übertragen wurde.

Ehrenfelder Start-Up als „Klimastar” ausgezeichnet

Für seine Idee gewann das Team den ersten mit 1000 Euro dotierten Preis „Klimastar” per Zuschauervotum und setzte sich damit gegen vier Wettbewerber durch. Auch deren Projekte konnten sich sehen lassen: Die Firma Installion bringt etwa Handwerker und Auftraggeber über eine Internetplattform zusammen. In Zeiten, in denen Fachkräfte fehlen, um einen Batteriespeicher und Solaranlagen zu montieren, ist das eine gute Idee.

Das Start-up Herr Westermann will Kölner zum Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel bewegen und vergibt dafür Sammelpunkte. Das Unternehmen Lumoview hat eine Methode entwickelt, mit der man in kurzer Zeit Räume vermessen kann und etwa energetische Schwachstellen offenlegt. „Wir brauchen zwei Sekunden pro Raum, das schafft sonst keiner“, sagte Silvan Siegrist von Lumoview. Lieferlotse will dagegen Autofahrer motivieren, auf ihren Touren, die sie ohnehin fahren, Post und Pakete mitzunehmen, um auf diese Weise Lieferverkehr einzusparen.

All diese Projekte könnten einen gewissen Beitrag dazu leisten, dass sich der Klimawandel in Köln noch abfedern lässt. Das Landesamt für Natur, Umwelt, und Verbraucherschutz hält es für wahrscheinlich, dass die Temperaturen in Köln bis 2050 um 0,7 bis 1,7 Grad, bis 2100 gar um 4,4 Grad steigen. Dann könnte der Rhein im Sommer ausgetrocknet sein, es dürfte mehr Hitzetote geben und schon heute sterben wegen der anhaltenden Trockenheit die Buchen im Stadtwald. „Der Klimawandel ist da“, warnte Henning Werker, Leiter der Hochwasserschutzzentrale. Es werde wärmer und feuchter, dies führe zu vermehrten Starkregen, Hochwasser und Überschwemmungen.

Umweltdezernent Harald Rau mahnte daher „grundlegende Veränderungen“ an. Klimaschutz müsse nicht nur ein Ziel neben anderen sein, sondern das führende Ziel. Er sei froh, dass der Rat 2019 den Klimanotstand ausgerufen habe. Häuser müssten nun energetisch saniert und mit Solaranlagen versehen werde. Wenn die Stadt viele gute Klimaideen umsetze, könnte das sogar ein Markenzeichen von Köln werden. „Köln wäre die Werkbank für technologische Entwicklung“ und würde „internationale Strahlkraft“ entwickeln. „Wir müssen Meilensteine schaffen“, sagte auch die kommissarische Leiterin der städtischen Klimakoordination, Alice Bauer.

Wie das genau umgesetzt werden soll, blieb auf der Konferenz vage. Zwar stellte Anja Höhn (KVB) das Pilotprojekt Isi vor, ein Kleinbus, der auf Bestellung per App kommt und mit dem KVB-Kunden nach Nutzung von Bus und Bahn derzeit in Teilen des Bezirk Nippes und Porz nach Hause fahren können. Werker machte auf ein Projekt aufmerksam, das in Deutz verwirklicht werde soll. Mit „I-Resilienz“ soll es in der überflutungsgefährdeten Kasemattenstraße in Deutz gelingen, Regenwasser zu speichern, damit nach Starkregen keine Keller volllaufen. Andererseits könnten aus den Speichern Bäume und Grünanlagen bewässert werden. Matthias Dienhart von der Rheinenergie verwies auf die Roadmap seines Unternehmens, mit der der Stromanbieter ab 2030 klimaneutralen Strom herstellen will, ab 2040 auch umweltfreundliche Wärme.

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Dem großen Titel von der „großen Transformation“ wird die Konferenz aber nicht gerecht. Auf der Plattform werden Dutzende von Einzelmaßnahmen verschiedener Akteure gesammelt, die einzeln charmant wirken. So gibt es das Nippeser Projekt Parkpilot, mit dem über LED-Leuchten an Laternen Hinweise auf freie Stellplätze gegeben werden, um den Parksuchverkehr zu verringern. Auf und an der Klimastraße (Neusser Straße) wurden Gebäude isoliert, Ladestationen für E-Autos aufgebaut und stromsparende Laternen eingesetzt. Es geht um die AVG, die ein Flüchtlingsheim mit klimafreundlicher Energie ausstattet, die KVB, die eine Ladestruktur für ihre E-Busse aufbaut oder die Klimapartnerschaft von Köln mit Rio de Janeiro. Von wirklich wirksamen Maßnahmen, wie sie etwa Fridays For Future gefordert hatten, keine Spur. Kein Wort von einer autofreien Innenstadt, einem autofreien Sonntag im Monat, der Verringerung von Parkplätzen, dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und einem lückenlosen Radnetz.

Immerhin hatte der Kölner Klimarat kurz zuvor Minderungsziele für Treibhausgase (THG) verkündet: Bis 2030 soll Köln im Vergleich zu 1990 insgesamt 50 Prozent Kohlendioxid, Methan und ähnliches eingespart haben, derzeit liegt die Stadt bei 40 Prozent. „Köln wird spätestens 2040 seine jährlichen THG-Emissionen auf höchstens zwei Tonnen je Einwohnern pro Jahr senken“, so der Klimarat. Um dieses Zwischenziel zu erreichen, müssen die THG-Emissionen von rund 9,4 Tonnen pro Kopf in 2015 um 7,4 Tonnen pro Kopf bis 2040 reduziert werden. Zum Vergleich: Im Zeitraum von 1990 bis 2015 konnten die Emissionen um 3,4 Tonnen pro Kopf reduziert werden. Veit Lorenz (Rheinenergie) forderte, drei große Themen anzufassen: E-Mobilität, Ausstieg aus der Kohle und den Einstieg in die Wasserstofftechnik.

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