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Kölner LokalpolitikFragerecht im Stadtrat wird beschnitten

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Stadtrat Köln dpa

Eine Sitzung im Kölner Rathaus. (Archivbild)

Köln – Ratsmitglied Thomas Hegenbarth und seine Kollegin Lisa Gerlach von der Ratsgruppe Bunt haben seit 2014 in allen Fachausschüssen knapp 300 Anfragen an die Stadt gestellt. Die Verwaltung hat diese stets beantwortet – unabhängig davon, ob die beiden Ratsmitglieder dem jeweiligen Ausschuss angehören oder nicht.

Doch jetzt hat das Büro von Oberbürgermeisterin Henriette Reker dieser Praxis ein jähes Ende gesetzt. Ab sofort dürfen Ratsmitglieder Anfragen und Anträge in einem Fachausschuss nur noch dann stellen, wenn sie diesem angehören.

Hegenbarth sieht Diskriminierung

Das bedeutet vor allem für die kleinen Gruppen im Rat einen spürbaren Nachteil, da jedes Ratsmitglied nur in jeweils drei Ausschüssen vertreten sein darf. Für Hegenbarth und Gerlach bedeutet das, dass sie jetzt nur noch in sechs Ausschüssen Fragen und Vorschläge platzieren können. „Ich bin erbost darüber, weil es unser demokratisches Recht, der Verwaltung Fragen zu stellen, einschränkt“, sagt Hegenbarth. Zwar besteht die Möglichkeit, Anfragen in der Ratssitzung zu stellen, aber mit der Einschränkung, lediglich zwei pro Sitzung einbringen zu dürfen.

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„Ich komme mir diskriminiert vor, weshalb wir uns rechtliche Schritte vorbehalten“, kritisiert Hegenbarth. Er verweist darauf, dass seine Ratsgruppe erfolgreiche Anträge aus der Vergangenheit gar nicht erst auf den Weg hätte bringen können, wenn man diese nicht in sämtlichen Ausschüssen hätte stellen können. Als Beispiel zieht er den Vorschlag heran, in Köln ein Kaffeebecher-Mehrwegsystem einzuführen. Diesen Antrag stellte die Piratengruppe, der Hegenbarth und Gerlach damals noch angehörten, Ende 2016 im Umweltausschuss, in dem beide aber nicht vertreten sind. Der Beschluss wurde damals dennoch einstimmig getroffen. „So etwas wäre in Zukunft nicht mehr möglich“, so Hegenbarth.

Es könnte eine Abhängigkeit entstehen

Besonders hart trifft die neue Praxis Walter Wortmann (Freie Wähler), der als Einzelmitglied im Stadtrat sitzt und deshalb lediglich drei Ausschüsse abdecken darf. „Wir haben auf Ausschussebene jetzt kaum noch eine Chance, mit unseren Fragen und Vorschlägen durchzukommen“, sagt er. Er müsse sich künftig wohl immer einen starken Partner suchen, der eine Anfrage für ihn stelle. So würde eine Abhängigkeit entstehen. „Mir geht es um einen fairen Umgang. Das lassen wir uns nicht gefallen“, so Wortmann.

Am meisten habe ihn aber geärgert, dass die Verwaltung die kleinen Ratsgruppen nicht aktiv über die neue Vorgehensweise informiert habe. „Das wäre aus meiner Sicht Chefsache gewesen, aber Frau Reker hat sich offenbar nicht getraut, uns das persönlich mitzuteilen“, sagt Wortmann.

Stadt bezieht sich auf ein Urteil des OVG Münster

Thor Zimmermann von der Ratsgruppe GUT war der erste, der von der neuen Praxis erfuhr. „Wir haben im Hauptausschuss – in dem wir nicht vertreten sind – eine Anfrage gestellt und uns wurde daraufhin mitgeteilt, dass das unzulässig sei“, sagt Zimmermann. Die Stadt habe sich auf ein Urteil des OVG Münster aus dem Jahr 2015 bezogen. Darin heißt es, dass es „kein allgemeines Antragsrecht“ für jedes Ratsmitglieds gebe. „Vielmehr muss es sich um einen Antrag handeln, den das Ratsmitglied – zulässigerweise – im Rat oder in einem Ausschuss gestellt hat, dem es angehört, und der in dem Ausschuss, dem es nicht angehört, mitbehandelt wird.“

Die Vorgehensweise sei geändert worden, „weil festgestellt wurde, dass sie nicht im Einklang mit Gemeinde- und Geschäftsordnung stand“, sagte eine Stadtsprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Oberbürgermeisterin Henriette Reker begründete die Änderung am Montag so: „Wenn man Fehler gemacht hat, muss man dafür sorgen, keine weiteren Fehler zu machen.“

„Es sieht so aus, als hätten wir zwar keinen Anspruch darauf, aber wir glauben, dass die Stadt einen Ermessensspielraum hat“, sagt Zimmermann. Möglicherweise könne eine Änderung der Gemeindeordnung dafür sorgen, die bisherige Praxis doch noch beizubehalten. Sollte das nicht gehen, müsse man akzeptieren, dass die Rechtsgrundlage das nicht hergebe.

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