Kölner Mutter zieht Corona-Bilanz„Schlimm, dass ich niemandem gerecht werde”

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Elisabeth Linge mit ihrem Sohn

  • Drei Monate nach dem Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland haben wir Kölner, die außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren, gebeten, Bilanz zu ziehen.
  • Elisabeth Linge erzählt von ihrer Herausforderung als Mutter eines geistig beeinträchtigten Sohnes und von Schülern, die auf der Strecke bleiben.
  • „Viele wissen nicht, wie sie die Betreuung in den Ferien stemmen sollen”, berichtet die in der Stadtschulpflegschaft aktive Linge aber auch von Sorgen anderer Eltern.
  • Lesen Sie hier auch weitere Erfahrungsberichte.

Köln – Die vergangenen Monate waren belastend.

Für eine Mutter ist es ein besonders schlimm, das Gefühl zu haben, weder dem Sohn, der Arbeit noch sich selbst gerecht zu werden. Es ist erschütternd, wenn man feststellt, dass das, was man tut, nicht ausreicht.

Mein 17 Jahre alter Sohn David ist geistig beeinträchtigt. Er braucht viel Anleitung und Fürsorge. An sich versucht er sich in Selbstständigkeit. Trotzdem habe ich eine erhöhte Aufsichtspflicht. Wenn die Schule wochenlang ausfällt, gerate ich in eine schwierige Situation. David ist mitten in der Pubertät. Wenn er sich weigert, seine Hausaufgaben zu machen, bin ich darauf angewiesen, dass ein Lehrer Kontakt aufnimmt und ihn anleitet. Leider ist das nicht an allen Förderschulen der Fall. Über mein Engagement in der Stadtschulpflegschaft sind mir Fälle bekannt, in denen Familien kurz vor den Osterferien einen Umschlag mit einem Papierstapel von mindestens fünf Zentimeter Dicke per Post zugeschickt bekommen haben – kein Anschreiben, keine Informationen zu den Materialien.

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Nach der Bitte einer Familie um persönliche Motivation ihres geistig beeinträchtigten Sohnes folgte ein handgeschriebener Brief. Doch der Sohn kann gar nicht lesen – die Mutter musste vorlesen. Das ist also „Homeschooling“. Es gibt natürlich auch Förderschulen, an denen Lehrer sich mehr engagieren. Immerhin können wir Fahrrad fahren. Wenn wir auf dem Basketballplatz sind und ich David beim Spielen zusehe, sehe ich einen glücklichen Jungen. Dann weiß ich, dass ich ihm in diesem Moment gerecht werde.

Eltern sind überfordert

Einige Schüler bleiben in dieser Krise auf der Strecke. Und das sind die, die es sowieso schon schwer haben. Manche Eltern sind überfordert, können Aufgaben mit den Kindern nicht vor- und nacharbeiten.

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Bei anderen fehlt das Geld für die digitalen Endgeräte. Im März hatte jeder Verständnis für die Schulschließungen. Doch es wurde nicht nachjustiert. Gerade für die Kinder mit Förderbedarf ist das nicht durchdacht. David hat seit der Schulöffnung regulär drei Mal Unterricht. Die Belastungsgrenze bei vielen Familien ist erreicht. Viele wissen nicht, wie sie die Betreuung in den Ferien stemmen sollen.

Aufgezeichnet von Katharina Hensel

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