Kölner nach fünf Monaten Haft entlastetFall um Vergewaltigung offenbart Familiendrama

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Der Angeklagte war durch die U-Haft fünf Monate von seinem kleinen Sohn getrennt. Nun gilt er als entlastet. (Symbolbild)

Köln – Der Fall um eine angebliche Vergewaltigung hat vor dem Kölner Landgericht ein Familiendrama offenbart. Eine 23-jährige Verkäuferin hatte den Lebensgefährten ihrer Tante angezeigt, sich an ihr vergangen zu haben. „Wie ekelhaft, das ist doch mein Onkel!“, hatte sie zu Polizisten gesagt. Dass sie über viele Monate eine Affäre mit dem Mann hatte, verschwieg sie aber; und ist nun nicht mehr glaubwürdig. Völlig irritiert erschien die betrogene Partnerin des Angeklagten im Zeugenstand.

Partnerin des Angeklagten im Zeugenstand

Sie wisse nicht mehr, was sie noch glauben sollte, schilderte die 41-Jährige im Gerichtssaal. Erst kurz zuvor habe sie von ihrer Nichte am Telefon von deren Affäre zu ihrem Mann erfahren. „Wussten Sie, dass die beiden gemeinsam in Holland Urlaub gemacht haben?“, fragte Richter Benjamin Roellenbleck. „Er sagte mir, dass er mit einem Freund fährt“, war die verdutzte Antwort. Sie habe nichts geahnt. Und ihrer leiblichen Nichte geglaubt, dass die Vergewaltigung so passiert sei.

Der 42-jährige Angeklagte saß fünf Monate in U-Haft, bis der Richter am Dienstag den Haftbefehl aufgehoben und einen dringenden Tatverdacht verneint hatte. Das mutmaßliche Opfer hatte dem Richter zunächst die Geschichte von der lediglich freundschaftlichen Beziehung zu ihrem Onkel erzählt. Bis das Lügenkonstrukt auf Nachfrage von Verteidigerin Adrijana Blazevska-Gkiztavidis aufflog. „Viele Male“ habe sie mit dem Onkel Sex gehabt, räumte die Frau letztlich ein.

Angeklagter saß fünf Monate in U-Haft

„Ich wollte die Familie nicht zerstören“, meinte die 23-Jährige. „Zu spät“, entfuhr es da dem Angeklagten. Er sei fünf Monate von seinem kleinen Sohn getrennt worden, habe aus der U-Haft in der JVA Köln nicht einmal richtig mit ihm sprechen können.

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Wenige Sekunden habe er sein Kind mal am Telefon gehabt, sein Sohn habe gesagt: „Mama hat gesagt, du kommst nicht mehr in dieses Haus.“ Danach habe seine nun Ex-Partnerin das Gespräch beendet. Jeden Tag habe er geweint.

Zeugin bekräftigt Vorwürfe gegen Onkel

Trotz der sonstigen Widersprüche blieb die Nichte allerdings dabei, von ihrem Onkel missbraucht worden zu sein, als sie geschlafen habe. Sie sprach im Gericht von Blutungen, doch eine Ärztin der Uniklinik hatte keine Verletzungen festgestellt. Sie habe einen durchaus glaubhaften Eindruck gemacht, sagten Polizisten. Die Psychotherapeutin der Verkäuferin zeigte sich noch heute davon überzeugt, ihre Patientin sage die Wahrheit. Eine große Rolle wird das im Prozess nicht mehr spielen.

Richter Benjamin Roellenbleck hatte bereits einen Freispruch für den Angeklagten angedeutet. Denn selbst wenn es den Übergriff des Onkels auf die Nichte gegeben haben könnte, so kann der Zeugin aufgrund deren diverser falscher Angaben im Ermittlungsverfahren und vor Gericht wohl insgesamt kein Glauben mehr geschenkt werden. Ein Urteil in dem Fall soll in der kommenden Woche fallen.

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