Abo

Kölner Ratsbündnis plant Pilotprojekt„Wir setzen in Köln völlig neue Maßstäbe”

Lesezeit 3 Minuten
Sprung vom Turm ins Becken des Stadionbads

Sprung vom Turm ins Becken des Stadionbads

Köln – Es war vor zwei Jahren, als sich der Kita-Träger Carikids (Caritas) dazu entschlossen hat, seine Bilanz nach dem Gemeinwohl-Prinzip zu bilanzieren. „Wir dachten, wir erfüllen als sozialer Träger alle Kriterien“, sagt Karin Scholz von Carikids bei einem Pressegespräch am Freitag im Rathaus. Aber bei genauerer Betrachtung gab es einige Lücken. Die Mitarbeiterbeteiligung war nicht basisdemokratisch genug ausgerichtet, der Einkauf von Lebensmitteln oder Hygieneprodukte hätte noch regionaler sein können. Dass solche internen Überprüfungen auch Folgen haben können, zeigt ein Beispiel:  Carikids hat sich nun für einen anderen Caterer entschieden, so Scholz.

Wirtschaft dient Menschen

Dass die Wirtschaft dem Menschen dienen soll, und nicht umgekehrt, ist ein Grundprinzip der Gemeinwohl-Bilanzierung. Die Idee stammt vom österreichischen Wirtschaftsreformer Christian Falber, der sie vor zehn Jahren erarbeitet hat. Im Kern geht es darum, dass Unternehmen nicht nur die Gewinnmaximierung im Blick haben sollen, sondern auch Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Transparenz und den fairen Umgang mit Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden. Ziel ist der Wandel hin zu einer ethischen Marktwirtschaft. Die Bilanzen sollen am Ende von Fachleuten bewertet werden, sind aber auch für Bürger im Internet einsehbar.

Das könnte Sie auch interessieren:

Einige hundert Unternehmen richten ihre Bilanz am Gemeinwohl aus, darunter die Sparda-Bank München, die Wirtschaftsförderung Bornheim und die Stadtentwässerung Stuttgart. Nun will auch das Kölner Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt den Gedanken stärker in der Kölner Wirtschaft etablieren. Auf der Ratssitzung am 16. September plant das Bündnis mit einem gemeinsamen Antrag eine Pilotphase für Unternehmen auf den Weg bringen, so wie es im Bündnisvertrag vereinbart wurde. Zwei städtische Unternehmen sowie acht weitere Unternehmen sollen für das Jahr 2022 eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen. Spruchreif ist bisher die Beteiligung der städtischen Köln-Bäder.

Volt-Ratsmitglied: Neue Maßstäbe in Köln

„Wir setzen in Köln völlig neue Maßstäbe für eine große Kommune“, sagte Olivier Fuchs, der als sachkundiger Einwohner für Volt im Rat sitzt. Ein ethischer Wandel könne nur gelingen, wenn ein Umdenken im Bereich Wirtschaft stattfinde. „Wir haben nichts gegen Gewinne. Aber die Frage ist, wie sie verteilt werden.“ Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Sandra Schneeloch, betonte, dass die Gemeinwohl-Bilanzierung über das hinausgehe, was die EU von Firmen über die Nachhaltigkeitsreporte abverlange. Niklas Kienitz (CDU) glaubt, dass das Projekt einen Innovationsschub für die Stadt bedeuten könne.

Zu der Idee der Gemeinwohl-Bilanzierung gehört auch, dass Unternehmen durchaus Vorteile von der Zertifizierung haben können. Beim Kampf um die besten Fachkräfte könnten Firmen die Nase vorn haben, die sich nachweislich fair im Umgang mit Angestellten umgehen. Und Kunden könnten sich für Produkte entscheiden, die nachhaltig hergestellt wurden. Damit die Gefahr eines Greenwashing nicht bestehe, also Firmen nicht nur den Anschein in den Bilanzen erwecken wollten, nachhaltig zu wirtschaften, müssten die Unternehmen freilich genau zertifiziert werden, so Fuchs.

KStA abonnieren