Kommentar zu CoronaWir müssen die Lage in den Kliniken wieder an uns heranlassen

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Warum versetzt uns die Lage nicht mehr in die selbe Unruhe wie vor einem Jahr?

Jeder kennt die Geschichte vom Frosch im Kochtopf, der bei langsamer Erhitzung des Wassers die tödliche Gefahr nicht bemerkt. Das „Boiling-Frog-Syndrom“ ist zwar eine Legende. Doch treffend illustriert sie menschliches Verhalten in der Krise: Wir neigen in anhaltender Gefahr zur Gewöhnung. Das mag auch sein Gutes haben: In Dauerpanik lassen sich Krisen schlecht meistern. Aber man muss den Zeitpunkt erkennen, an dem Gelassenheit in Lethargie umschlägt.

Zu Beginn der Corona-Krise war die drohende Überlastung der Intensivstationen der Topf mit heißem Wasser. Schon beim Gedanken daran war klar: Das darf auf keinen Fall passieren. Der Kraftakt des ersten Lockdowns war ein Reflex darauf.

Wir brauchen entschlossenes und geschlossenes Handeln

Dass Mediziner inzwischen erneut vor dem Kollaps der Kliniken warnen und sich schon heute zu einer „weichen Triage“ mit der Verschiebung lebensnotwendiger Operationen gezwungen sehen, versetzt die Gesellschaft längst nicht mehr in die gleiche Unruhe wie vor einem Jahr.

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Man muss die Erzählungen der Ärzte nur einmal an sich heranlassen, um die Heißwasser-Reaktion des Froschs auch wieder an sich selbst festzustellen. Welchen Preis müssen wir womöglich für Lockerungen zahlen, die uns jetzt wie der Rückgewinn unserer Freiheit vorkommen? Und wie wollen Politiker noch länger ihr Gezänk um Inzidenzen und Kompetenzen rechtfertigen – in einer Phase, in der noch einmal entschlossenes und geschlossenes Handeln notwendig wäre. Als rettender Sprung aus dem Topf, in dem das Wasser kurz vor dem Siedepunkt ist.

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