Kölner will sich bedankenRollstuhlfahrer sucht seine Retterin

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Rollstuhlfahrer

Marcel möchte sich bei seiner Helferin bedanken.

Köln – Marcel (38) ist querschnittsgelähmt und sitzt seit einem Autounfall vor 20 Jahren im Rollstuhl. Er ist es gewohnt, in der Bahn um Hilfe zu bitten, aber mit dieser spontanen Aktion hat er nicht gerechnet. Eine unbekannte Frau trägt ihn durch den Notausstieg einer überfüllten Bahn, als diese geräumt wird. Jetzt suchen Marcel und seine Freundin nach der Unbekannten und wollen sich bei ihr bedanken.

Der 38-jährige Rechtsanwalt ist mit seiner Freundin Meryem (35) auf dem Weg nach Hause, als die Straßenbahn an der Haltestelle Weißhausstraße zwar anhält, die Türen aber geschlossen bleiben. Grund dafür sei ein Türschaden gewesen, der bereits in Bonn festgestellt worden war, aber erst in Köln dazu führte, dass die Türen blockierten, erklärt Stephan Anemüller, Sprecher der KVB.

„Wir dachten, das dauert nicht lange“, erzählt Marcel. Doch auf den kurzen Moment der Ungewissheit folgt die Ansage, dass die Bahn nun durch den Ausstieg in der Fahrerkabine evakuiert werde.„Als die Durchsage kam, habe ich ein bisschen lauter gesagt: Hoffentlich passt ein Rollstuhlfahrer durch.“ Die Bedenken des Kölners sind gerechtfertigt, denn obwohl er an dem Tag mit seinem handlicheren, manuellen Rollstuhl unterwegs ist, ist die Tür zur Fahrerkabine sehr schmal und einfaches Durchkommen nicht möglich.

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„Ich war unendlich dankbar“

„Meiner Freundin bin ich zu groß und zu schwer, als das sie mich hätte tragen können und der KVB-Fahrer wusste auch keine Lösung und fragte, ob ich wenigstens zwei Schritte gehen könnte.“ Doch Marcel muss verneinen. Während er noch über eine Lösung nachdenkt, erscheint die unbekannte Frau und kommt ihm zur Hilfe.

„Sie stand direkt hilfsbereit da und meinte, »dann nehme ich dich halt so«. Sie hat nicht mal gefragt, wie schwer ich bin. Unabhängig davon muss man gerade jetzt in der Corona-Zeit erst einmal den Mut aufbringen, einer fremden Person in dem Maße zu helfen“, sagt Marcel begeistert. Die zierliche Frau packt ihn und trägt ihn durch die enge Kabine nach draußen. „Ich war unendlich dankbar, dass sie mir geholfen hat“, erzählt der Kölner.

Hätte die Frau nicht spontan das Kommando übernommen, hätte Marcel auf einen Schlosser warten müssen, der dann gemeinsam mit dem Fahrgastservice die Türen geöffnet und ihn herausgetragen hätte, wie Anemüller erklärt. Im Falle eines Feuers hätte die Feuerwehr alle Türen aufgebrochen und die Bergung gesichert.

Marcel ist froh, dass ihm so schnell geholfen werden konnte und will sich jetzt bei der unbekannten Retterin bedanken. „Für meine Freundin warst du in der Situation ein Engel, für mich eine Superheldin. Das war eine so nachhaltig beeindruckende Situation, da dachten wir, das ist ein Essen wert.“ Seine Einladung hat der Kölner bereits in einem Beitrag über die Facebook-Seite „Nett-Werk Köln“ ausgesprochen. Sein Suchaufruf wurde bereits über 2100 Mal geteilt.

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