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Kölner LandgerichtEhepaar und Sohn wird schwerer Bandendiebstahl vorgeworfen

Lesezeit 3 Minuten
Die angeklagten Eltern, ihr Sohn (r.) und Bettina von Braunschweig, Verteidigerin der Mutter, am Dienstag im Kölner Landgericht.

Die angeklagten Eltern, ihr Sohn (r.) und Bettina von Braunschweig, Verteidigerin der Mutter, am Dienstag im Kölner Landgericht.

Köln – „Besonders geeignete Tatopfer“ seien sie gewesen, heißt es im Anklagesatz über die hochbetagten Menschen, die Marco G., seine Frau Gabriele und sein Sohn Heiko bestohlen haben sollen. Die „Auffassungsgabe“ der alten Menschen sei „eingeschränkt“, ihr Argwohn geringer als bei jüngeren, und häufig würden sie Schmuck und Bargeld zu Hause aufbewahren. Deshalb hätten die Angeklagten sie gezielt aufgesucht.

Seit Dienstag müssen sich die Eltern (45, 42) und ihr 20-jähriger Sohn vor einer Jugendstrafkammer des Kölner Landgerichts verantworten. Fünf Taten des schweren Bandendiebstahls werden ihnen zur Last gelegt, eine davon sei im Versuchsstadium steckengeblieben. Eine besonders hohe Strafe droht dem Vater, weil er unter anderem wegen Taten ähnlicher Art vorbestraft ist und die Trickdiebstähle aus dem offenen Vollzug heraus begangen haben soll.

Die Angeklagten suchten gemeinsam ihre Opfer

In drei Fällen ist davon die Rede, die Beutezüge zwischen August und Oktober 2015 hätten damit begonnen, dass Gabriele G. (Namen geändert), die einen VW Polo lenkte, und Heiko G. den Vater in der JVA Euskirchen abgeholt hätten, wo er – inzwischen als Freigänger – eine viereinhalbjährige Haftstrafe verbüßte. Die Masche soll stets gleichgeblieben sein: Die Angeklagten „bestreiften“ Wohngebiete und hielten Ausschau nach Fenstern mit aus der Mode gekommenen Gardinen und Vorhängen, die auf alte Bewohner schließen ließen.

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Hatten sie den Tatort festgelegt, klingelte Heiko G., damals 17 Jahre alt, an der Tür und gab vor, sein Ball sei beim Spielen in den Garten gefallen, und er wolle ihn holen. Er sorgte dafür, dass die Tür offenstehen blieb, und lenkte das Opfer ab. Marco G. schlich nun unbemerkt ins Haus und durchsuchte die Räume nach Wertsachen und Schmuck. Derweil wartete Gabriele G. im Auto und sicherte die Umgebung ab.

Vorwurf: Schwerer Bandendiebstahl in fünf Fällen

Im ersten angeklagten Fall scheiterte das Trio an den Umständen. Denn die 90 Jahre alte Frau, die sie im August 2015 in Lindenthal bestehlen wollten, rief rechtzeitig ihre Haushälterin zu Hilfe. Das nächste Opfer war eine 91-jährige Frau in Bilderstöckchen. In deren Reihenhaus erbeutete Marco G. unter anderem einen goldenen Uhrenanhänger und silberne Münzen im Gesamtwert von rund 320 Euro.

Im Wohnhaus einer 90-Jährigen in Hürth entwendete er 80 Euro und in Niehl 40 Euro Bargeld, das einer 87-jährigen gehörte. Das letzte Opfer war ein 85 Jahre alter Rentner in Pulheim; die Beute: 70 Euro und zwei goldene Uhren.

Heikle Situation beim Prozessauftakt

So weit die Vorwürfe. Treffen sie zu? Zum Prozessauftakt ergab sich eine heikle Situation. Nachdem die Anwälte der Eltern erklärt hatten, Marco und Gabriele G. würden keine Angaben zur Sache machen, kündigte Gottfried Reims, der den Sohn verteidigt, an, dieser werde „die Sachverhalte einräumen“. Doch Reims fügte hinzu, der 20-Jährige, „eingebunden in die Familie“, wolle „nicht gegen die Eltern aussagen müssen“. Deswegen appellierte er an die anderen Angeklagten, „sich alsbald zur Sache zu erklären“, sprich: ein Geständnis abzulegen. Seine Strategie durchkreuzte also die der Verteidigerkollegen.

Die beiden baten um ein Rechtsgespräch, das dazu dient, mögliche Strafmaße bei geständiger Einlassung auszuloten, doch die Staatsanwältin lehnte das nachdrücklich ab: „Ich werde mich nicht über die Beweislage unterhalten“, denn sie sei hinreichend klar. Als „nicht ganz schlecht“ bezeichnete sie Harald Helmes, der Vorsitzende Richter, und gab das deutliche Signal: „Ein Geständnis ist ein ganz erheblicher Strafmilderungsgrund.“

Die Opfer werden wohl nicht aussagen können

Zu Aussagen der Opfer vor Gericht wird es schwerlich kommen. Eine Frau ist gestorben, zwei Opfer sind dement, und die anderen zwei haben ärztliche Atteste vorgelegt, nach denen sie derzeit nicht verhandlungsfähig sind, zumindest nicht in einem Gerichtssaal. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Bisher sind zwölf Verhandlungstage vorgesehen.

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