Abo

Konzert in KölnHochpolitischer Auftritt von Casper und Marteria – „Nazis raus”

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (2)

Marteria und Casper auf ihrem Truck in Köln

Köln – Der Kölner Tanzbrunnen ist um kurz vor 13.30 Uhr gefüllt mit Tausenden Fans der Rapper Casper und Marteria, die spontan angekündigt haben, ein Konzert zu geben – bei freiem Eintritt. Im Publikum ist auch Musiker-Prominenz aus Köln: Mo-Torres ist bekennender Fan von  „Casteria", wie sich die beiden Rapper als Duo nennen, einige Mitglieder der kölschen Band Querbeat sind auch dabei.  

Die Rapper sind mit einem Truck vor dem Tanzbrunnen vorfahren, eine dreiviertel Stunde lang soll das Konzert gehen. Die beiden haben jüngst ein gemeinsames Album namens „1982” herausgebracht. Die befreundeten Rapper sind beide in dem Jahr geboren worden. Um Punkt 13.30 Uhr dröhnt der Einspieler „Turn down for what” aus den Lautsprechern, die Fans beginnen zu tanzen. Dann tauchen die Rapper auf der Bühne hinter dem Van auf und lassen sich von der Menge feiern. 

„Wir waren gestern in Chemnitz, um gegen Nazis zu demonstrieren und haben uns gedacht, wenn wir eh schon in Köln sind, schauen wir hier vorbei“, ruft Casper zur Begrüßung: „Wir haben gehofft, dass hier ein paar Leute sind, die die Schule schwänzen, oder die Arbeit, oder einfach arbeitslos sind.“

Alles zum Thema Konzerte in Köln

Der Plan der Rapper hat definitiv funktioniert, die Menge tanzt. Vor dem nächsten Lied „Adrenalin” ruft Casper dann: „Das Konzert hier ist zwar gratis, aber nicht umsonst. Wir kommen gerade aus Chemnitz und wollen auch hier was hören!“ Aber was? „Nazis raus!“ Die Menge stimmt lauthals ein. Die Fans wippen ihre in die Luft gestreckten Arme zum Takt der Musik. Tanzen. Feiern. Und die erste Gruppe fängt an, vorm „Monstertruck“ zu pogen. Es ist 13.45 Uhr, als Casper mit „Auf und davon“ ein älteres Lied anstimmt. Dann wird es wieder politisch: Casper und Marteria rufen: „Wir sind“, die Menge antwortet: „mehr“ – „Wir sind mehr” war der Hashtag zum Konzert gegen Rechts in Chemnitz.

Am Montagabend noch waren die beiden Rapper in Chemnitz bei dem Konzert gegen rechte Hetze aufgetreten. Am Dienstagmorgen waren sie zunächst drei Stunden lang bei Eins-Live im Radio zu Gast, bevor sie in den Tanzbrunnen kamen.

13.47 Uhr: Kleiner Schreckmoment, als Casper auf einer Plastik-Wasserflasche ausrutscht. Der Rapper nimmt es locker: „Ich hatte schon Angst, dass ich vom Truck falle. Aber wenn ich gestorben wäre, wäre wenigstens RTL dabei gewesen.“ Ein kleiner Wink an die vielen Kamerateams von unterschiedlichen Fernseh-Sendern, die um die tanzende Menge herumstehen.

Dann folgt mit „OMG” ein Solo-Auftritt von Marteria, der zwischendurch ebenfalls emotional wird: „Casper. Marteria. Köln. Eine Liebe", ruft er. 

13.53 Uhr: Jetzt springen, tanzen, klatschen und schreien alle Fans. Spontan kriegt man Angst, dass die Reifen des Trucks platzen. Zum gemeinsamen Album „1982” mit Casper erklärt Marteria in Köln: „Immer waren wir alleine, aber jetzt haben wir auch endlich eine Band. Eine Ende-30er-Boyband."

14 Uhr: Mit Liebesbekundungen an die Stadt geizen die Rapper nicht. „Ich liebe Köln ganz doll”, ruft Casper. Und Marteria ergänzt: „Köln, da werde ich irgendwann mal hinziehen.”

14.05 Uhr: Nach dem Lied „Supernova” wird Casper ganz ernst: „Leute, ich habe das Gefühl, dass es im Moment einen Aufputsch, ein Gefühl in der Gesellschaft gibt, das dazu führen könnte, dass sich etwas ganz Schlimmes in der Geschichte wiederholt. Deswegen müssen wir so etwas, was wir in Chemnitz gemacht haben, öfter machen. Denn schweigen ist eine stille Zustimmung.“Die Menge jubelt, applaudiert und antwortet wieder mit lauten „Nazis raus“-Rufen. Dann beginnt das letzte Lied, „Adrenalin“. Marteria schwenkt dabei eine Regenbogen-Fahne.

14.12 Uhr: „Wir sind so dankbar für diesen geilen Mittag in Köln, für so tolle Leute und so viel Liebe“, sagt Marteria. Die Menge schreit nach einer Zugabe. „Sorry Leute, aber wir müssen wirklich weiter“, sagt Casper. Beide klettern vom Truck, steigen auf die Bühne, drehen sich noch einmal Richtung Menge, genießen den Applaus, winken, lassen sich noch einmal kurz feiern und verschwinden dann schnell hinter dem Vorhang.

Vor zwei Wochen waren die Rapper spontan in der Bielefelder Arena aufgetreten, um ihr neues Album zu bewerben. Ein gemeinsames offizielles Konzert der Rapper in Köln ist bislang noch nicht geplant. 

KStA abonnieren