Kreativ im HomeofficeKölner Polizistin dreht Trickfilme mit Knetfiguren

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Hauptkommissarin Iris Gaeb und ihre selbst gebaute Trickfilm-Kulisse

Köln – Paulchen Panther, Schweinchen Dick, Speedy Gonzales – das waren die Helden ihrer Kindheit. Noch bis vor einem Jahr kannte Iris Gaeb Trickfilme nur aus dem Fernsehen. Dann kam Corona. Und heute, nach zwölf Monaten im Homeoffice, weiß die 58-jährige Hauptkommissarin, was ein Gimbal ist, wie man mit „Stop Motion“ arbeitet und was es alles braucht, um eine Kulisse vernünftig auszuleuchten – mindestens fünf Schreibtischlampen. In monatelanger Heimarbeit hat die Beamtin am Esstisch und im heimischen Bastelzimmer sechs Kurzfilme erstellt, die die Polizei seit neuestem in ihrer Präventionsarbeit einsetzt.

Gaeb ist Verkehrssicherheitsberaterin bei der Polizei Köln, zuständig für den linksrheinischen Süden. Sie geht dort in Schulen, Kindertagesstätten und Berufsschulen und klärt Kinder und Jugendliche über die Gefahren im Straßenverkehr auf. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 wurden Gaeb und ihre Kolleginnen und Kollegen plötzlich ausgebremst. Die Polizei war gewzungen, ihre gewohnte Verkehrserziehung auf Eis zu legen, Gaeb musste sich zudem aus gesundheitlichen Gründen in strikte häusliche Isolation begeben.

„Die Idee ist mir irgendwie zugeflogen“

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Hauptkommissarin Iris Gaeb vor ihrer selbst gebauten Trickfilm-Kulisse

„Das kam völlig überraschend, wir hatten erst mal gar keine Aufträge mehr, weil Schulen und Kitas geschlossen waren“, erzählt die Hauptkommissarin am Telefon. „Und dann macht man sich so seine Gedanken.“ Gemalt und gebastelt hatte sie in ihrer Freizeit immer schon gerne – warum denn nicht auch mal einen Trickfilm erstellen? „Die Idee ist mir irgendwie zugeflogen“, sagt Gaeb. „Ich hatte das vorher noch nie gemacht und musste mich da völlig neu einarbeiten.“ Ihr großes Vorbild: Die Filme der britischen Animationsreihe „Wallace and Gromit“.

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Gaeb recherchierte im Internet, sie kaufte sich einen Handy-Stabilisator mit Stativ für ruckelfreie Bilder (Gimbal), lud die Trickfilm-App „Stopp Motion“ und eine Vertonungssoftware auf ihr Tablet und legte los. Aus Pappe bastelte Gaeb eine Straße, Autos, Häuser und eine Garage und erschuf „Kati und Piet“. Die beiden Knetmännchen ließ sie zu selbst eingesprochenen Kommentaren durch die Kulissen zur Schule laufen, an Ampeln und Zebrastreifen stoppen und den Blickkontakt mit Autofahrern suchen.

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Die Kinder einer Freundin waren das Testpublikum

„Blickkontakt“ – dass dieser Begriff für Fünfjährige erklärungsbedürftig ist, erfuhr Gaeb von den Kindern einer Freundin, denen sie ihre Animationsfilme vorab zeigte. Ihr Testpublikum sozusagen. Die Kinder gaben der Hauptkommissarin weitere wertvolle Hinweise: „Ich musste zum Beispiel lernen, meine Texte langsamer einzusprechen, auch mal längere Pausen zwischen den Bildern zu lassen und Untertitel zu verwenden.“ Denn die starren Texttafeln, die Gaeb anfangs noch zwischendurch einblendete, um ihre Videos barrierefrei zu gestalten, irritierten ihre jungen Zuschauer nur. Ungefähr sechs Stunden, erzählt Gaeb, dauerten die reinen Dreharbeiten für einen Drei-Minuten-Clip. Inklusive Vor- und Nachbereitung wie Vertonung, Farbkorrekturen und Untertitelung sei sie mit jedem einzelnen Film zwei Wochen beschäftigt gewesen.

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Die Stars der Trickfilme: Kati und Piet

Aber erst, nachdem ihre ersten Versuche langsam Gestalt angenommen hatten und die Sequenzen immer professioneller wurden, weihte die 58-Jährige auch ihre Vorgesetzte ein. „Ich wollte das vorher nicht groß ankündigen, sonst hätte ich doof dagestanden, wenn nichts draus geworden wäre“, sagt Gaeb. Aber ihre Chefin war beeindruckt und wollte mehr sehen. Auch Polizeipräsident Uwe Jacob ist inzwischen Fan: „Das Beispiel zeigt, wie erfolgreich wir neue Wege gehen können, wenn wir dazu gezwungen werden“, sagt er. Die liebevoll gemachten Trickfilme seien eine „großartige Unterstützung“ bei der Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei.

Filme sind auf Youtube und Facebook zu sehen

Zu sehen sind bislang drei „Kati und Piet“-Filme auf dem Youtube-Kinder-Kanal der Behörde („Polizei NRW Kids“), auf Facebook und auf der Homepage der Kölner Polizei. Die restlichen drei werden in den nächsten Wochen freigeschaltet. Die Links werden auch an Kindertagesstätten und Schulen verschickt, damit die Lehrerinnen und Erzieher den Besuch der Polizeiberater – sobald er pandemiebedingt wieder möglich ist – mit den Kindern vorbereiten können.

Nach Pfingsten, sagt Gaeb, sei sie durchgeimpft. Und dann sei hoffentlich auch bald wieder Verkehrserziehung vor Ort möglich. Denn so gut die Videos vielleicht gelungen sein mögen und so viel Spaß die Arbeit daran auch gemacht habe: „Unseren Besuch in der Kita oder in der Schule“, davon ist die Polizistin überzeugt, „den kann kein Film ersetzen.“

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