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Kölner Weihnachtscircus in DeutzEtwas aus der Zeit gefallen - und ziemlich gut

Lesezeit 3 Minuten
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Die Tänzerinnen des Minsker Show-Balletts 

Köln – Der muskelbepackte Messerwerfer und Moderator redet dramatisch und etwas hölzern, die bassgetriebene Discomusik dudelt monoton, die hübschen Tänzerinnen des Minsker Showballetts tragen viel Schminke und wenig Stoff.

Spätestens, wenn die Ziegen der Familie Iden über Hindernisse springen und die Tibet-Terrier auf zwei Beinen laufen, mag der sensible Großstadtkosmopolit die Stirn krausziehen. Zirkus ist für manche längst aus der Zeit gefallen, ein Anachronismus. Auch der Kölner Weihnachtscircus bedient manches Klischee.

Aber ist das schlecht? Im Falle des Kölner Weihnachtscircus’, der bis zum 31. Dezember an der Zoobrücke in Deutz zu sehen ist, nimmt man ein paar Klischees gern in Kauf. Das Programm bietet zwei Stunden ambitionierte und vielfältige Unterhaltung.

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Das liegt zum Beispiel an dem Clown Alexei Bobylev und seiner Partnerin Loesya, die weit mehr bieten als Blödelei. Wie Bobylev mit sieben Tischtennisbällen jongliert – davon immer einen in den Mund nimmt und wieder ausspuckt – ist beeindruckend. Er kann auch mit dem Hintern den Hula-Hoop-Reifen kreisen lassen und Seifenblasen mit der Wasserpistole zerschießen. Dazu bindet er das Publikum mit ein: Mehrere Kinder und ein Vater dürfen auf die Bühne, um sich mit dem Reifen zu versuchen und mit ihm eine Wasserschlacht auszutragen.

Ein Herzstück der Show sind die Auftritte der zwölf Artisten des Mongolischen Nationalcircus’: Zum Auftakt turnen sie Saltos und Flickflacks durch ein riesiges Springseil – einmal stehen sie zu dritt übereinander auf den Schultern und hüpfen Seilchen. Noch spektakulärer ist ihre Nummer beim Finale: Mit einem Sprungbrett katapultieren sich die Artisten mit Salti und Schrauben in gewaltige Höhen.

Ebenfalls vom Mongolischen Nationalcircus engagiert haben die Veranstalter vier Akrobatinnen, für die die normalen Beweglichkeitsgrenzen menschlicher Anatomie nicht gelten: Die Sportlerinnen können ihren Rumpf verbiegen wie Schlangen. Das kann Wehtun beim Zuschauen. 

Ähnlich hypermobil zeigt sich die mit vielen Preisen bedachte Trapezkünstlerin Elena-Aurora Toma bei ihrer Nummer in einer schwebenden Plastikkapsel. Ein gutes Zirkusprogramm zeichnet sich durch Abwechslungsreichtum aus: Dem Weihnachtscircus gelingt das mit Hilfe des Duos Tatjana und Alexander Monastyrsky, die Weltmeister im schnellen Umziehen sind: Binnen einer Sekunde wechseln sie ihre Kleidung. „Wie kann das gehen?“ Die im Publikum viel gestellte Frage bleibt natürlich unbeantwortet. Nicht minder anspruchsvoll ist der akrobatische Tanz von „Mr. & Mrs. Jones“ – er im James-Bond-Anzug, sie als Marylin-Monroe-Verschnitt – soviel Klischee soll sein. 

Martialisch und viel beklatscht der Auftritt von Messerwerfer Markus Köllner uns seiner Frau Gabi – 44 Mal wird er in 23 Tagen Messer, Hellebarden und andere Wurfgeschosse wenige Zentimeter neben seine Frau werfen. Pensum und Aufwand der Show sind immens. Schön, dass so ein Anachronismus noch genug Publikum findet, um sich zu finanzieren.

Der Kölner Weihnachtscircus spielt bis zum 31. Dezember 44 Mal im Palastzelt an der Zoobrücke. Tickets  (18 und 65 Euro) sind über koelnticket.de, tel. 0221/2801, erhältlich, und an allen bekannten Vorverkaufsstellen. 

www.koelner-weihnachtscircus.de 

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