Kölns OberbürgermeisterinHenriette Reker ist seit zwei Jahren am Steuer – die Bilanz

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker (60) hat ihr Amt am 20. November 2015 angetreten.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (60) hat ihr Amt am 20. November 2015 angetreten.

Köln – Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (60) hat ihr Amt am 20. November 2015 angetreten. Was hat sie erreicht? Eine Bilanz.

Die Verwaltungsreform läuft gut an

Die Stadtverwaltung arbeite nicht mehr zeitgemäß, sagte Reker wenige Tage nach ihrem Amtsantritt. Schleppende Bearbeitungszeiten, träge Arbeitsprozesse, Motivationsverlust innerhalb der Belegschaft: Reker betrachtet die Reform der Behörde mit ihren 18.000 Beschäftigten als eine ihrer wichtigsten Aufgaben.

Und in der Tat geht sie das Thema so entschlossen an wie keiner ihrer Vorgänger. Als erstes holte sie den Verwaltungsexperten Rainer Heinz als Chef-Reformer in ihre Oberbürgermeisteramt. Der entwickelt eine auf fünf Jahre angelegte Strategie. Mitarbeiter können ihr Wissen einbringen, ein externes Beratungsunternehmen wird den Prozess begleiten.

Alles zum Thema Henriette Reker

Reker besetzt Amtsleiterposten gerne mit auswärtigen Bewerbern, das ist mindestens für die Übergangsphase sinnvoll. Externe bringen, so ist das nun einmal, den Blick von Außen mit, sind frei von eingefahrenen Gepflogenheiten und Beziehungsgeflechten. Die Beschäftigten und auch die Bürger können das als Beleg dafür empfinden, dass Reker nicht nur Arbeitsabläufe verbessern, sondern auch die über Jahrzehnte betriebene Parteibuchwirtschaft beenden will. 

Der neue Politik-Stil lässt auf sich warten

Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Stadtgespräch im Bürgerzentrum Ehrenfeld

Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Stadtgespräch im Bürgerzentrum Ehrenfeld

Der von Reker ausgerufene neue Politikstil ist noch nicht zu erkennen. Als parteilose Stadtchefin wolle sie Sachentscheidungen in den Vordergrund stellen, auch unabhängig von ihren Wahlkampfunterstützern CDU, Grüne und FDP um Mehrheiten werben und die SPD in wichtige Entscheidungen einbeziehen. Die Ratsfraktionen sind weit entfernt von einer Streitkultur, bei der es um die jeweils beste Lösung für die Stadt geht, und nicht um eigene Interessen. Entweder hat Reker das Machtstreben der örtlichen Politgrößen unter-, oder ihre persönliche Führungsstärke überschätzt.

„Nicht Blockbildung und Hinterzimmer – die besten Argumenten müssen entscheiden“ – was im Wahlkampf gut klang, wird von Reker selber widerlegt, zum Beispiel, wenn eine Beschlussvorlage ohne Erklärung und mutmaßlich auf Druck aus dem schwarz-grünen Bündnis von der Tagesordnung verschwindet. Das war zuletzt der Fall, als es um die Frage ging, wo die Bühnen ihre neue Werkstatt bauen sollen. Die regelmäßigen Gesprächsrunden, zu denen Reker die Bürger einlädt, machen noch keinen neuen Politikstil. 

Das Thema Wohnen und Bauen hat eine zu geringe Priorität

baustelle am Friesenplatz 171117

Es wird viel gebaut in Köln.

Das Thema Wohnen hat Reker bislang nicht zu ihrem Thema erklärt, obwohl es in der Stadt an allen Ecken und Enden an bezahlbarem Wohnraum mangelt. „Generell müssen wir für den Wohnungsbau mehr städtische Grundstücke zur Verfügung stellen. Dafür möchte ich in der Verwaltung alle Kräfte mobilisieren“, sagte sie während des Wahlkampfs. Von dieser Absicht ist allerdings noch nichts zu erkennen.

In Rekers Amtszeit fällt zwar die Einrichtung einer Wohnungsbauleitstelle, die aber nicht direkt ihrem Bereich zugeordnet ist, sondern beim zurzeit vakanten Baudezernat angesiedelt ist. Die Leitstelle verfügt zudem über keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Ämtern und Dezernaten, weshalb Kritiker bezweifeln, dass dieses Instrument eine Wirkung zeigt.

