Kölnerin betroffenKeine Hilfe für Partnerinnen von krebskranken homosexuellen Frauen

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Sabine Bergmann und Annette Lau (Namen geändert) in der Cafeteria eines Kölner Krankenhauses. Ihr Thema ist belastend und sehr privat – daher möchten sie anonym bleiben.

Sabine Bergmann und Annette Lau (Namen geändert) in der Cafeteria eines Kölner Krankenhauses. Ihr Thema ist belastend und sehr privat – daher möchten sie anonym bleiben.

Lindenthal – Geteiltes Leid ist halbes Leid. So jedenfalls behauptet eine Redensart. Im Fall von Sabine Bergmann und ihrer Lebensgefährtin Annette Lau geht die Rechnung allerdings nicht auf. Das wird klar, wenn die beiden die schwierige Situation schildern, in der sie sich befinden, gemeinsam, doch jede auf ganz eigene Weise.

Ihr Thema ist belastend und sehr privat. Deswegen haben wir ihre Namen für diesen Bericht auch geändert. Sabine ist an Brustkrebs erkrankt. Seitdem sitzt die Angst mit am Tisch, wenn sie einen Kaffee trinken, wie jetzt im Krankenhaus, wo sie auf die Ergebnisse einer Untersuchung warten.

Lediglich Männer in Selbsthilfegruppen

„Die Nachricht kam für uns ohne Vorwarnung und wie aus dem Nichts“, schildert Lau. „Von einer Sekunde auf die andere wusste ich, dass sich jetzt alles ändern wird. Als Partnerin bin ich der Mensch, der am engsten dran ist. Die Erkrankung trifft auch mich selbst zu hundert Prozent.“

Sie kämpfte mit ihren Ängsten, wollte aber ihre erkrankte Partnerin nicht damit belasten, sondern sie stärken. Lau suchte nach Unterstützung. Sie fand die Kölner Initiative „WIR“, eine Selbsthilfegruppe für Partner an Brustkrebs erkrankter Frauen, die allerdings ausschließlich aus Männern besteht. Die lehnten es ab, dass eine Frau Mitglied der Gruppe wird, weil es ihnen dann schwerer falle, sich dort zu öffnen.

Versorgungslücke im System

Lau verstand das, wünschte sich allerdings auch einen Ort, an dem sie Frauen treffen kann, die sich in der gleichen schwierigen Situation wie sie befinden. Und eben diesen gibt es nicht. Lau sieht eine Versorgungslücke im System. Verbände und Organisationen bestätigen dies: Weder dem Bundesverband für Frauenselbsthilfe nach Krebs, noch der Deutschen Krebsgesellschaft sind Selbsthilfegruppen für Partnerinnen an Krebs erkrankter Frauen bekannt.

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Auch die Kölner Beratungsstelle für lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und queer orientierte Menschen, Rubikon, sieht einen Versorgungsmangel: „Soweit ich weiß gibt es so etwas noch nicht“, sagt Meike Nienhaus, Geschäftsführerin von Rubikon. „Eine solche Hilfe ist aber ein wichtiges Thema für lesbische, schwule, bisexuelle und transgender-Partner von Krebskranken.“

Besonderer Bedarf von lesbischen Frauen

Lau begründet den besonderen Bedarf von lesbischen Frauen an einer Gruppe mit Menschen gleicher sexueller Orientierung: „Für mich bedeutet jedes Gespräch mit einer fremden Person über meine Situation auch ein Zwangsouting. Sobald ich sage, dass meine Lebensgefährtin an Brustkrebs erkrankt ist, bin ich out. Das ist Fakt“, sagt sie. „In einer Gesellschaft, in der die Stimmung gegen Menschen, die nicht der gängigen Norm entsprechen, zunehmend feindlicher wird, ist das nichts, was ich immer und überall favorisiere.“

Der Bedarf an Selbsthilfegruppen für Partnerinnen von an Krebs erkrankten Frauen ist tendenziell groß. Rubikon würde die Gründung solcher Gruppen unterstützen: „Wir hätten grundsätzlich die Möglichkeit, Räume zur Verfügung zu stellen. Klassischerweise werden solche Selbsthilfegruppen ja aber an den Krankenhäusern organisiert.“

Kliniken sehen sich nicht als richtigen Ansprechpartner

Es wäre großartig, findet Nienhaus, „wenn eine Klinik beschließen würde, dass sie wegen der großen LSTBQ-Community in Köln solche Selbsthilfegruppen anbietet. Rubikon könne auch Expertise in der Begleitung solcher Gruppen einbringen.“ Die Kliniken sehen sich allerdings selbst nicht als die richtigen Ansprechpartner. „Selbsthilfegruppen werden ja klassischerweise von Betroffenen gegründet“, sagt Carolin Thissen, Sprecherin des Krankenhauses Hohenlind. „Wir würden eine solche Gruppe aber mit Räumen und beispielsweise einer Beratung durch eine Psychoonkologin oder anderen Fachleuten unterstützen.“

Gegründet würden Selbsthilfegruppen von Angehörigen an Krebs erkrankter Menschen, die bereits ein wenig Erfahrung und Abstand zu der Erkrankung gewonnen haben. Annette Lau fühlt sich selbst allerdings noch nicht in der Lage, das zu tun. „In so einer Gruppe treffen sich Menschen, die sich selbst in einer Ausnahmesituation befinden“, schildert sie. „Wie kann ich diesen Menschen zur Seite stehen, sie stützen, wenn für mich diese einschneidende und lebensverändernde Situation selbst noch recht neu ist?“ Sie hofft, dass eine andere Betroffene die Initiative ergreift.

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