Kölner WohnungsmarktGAG erhöht zum Jahreswechsel tausende Mieten

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Die GAG-Zentrale im Kölner Stadtteil Kalk

Köln – Vergangene Woche haben tausende Mieterinnen und Mieter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG in ganz Köln unerwartete Post bekommen. Darin kündigt die GAG eine mitunter kräftige Erhöhung der Grundmiete zum kommenden Jahreswechsel an. Das standardisierte Schreiben liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.

Künftig werde eine Miete fällig, die in vielen Fällen bis fast an den höchsten Satz heranreicht, den der Kölner Mietspiegel für die jeweiligen Wohnungen vorsieht. Das Unternehmen begründet den Schritt mit gestiegenen Energie- und Baukosten. Mieterinnen und Mieter sagen, sie seien „entsetzt“ über den Schritt inmitten der Energiekrise.

Beispielrechnung Köln-Kalk: Miete steigt um neun Prozent

Die Mieterin einer 46,5-Quadratmeter-Wohnung in Köln-Zollstock zahlt derzeit monatlich inklusive Nebenkosten 643 Euro. Ab dem 1. Januar muss sie der GAG 702,80 Euro überweisen. Das sind 59,80 Euro oder gut neun Prozent mehr. Für die Wohnung der Frau, die ihren Namen nicht in den Medien lesen möchte, berechnet die GAG bislang mit einer Kaltmiete von 10,50 Euro pro Quadratmeter den Richtwert, den der Mietspiegel für ein Apartment in dieser Lage und Ausstattung vorsieht.

Ab kommendem Jahr werden es 11,60 Euro pro Quadratmeter sein – der im Mietspiegel genannte Oberwert liegt bei zwölf Euro. „Das empfinde ich als unfair“, sagt sie. Sie habe in den elf Jahren schon mehrere Mieterhöhungen erhalten, „das waren aber immer nur etwa 20 Euro mehr, nicht fast 60 Euro.“ Sie werde sich nun Rat bei Mietervereinen suchen, um gegen die Mietsteigerung vorzugehen, sagt die Frau.

In einer Siedlung um den Manstedter Weg in Köln-Müngersdorf sind dutzende Mieterinnen und Mieter von den Erhöhungen betroffen. Die Bewohnerin eines Einfamilienhauses dort soll künftig rund 100 Euro monatlich mehr für etwa 135 Quadratmeter Wohnfläche zahlen. Auch sie möchte nicht namentlich genannt werden, weil sie ihre juristischen Möglichkeiten in der Sache prüfen lassen möchte. „Hier wohnen viele Familien mit Kindern. Einige sollen bis zu 180 Euro mehr Miete zahlen“, berichtet sie. „Ich kann nicht verstehen, wie ein städtisches Unternehmen mitten in einer Krise, in der ohnehin alles teurer wird, so etwas machen kann. Der Zeitpunkt ist einfach schlecht.“

„Es herrscht ein gewisses Entsetzen“

Auch kritisiert sie, dass die Erhöhung bereits in zwei Monaten fällig wird und viele kaum eine Chance hätten, auf dem angespannten Kölner Wohnungsmarkt eine günstigere Bleibe zu finden. Unter den Mieterinnen und Mietern der Siedlung „herrscht ein gewisses Entsetzen“, beschreibt die Frau, zumal erst vor wenigen Wochen die Erhöhung der Abschläge für die Betriebskosten angehoben worden seien.

Sie werde sich nun mit anderen Betroffenen zusammensetzen und ein gemeinsames Vorgehen erörtern. Dass die GAG rechtlich an den Oberwert des Mietspiegels herangehen darf, sei ihr durchaus bewusst. „Aber man muss es ja nicht machen.“

Mieterinnen und Mieter von rund 7000 Wohneinheiten haben den Bescheid über die Mieterhöhung bekommen, das ist jede sechste der insgesamt rund 42.000 Wohnung der GAG, teilt das Unternehmen auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Die Mietsteigerungen beträfen ausschließlich frei finanzierte Wohnungen und davon jene, die bislang „weiter weg von der Obergrenze des Mietspiegels“ lägen, sagt ein GAG-Sprecher. In den Schreiben an ihre Kundinnen und Kunden begründet die Wohnungsbaugesellschaft den Schritt mit einer „Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete“ auf Basis des Kölner Mietspiegels vom 1. Februar 2021.

Auf Anfrage konkretisiert die GAG, dass unter anderem die hohen Energiepreise, hohe Baukosten und gestiegene Zinsen den Schritt nötig machten. „Wir müssen Geld generieren, wenn wir künftig Neubauprojekte und Sanierungen realisieren wollen“, sagt der Sprecher. Ohne die Mieterhöhungen müsste das Unternehmen „auf neue Projekte verzichten.“ Zur Höhe der erwarteten Mehreinnahmen wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

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Offenbar ist auch der GAG bewusst, dass die Mehrkosten manchen Mieter vor finanzielle Probleme stellen könnten. „Wir weisen Sie noch darauf hin, dass Sie unter Umständen Anspruch auf Wohngeld haben, wenn die zu zahlende Miete die ‚tragbare‘ Miete im Sinne des Wohngeldgesetzes übersteigt“, heißt es im letzten Absatz des Schreibens. Anträge müssten die Betroffenen indes nicht an die GAG, sondern an das zuständige Bezirksamt richten, steht dort weiter. Der GAG-Sprecher ergänzt, dass die Gesellschaft bei „nachweislichen Härtefällen, individuelle Lösungen finden“ werde.

Da die Ankündigungen über die Mieterhöhung erst Ende voriger Woche verschickt wurden, hätten den Mieterverein Köln bislang kaum Anfragen in der Angelegenheit erreicht, sagt Sprecher Hans Jörg Depel. Wenn sich die GAG künftig generell bei Mieten für frei finanzierte Wohnungen an der Obergrenze des Mietspiegels orientieren würde, „wäre das ein Abweichen der bisherigen Politik“, urteilt Depel.

Denn die GAG gelte weithin als „faire“ Vermieterin, die nicht zwingend das Maximum für ihre Wohnungen verlange. Depel rät dazu, jede Mieterhöhung separat juristisch auf ihre Rechtfertigung prüfen zu lassen. So könne etwa kontrolliert werden, ob die GAG die Lage und den Bauzustand einer Wohnung, die maßgeblich für die Einordnung im Mietspiegel ist, richtig bewertet habe.

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