Kölner MusikhochschuleWie es sich anfühlt, mit 26 einen Doktortitel zu machen

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Jana Meisters

Jana Meisters

Köln-Innenstadt – Es ist ein sonniger Tag in Aachen, im Garten der Wohnung von Jana Meisters flitzen die Hunde Ronja und Dingo umher. Eigentlich ein perfekter Freitagmittag, um nichts zu tun und die Sonne zu genießen. Doch nicht für die 26-Jährige: „Ich muss noch mit den Hunden ausgehen, mich auf ein Konzert vorbereiten und weitere Literatur recherchieren.“

Die 26-Jährige ist an diesem Tag zwar nicht an der Uni oder muss zur Arbeit, hat aber trotzdem viel zu tun. Sie arbeitet an ihrer Doktorarbeit im Bereich Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln.

Warnung vor Einsamkeit

Zurzeit befindet sie sich noch in der Literaturrecherche, die Gliederung muss noch erstellt werden. Anfangen zu schreiben will Meisters erst im letzten Jahr, die Abgabe soll 2022 erfolgen. Ein ehrgeiziges Ziel, das sich die 26-Jährige gesetzt hat, denn nebenbei arbeitet sie noch als studentische Hilfskraft an der Hochschule, gibt Gesangsunterricht und tritt bei Chorkonzerten auf. Nicht zu vergessen: die beiden Hunde und der Haushalt in der Wohnung, in der sie seit sechs Jahren mit ihrem Freund lebt.

Um all das unter einen Hut zu bekommen, hängt an der Wand über ihrem Schreibtisch ein Zeitplan für jeden Tag in der Woche. Außer den Arbeitszeiten für die Doktorarbeit stehen dort Aktivitäten wie Joggen, Schwimmen und Fitness – Arbeit und Freizeit sind streng durchgeplant. Im stillen Kämmerlein über der Doktorarbeit vereinsamen? Fehlanzeige. „Meine Doktormutter Christine hat mich vor Einsamkeit gewarnt“, erläutert Meisters, deswegen sei sie besonders darauf bedacht, sich bewusst Zeit für sich und Freunde sowie Familie zu nehmen. „Aber mir passiert es auch manchmal, dass ich bis 20 Uhr an meiner Doktorarbeit sitze und dann so müde bin, dass ich nur noch irgendeinen Quatsch im Fernsehen gucke und schlafen gehe“, sagt die 26-Jährige.

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Dass sie einmal Musik studieren möchte, habe Meisters während ihrer Schulzeit herausgefunden: „Beim Schulmusical wollte ich eigentlich die Hauptrolle spielen, habe mich aber nicht getraut, vorzusingen, sodass ich letztendlich einen Sessel spielen musste“, sagt die 26-Jährige zurückblickend.

Um beim nächsten Schulmusical auf jeden Fall die Hauptrolle zu ergattern, sei von da an klar gewesen, dass sie klassischen Gesangsunterricht nehmen wollte. Schnell sei dann auch der Wunsch entstanden, später einmal Musik studieren zu wollen. „Meine Eltern waren geschockt von meinem Wunsch, die sind keine Musiker und ich war eigentlich eher eine Kandidatin für Psychologie oder Jura“, sagt Meisters.

Was die 26-Jährige damit meint, wird mit einem Blick auf ihr Abiturzeugnis deutlich: Schulabschluss mit einer glatten eins. All das zählte aber nicht für die Musikhochschule. „Da war nur das Vorsingen von Bedeutung“, sagt die junge Promovierende. An der Hochschule für Musik und Gesang in Köln wurde sie schließlich angenommen und machte ihren Bachelor in Musik-Lehramt und Gesangspädagogik, anschließend folgte der Master.

DOKTORARBEIT

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2017 insgesamt 5754 Promotionen erfolgreich beendet. Im Vergleich zum Jahr 2008 hat sich die Anzahl um 909 erhöht. 2503 der Promotionen wurden von Frauen bestanden.

52 022 Studenten bestanden 2017 ihre Universitätsabschlussprüfung. Damit beträgt der Anteil der Studenten, die einen Doktortitel erworben haben an allen Abschlüssen 11,1 Prozent. Interessant ist, dass sich die Anzahl der Abschlüsse drastisch erhöht haben. 2008 machten lediglich 31 315 Studenten einen Hochschulabschluss in NRW. (ris)

Der Doktor habe eigentlich nicht auf der Wunschliste gestanden, bis sie von ihrer Professorin darauf angesprochen wurde, ob sie nicht promovieren wollte. Meisters schreibt über den Einfluss von Chorgesang auf die Identität von Senioren. Ihr Ziel: Im besten Fall einmal selbst Professorin an der Hochschule zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hängt an der Wand über ihrem Schreibtisch außer ihrer Zeitplanung noch eine Liste mit Öffnungszeiten von fünf Bibliotheken in Köln und Aachen. Der Schreibtisch selbst ist aufgeräumt, auf ihm liegen nur ein Collegeblock und einige Bücher und Fachzeitschriftenartikel gestapelt.

So aufgeräumt wie der Schreibtisch ist ihr PC nicht: Auf dem Bildschirm blinken mehrere Programme mit vielen offenen Fenstern. Bei Unvorhergesehenem hilft aber auch die beste Planung nichts. „Gestern ist mir nach sechs Stunden Arbeit Word abgestürzt, dafür war mein Boxsack dann gut“, sagt Meisters schmunzelnd. Kurz abreagieren, dann wieder mit Vollgas weiter Richtung Doktortitel.

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