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„Fridays for Future“Johanna und Hanna etablieren die Klimademos in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Johanna Artz (l.), Hannah Bahlo organisieren die Demos in Köln.

Johanna Artz (l.), Hannah Bahlo organisieren die Demos in Köln.

  • Zusammen mit ihrer Freundin Johanna Artz organisiert Hannah Bahlo die Kölner „Fridays for Future“-Demonstrationen. Beide sind von Anfang an dabei.
  • „Wir reißen uns sehr wohl den Arsch auf, um Zusammenhänge verstehen zu können“, entgegnet sie dem häufigen Vorwurf gegen die jugendlichen Demonstranten.
  • Was treibt die kölschen Gretas an? Ein Gespräch übers Schuleschwänzen, Fakten-Checks und Vorurteile.

Köln – Tief gebeugt über ein Blatt Papier sitzt Johanna Artz im Café, direkt erkennbar an dem grünen Aufdruck auf ihrem weißen Hemd: Das „Fridays for Future“-Logo prangt auffällig auf ihrem Rücken.

„Ich muss nur noch schnell den Text für unseren nächsten Podcast fertig schreiben“, sagt die 17-Jährige aus Bad Honnef. Ihre Kölner Freundin Hannah Bahlo soll anschließend Korrektur lesen. Die Schülerinnen aus unterschiedlichen Städten teilen eine Leidenschaft: Die „Fridays for Future“-Bewegung, durch die sie sich kennengelernt haben und mit der sie gegen den Klimawandel protestieren.

Wenn die jungen Frauen erzählen, wie sie dazu gekommen sind, lautet der Grund: Greta Thunberg. „Ich habe Greta im Fernsehen gesehen und dachte, die ist jünger als ich und macht sowas? Das will ich auch“, sagt Bahlo. Die 17-Jährige ist seit November 2018 dabei, als die ersten Demonstrationen in Köln (mit damals nur 15 Schülern) begannen. Seitdem kümmert sich die Gymnasiastin um die Organisation der Schulgruppen. „Mittlerweile sind wir bei den wöchentlichen Freitags-Demonstrationen auf dem Alter Markt konstant 400 Leute“, schwärmt sie.

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Mit Fakten punkten, nicht mit Meinung

Artz organisiert und gestaltet seit Januar den bundesweiten „Fridays for Future“-Podcast mit einem Team von 191 Mitgliedern – Konzepter, Redakteure, Techniker, Grafiker und Faktenchecker sind mit dabei. Denn den jungen Menschen sei es wichtig, mit Fakten und nicht mit Meinung zu punkten: „Wir kontrollieren jeden Textentwurf und markieren Sätze, die unter »Meinung« fallen, und Fakten, bei denen die Quellenangabe fehlt, rot“, erläutert Artz.

Eine Podcast-Folge dauert 30 bis 40 Minuten und ist auf Youtube, Sound-Cloud und Spotify zu finden. Der Podcast erscheint wöchentlich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um Mitternacht: Auf eine Einleitung folgt ein Newsblock und ein O-Ton von einer der Demonstrationen. Dann wird das Thema vorgestellt, und am Schluss folgen ein Poetry-Slam und Informationen zu den Städten, in denen am folgenden Tag gestreikt wird.

„Mit dem Podcast wollen wir zeigen, dass wir uns sehr wohl den Arsch aufreißen, um Zusammenhänge verstehen zu können“, sagt Bahlo. Sie will mit dem Vorurteil gegenüber ihrer Generation aufräumen: „Wir wären ja faul und verstehen nix von Politik.“ Die beiden jungen Frauen kommen auf Themen wie Güterknappheit, Überbevölkerung und Flüchtlingsbewegungen angesichts von Kriegen und Naturkatastrophen zu sprechen. Sie reden sich in Rage, werden dabei immer lauter, sodass sich einige Café-Besucher umdrehen.

Für Hobbys wie Theaterspielen und Tanzen bleibe trotz „Fridays for Future“ noch Zeit: „Es sind beides Leidenschaften und eines würde mir sonst fehlen – Freunde quetsche ich noch freitagsnachts rein“, sagt Bahlo lachend.

Chat „Hausaufgaben-Support“

Artz, die drei Mal in der Woche zum Cheerleading-Training nach Köln fährt, stimmt ihrer Freundin zu. Sie befindet sich mitten in der Abiturphase und möchte nach ihrem Abschluss Marketing und Management studieren. Sie gibt aber auch zu: „Wegen der ganzen Organisation schlafe ich kaum noch eine Nacht, und die Schule leidet natürlich darunter.“ Was die Schülerin mit „der ganzen Organisation“ meint, wird mit einem Blick auf ihre Whatsapp-Chats deutlich: 145 offene Chats mit jeweils mehreren hundert ungelesenen Nachrichten – alles „Fridays for Future“-Gruppen. Doch zum Beantworten bleibt keine Zeit, denn eine Telefonkonferenz mit den anderen Organisatoren des Podcasts steht an: Im Café wird das Laptop ausgepackt, und schon kann es losgehen. Leidenschaftlich und hitzig wird anhand eines Planungspapiers über Themenvorschläge wie „Wo kommt unser CO2 her?“ und „EU und Einwegplastik“ diskutiert. „Beim CO2 -Thema müssen wir unbedingt überprüfen, von wem die Statistiken kommen, weil je nachdem das Ergebnis anders aussieht“, gibt Artz zu Bedenken, die anderen stimmen ihr zu.

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Bei all den ernsten Themen bleibt den Freundinnen trotzdem Zeit, über Liebes- und Schulgeschichten zu sprechen. Artz beantwortet während der Telefonkonferenz Fragen im Chat „Hausaufgaben-Support“, Bahlo kann über Zukunftsprojekte berichten: Die Schülerin spielt Theater in Bonn und möchte ein Stück über die „Fridays for Future“-Bewegung inszenieren. Es soll im kommenden Jahr aufgeführt werden, die Proben beginnen ab sofort. Interessierte – auch ganze Schulklassen – können jederzeit einsteigen und sich per Mail bei Bahlo melden.

hannahmari60@gmail.com

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