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Kölner Werteunion verliert ihren KopfRalf Höcker zieht sich nach Drohungen zurück

Lesezeit 4 Minuten
Ralf Höcker

Der Kölner Rechtsanwalt Ralf Höcker

  • Der Medienanwalt und CDU-Funktionär Ralf Höcker hat seinen Rückzug aus der Politik erklärt.
  • Man habe ihm „auf denkbar krasse Weise klar gemacht, dass ich mein politisches Engagement sofort beenden muss.“
  • Kritiker sagen, die Werteunion agiere ähnlich wie ein Geheimbund.

Köln – Der Umgang mit der so genannten Werteunion wird offenbar auch für die Kölner Christdemokraten zur Herausforderung. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte spricht von einem „riesigen Bedrohungspotenzial“. Die Werteunion habe das Ziel, „unsere Partei systematisch umzusteuern“, sagte Hirte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Unklar ist, welche Folgen der überraschende Rücktritt eines führenden Kopfes der Werteunion in Köln und auf Bundesebene haben wird.

Ralf Höcker beugt sich dem Druck

Der Kölner Rechtsanwalt Ralf Höcker, bei der CDU als Ortsverbandsvorsitzender in der Südstadt aktiv, gab am Donnerstagnachmittag bei Facebook bekannt, dass er sich dem „Druck“ beuge und aus allen politischen Organisationen austrete. Man habe ihm „auf denkbar krasse Weise klar gemacht, dass ich mein politisches Engagement sofort beenden muss, wenn ich keine Konsequenzen befürchten will“. Wer ihm mit was gedroht hat, sagte Höcker nicht.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Zwei Stunden vor seiner Nachricht in den sozialen Medien hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ noch mit Höcker telefoniert und über die Ziele der Werteunion gesprochen. Der Medienrechtler war der wichtigste und einflussreichste Mann der Werteunion in Köln und außerdem Sprecher des Vorstands auf Bundesebene. 

Werteunion soll 130 Mitglieder haben

Kanzlerin Angela Merkel, Noch-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker stehen bei den Mitgliedern der Werteunion massiv in der Kritik. Rund 130 Mitglieder soll der eingetragene Verein, der anders als etwa die Frauen-Union keine Organisation der CDU ist, mittlerweile in Köln und Umgebung haben. In Kürze werde man einen Kreisverband gründen, ist zu erfahren. 

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Das selbstbewusste Auftreten der Werteunion und die von ihr aufgebrachte Frage, ob die CDU offen sein sollte für eine Zusammenarbeit mit der rechten AfD, hat die Spitzen von Kölner Fraktion und Partei am Donnerstag zu einem Brandbrief an die 4500 Mitglieder des Kreisverbandes veranlasst. „Bereits 2018 hat die Bundes-CDU auf Antrag der CDU Köln beschlossen, Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD abzulehnen“, heißt es in dem Rundschreiben. „Dazu stehen wir uneingeschränkt.“

Höcker schließt Zusammenarbeit mit AfD aus

Kritiker sagen, die Werteunion agiere ähnlich wie ein Geheimbund. Welche Funktions- und Mandatsträger dazugehören, ist unklar. Namen werden nicht genannt. Höcker postete vor einigen Tagen im Internet, dass drei von vier Kölner Innenstadt-Ortsverbänden von Werteunion-Mitgliedern geführt würden. Man sei „gekommen, um zu bleiben, und wir werden täglich mehr“, hieß es im Internet. „Wir sind Fleisch vom Fleische der CDU.“

Höcker betonte, auch er sei ein Gegner einer Zusammenarbeit mit der AfD. Die Mitstreiter in der Werteunion betonen, dass sie keine Freunde von Rechtspopulisten sein wollen, sondern eine von drei tragenden Säulen der CDU. Neben jener Gruppe, der sich in der Tradition der christlichen Soziallehre sieht, und den Wirtschaftsliberalen habe es immer schon auch eine konservative Wurzel in der Partei gegeben. Für die praktische Politik heißt das unter anderem Kritik an der Seenotrettung von Flüchtlingen und der Energiewende, die Ablehnung von Abtreibungen und die Forderung nach „Assimilation statt Integration“ in der Migrationspolitik.

Regelmäßige Treffen in einer Bar im Friesenviertel

Zumindest in Köln scheint die Werteunion eher eine lockere Gesprächsrunde zu sein, als eine strategisch ausgerichtete Organisation. Dem Vernehmen nach treffen sich etwa zwei Dutzend Männer und Frauen alle zwei Monate zum Stammtisch in einer Bar im Friesenviertel. Eine Tagesordnung gebe es ebenso wenig wie Abstimmungen und Beschlüsse.

Der Ratsherr Dirk Michel, Vorsitzender der Innenstadt-CDU, steht in Kontakt zur Werteunion.

Deren Themen seien ihm nicht fremd. „In der Innenstadt gibt es einen konservativen Kurs der CDU“, sagt er. Die Probleme am Ebertplatz, die Drogenszene am Neumarkt seien Themen, die viele Menschen beschäftigten. Ihm sei es wichtig, „diese Leute nicht zu verlieren, denn das würde der AfD nutzen“.

Für die Kölner CDU bedeutet das eine besondere Herausforderung, verstand sie sich immer in der Tradition einer arbeitnehmerfreundlichen, christlichen und für alle offenen Gründungsidee. Der so genannte linke Flügel der CDU ist in Köln seit jeher stark gewesen. Im Stadtrat arbeiten die Christdemokraten in einem Bündnis mit den Grünen zusammen. Der pragmatische Partei- und Fraktionsvorsitzende Bernd Petelkau hat anders als seine Vorgänger wenig Berührungsängste gegenüber der Linken.

Seine Haltung zu Rechtspopulisten und erzkonservativen Mitgliedern der Werteunion sei eindeutig, sagte Petelkau. „Wer eine Zusammenarbeit mit der AfD fordert, den fordern wir auf, die CDU zu verlassen.“  

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