Die Zahl der Baugenehmigungen ist während Rekers Amtszeit sogar zurückgegangen. Die Oberbürgermeisterin hat im Sommer eine Reform der städtischen Gebäudewirtschaft angestoßen, um den Bau und die Instandhaltung öffentlicher Gebäude – vor allem von Schulen – zu verbessern. Diesem Schritt ging allerdings eine Vielzahl von Pannen voraus.

Neue Köpfe für das alte Thema Verkehr

Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome

Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome

Während Rekers Amtszeit räumte das schwarz-grüne Ratsbündnis dem Thema Verkehr eine größere Bedeutung ein, indem die Verkehrsämter aus dem Baudezernat herausgelöst wurden, um Anfang 2017 ein eigenes Verkehrsdezernat zu gründen.  Mit Andrea Blome wurde für den Chefposten eine erfahrene Amtsleiterin aus Düsseldorf geholt. Reker hat Blome zugesagt, Anfang 2018 ein neues Amt für Verkehrsmanagement zu gründen, das für einen besseren Verkehrsfluss sorgen soll.

Das deckt sich mit Rekers Vorstellung nach ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin. „Ich bin  überzeugt, dass wir eine stärkere Steuerungsmöglichkeit für Straßenverkehr, Verkehrstechnik, Brücken- und Tunnelbau brauchen“, sagte sie damals. Trotz des neuen Dezernats hat sich für die Verkehrsteilnehmer bislang aber nichts geändert. Nach wie vor gibt es fehlgeplante Ampeln und marode Rheinbrücken. „Am schnellsten und am billigsten ist es, den Fahrradverkehr nach vorne zu bringen“, sagte Reker ebenfalls nach ihrer Wahl. Auch in diesem Bereich geht es allerdings nur sehr schleppend voran, obwohl der Fahrradbeauftragte zusätzliche Mitarbeiter erhielt.

Die öffentlichen Auftritte werden mehr

Henriette Reker Chinafest 19117

Henriette Reker beim Chinafest

Ihre erste Auslandsreise nach ihrem Amtsantritt führte sie in die chinesische Partnerstadt Peking, sie war in Brasilien und Japan, in Rom sprach sie mit dem Papst über Fragen der Flüchtlingspolitik. Auftritte fernab der Heimat mögen dazugehören, wenn jemand an der Spitze einer Millionenstadt steht – sie tragen aber kaum dazu bei, die Probleme in Köln zu lösen. Das gleiche gilt für für die Repräsentation in der Stadt selber.

Dabei hatte Reker nach ihrer Wahl angekündigt, die Bürger würden sie auf Empfängen und Festen eher weniger zu sehen bekommen. Wenn man „wirklich steuern will, dann muss man das vom Schreibtisch aus tun“, sagte sie. Außerdem gebe es ja ehrenamtliche Bürgermeister, „die diese Aufgaben wunderbar wahrnehmen“. Es besteht der Eindruck, als wäre Reker der Verlockung erlegen, ihren Terminkalender dann doch ein bisschen stärker mit den angenehmen Verpflichtungen zu füllen, als zu erwarten war. Vielleicht, weil sie spürt, dass sie mit ihrer einnehmenden Art gut ankommt bei den Menschen. Nicht ganz unwichtig für jemanden, der 2020 wiedergewählt werden will. 

Beim Operndebakel gab Henriette Reker keine gute Figur ab

Kölner Oper

Bis mindestens 2022 wird die Oper eine Baustelle bleiben.

Kurz nach ihrem Amtsantritt erklärte Reker die aus dem Ruder gelaufene Sanierung der Oper und des Schauspielhauses zur Chefsache. „Ich habe mich in der vergangenen Woche gründlich informiert und sehe, dass wir in einer verfahrenen Situation sind, die wir jetzt schnell verlassen müssen“, sagte sie im November 2015 bei einer Pressekonferenz. An diesem Tag gab sie auch eine erste Kostensteigerung für das Großprojekt am Offenbachplatz bekannt. Statt 288 Millionen Euro sollte die Fertigstellung bis zu 460 Millionen Euro kosten. Im Mai 2016 verpflichtete Reker Bernd Streitberger als technischen Betriebsleiter der Bühnen, um die Sanierung wieder in die Spur zu bringen.

Kritiker bemängeln, dass ausgerechnet der ehemalige Baudezernent für diese Aufgabe ausgewählt wurde, obwohl er es war, der das fehlgeschlagene Sanierungskonzept konzipierte. Tatsächlich ist noch immer nicht erkennbar, dass Rekers Engagement etwas bewirkt hat und sich das Operndebakel auf ein Ende zubewegt. Die prognostizierten Kosten schnellten im Sommer dieses Jahres sogar auf bis zu 570 Millionen Euro hoch.

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