Kölner Schülerin zieht Corona-Bilanz„Die vergangenen Monate waren schrecklich”

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt (2)

Die Kölner Schülerin Malena verlor während der Krise einen Klassenkameraden. Ihn nicht in der Klasse gemeinsam betrauern zu können, war schlimm für sie.

  • Drei Monate nach dem Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland haben wir Kölner, die außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren, gebeten, Bilanz zu ziehen.
  • Die Kölner Schülerin Malena erzählt vom Schmerz, einen Klassenkameraden nicht mit der Klasse betrauern zu dürfen und was ihr als Zehntklässlerin in der Zeit des strengen Abstands am meisten gefehlt hat.
  • Lesen Sie hier auch weitere Erfahrungsberichte.

Köln – Ich bin hin- und hergerissen. Die vergangenen Monate waren schrecklich – vor allem, weil ich meine Freundinnen erstmal von heute auf morgen gar nicht mehr sehen durfte. Den 13. März, den Tag, als man uns sagte, wir dürften erstmal nicht mehr zur Schule kommen, werde ich nie vergessen. Am selben Tag haben wir nämlich erfahren, dass unser Klassenkamerad David gestorben ist.

Er war körperlich und geistig behindert und schwer krank. Trotzdem war es ein Schock. Er war ein wichtiger Teil von uns. Irgendwie hat er die ganze Klasse zusammengehalten. Und dann konnten wir nicht einmal gemeinsam trauern. Das war so schlimm. Sogar den Unterricht habe ich in den kommenden Wochen vermisst. Am ersten Tag nach den Osterferien wurde David beerdigt. Wir durften zwar während seiner Beisetzung nur auf dem Friedhof spazieren gehen. Aber immerhin haben wir uns dabei alle zumindest aus der Ferne wiedergesehen.

Das klingt komisch, aber an diesem Tag war ich irgendwie auch glücklich. David hatte es geschafft, seine ganze Klasse mitten in der Corona-Pandemie wieder zusammenzubringen. An dem Nachmittag, als Laschet verkündete, dass die Zehntklässler, die vor den Prüfungen stehen, wieder in die Schule gehen dürfen, haben wir uns alle gefreut.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ab diesem Tag habe ich wieder angefangen, richtig zu leben. Der Unterricht war zwar seltsam mit den Masken und dem Abstand. Aber besser als gar nichts. Ich meine, ich hatte mich vorher wochenlang kaum aus dem Haus bewegt war ungeschminkt, habe eine Serie nach der anderen geguckt und konnte mich zu nichts motivieren. Immerhin habe ich mein Zimmer entrümpelt und eine neue Kommode und einen neuen Schreibtisch bekommen. Ich habe viel Zeit mit meiner Familie verbracht. Das war schön, ich habe angefangen, einmal in der Woche zu kochen. Manchmal haben wir uns aber auch ganz schön gestritten. Vor allem, wenn ich nicht einsah, warum andere schon rausdürfen, Bahn fahren, im Park sitzen. Und ich als gefühlt einzige noch in meinem Zimmer hocken musste. Am Anfang war ich nur mit einer Freundin draußen, aber mittlerweile können wir uns schon wieder zu mehreren treffen.

Stolz und Erleichterung

Andererseits habe ich in dieser Zeit auch meinen Realschulabschluss geschafft. Gestern habe ich die Noten bekommen und ich muss sagen, dass ich wahnsinnig stolz und erleichtert bin. Alle meine Freundinnen haben einen Abschluss geschafft. Wir sagen, dass David uns geholfen hat. Wo immer er jetzt auch sein mag. Der Sommer wird natürlich nicht so, wie ich mir das erträumt hatte.

Meine Freundinnen und ich haben schon vor Monaten angefangen, nach Abschlussballkleidern zu googeln und uns eine unvergessliche Party erhofft. Daraus wird ja nun wohl nichts. Als wir die Nachricht bekommen haben, dass es wenigstens eine feierliche Zeugnisübergabe geben soll, habe ich mich sehr gefreut. Der Schuldruck fällt von mir ab, die Infektionszahlen sinken. Irgendwie kommt es mir jetzt so vor, als würde dieses Jahr doch noch ein superschönes werden.

Aufgezeichnet von Claudia Lehnen

KStA abonnieren