Kölner musste für belegte Hotline zahlenBundesnetzagentur ermittelt gegen DriveNow

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Gegen Drive Now wird nach einer Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ jetzt ermittelt.

Gegen Drive Now wird nach einer Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ jetzt ermittelt.

Köln – Eigentlich wollte sich Mathias S. nur als Neukunde bei Drive Now anmelden. Zunächst wunderte sich der 41-jährige Kölner über die Hotline-Praxis des Carsharing-Anbieters. Dann ärgerte ihn die Reaktion des Kundendiensts auf seine schriftlichen Beschwerden per Mail. Schließlich wandte S. sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Und nun ermittelt die Bundesnetzagentur gegen Drive Now.

Es steht der Verdacht im Raum, dass die hundertprozentige Tochter der BMW-Group mit ihrer Service-Hotline gegen ein Bundesgesetz verstößt. „Aus Anlass Ihrer Anfrage wurde in der Sache ein Verwaltungsverfahren eingeleitet“, teilte ein Sprecher der Bundesnetzagentur in Bonn auf die Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hin mit. Sollte sich der Verdacht bestätigen, droht Drive Now eine Geldbuße, im äußersten Fall sogar die Rufnummernabschaltung.

„Versuchen Sie es später noch einmal“

Aber der Reihe nach. Am 7. Juli, ein Samstag, ruft Mathias S. mittags die 0180er-Service-Hotline von Drive Now an. Er hat eine Frage zur Registrierung. Die jedoch bleibt erstmal unbeantwortet, S. fliegt gleich siebenmal hintereinander nach maximal 67 Sekunden aus der Warteschleife. „Eine automatische Stimme sagte mir jedes Mal, ich könne aktuell nicht durchgestellt werden und solle es etwas später noch einmal versuchen“, erzählt Mathias S. Hilfe bekommt er erst beim achten Versuch.

Das Problem: Kurz darauf stellt der 41-Jährige anhand der App seines Telefonanbieters erstaunt fest, dass Drive Now auch für jeden der sieben vergeblichen Anrufe je 60 Cent kassiert hat, insgesamt 4,20 Euro – obwohl Mathias S. in diesen Fällen keinen Satz mit einem Kundenberater gewechselt hatte.

In der Warteschleife hängen zählt nicht

Auf den Festpreis von maximal 60 Cent pro Anruf aus dem Handynetz weist das Unternehmen zwar auf seiner Homepage hin. Laut Telekommunikationsgesetz muss dafür aber auch ein Gespräch zustande gekommen sein – oder der Anrufer muss freiwillig aufgelegt haben (siehe „Warteschleifen müssen kostenlos sein“). Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ räumt der Carsharing-Anbieter aus München ein, dass Gebühren für seine 0180er-Servicenummer auch dann anfallen können, wenn ein Kunde einmal nicht durchgestellt werden könne.

Dies sei „technisch bedingt“, erklärt ein Sprecher, und es komme nur „äußerst selten“ zu „unvorhergesehenen Spitzenzeiten“ vor. Wie oft genau – dazu machte er keine Angaben. Man müsse kostendeckend arbeiten und könne daher nicht alle Anrufe kostenfrei anbieten – eine verblüffende Begründung für den Fall, dass die Praxis tatsächlich illegal sein sollte.

Drive Now will aus Kulanz zahlen

Außerdem sei Mathias S. später auf eine zweite, kostenlose Service-Nummer hingewiesen worden. Das bestreitet Mathias S. nicht. Diese kostenlose Nummer ist allerdings auf der Drive-Now-Homepage nicht zu finden, jedenfalls auch nach längerem Suchen nicht. Mehr als über die 4,20 Euro ärgert Mathias S. sich über die verlorene Zeit und die Reaktion von Drive Now auf seine Beschwerde: „Statt meine Hinweise auf die unfairen Warteschleifen-Gebühren ernst zu nehmen, wurde ich mehrfach nach einem Einzelverbindungsnachweis gefragt. Dabei hatte ich als Beleg schon einen Screenshot meiner Telefonanbieter-App geschickt.“

Inzwischen will Drive Now dem Kölner die 4,20 Euro „aus Kulanzgründen“ gutschreiben, wie der Drive-Now-Sprecher betont. Außerdem wolle man die Anmeldegebühr als Bonusminuten erstatten. Der Konzernsprecher äußert sich überzeugt, „dass unser Kundenservice fair, professionell, sehr kundenfreundlich und vor allem auch sehr kulant agiert“. Das hätten Kundenbefragungen ergeben. Ob die Bundesnetzagentur das auch so sieht, bleibt abzuwarten.

Warteschleifen müssen kostenlos sein – mit einer Ausnahme

Die gesetzliche Regelung ist eindeutig: Warteschleifen bei 0180er- oder 0900er-Rufnummern müssen kostenfrei sein, sofern kein Beratungsgespräch zustande kommt. Damit sollen Verbraucher vor Abzocke an Hotlines geschützt werden.

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Aber es gibt eine Ausnahme – wenn nämlich der Hotline-Anbieter die Warteschleife und das dann folgende Gespräch pauschal abrechnet, ein Anruf also beispielsweise pauschal 60 Cent aus dem Mobilfunknetz kostet. Legt der Anrufer dann während der Wartezeit freiwillig auf, kann es passieren, dass er dafür bereits zahlen muss. Bricht das Gespräch dagegen unverschuldet ab, darf der Anrufer nicht zur Kasse gebeten werden – oder wie Michael Reifenberg von der Bundesnetzagentur erläutert: „Bei Diensten, bei denen die Abrechnung im Festnetz und im Mobilfunk pro Anruf erfolgt, darf die Verbindung, nachdem diese entgeltpflichtig geworden ist, nicht willkürlich durch den Diensteanbieter abgebrochen werden.“ Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen in Bonn hat die Aufgabe, den Wettbewerb in den Netzmärkten zu beobachten, zu regulieren und Streitfälle zu schlichten. 

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