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Landgericht KölnHaftstrafe für ehemaligen Pro-Köln-Politiker Uckermann

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Jörg Uckermann

Köln – Der Häufung der Straftaten entspricht das Strafmaß. Am Montag hat das Kölner Landgericht Jörg Uckermann, den Hauptangeklagten im Betrugsprozess gegen Politiker der rechtspopulistischen Partei Pro Köln, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; außerdem muss der 46-Jährige, der nach Angaben von Pro Köln seit Sommer dieses Jahres der Partei nicht mehr angehört, eine Geldstrafe in Höhe von 4500 Euro zahlen. Anders als in seinem Fall, der unter anderem versuchte Steuerhinterziehung und die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung einschließt, hatten sich die drei weiteren Angeklagten ausschließlich wegen Betruges zu verantworten. Ex-Fraktionsvorsitzende Judith Wolter wurde freigesprochen; ihr Mann Markus Wiener, der mit ihr im Stadtrat sitzt, muss 2000 Euro Geldstrafe zahlen und Parteivorstandsmitglied Bernd Schöppe 2550 Euro.

Weitaus höhere Strafen beantragt

Staatsanwalt Jens Scherf hatte weitaus höhere Strafen gefordert, für Uckermann sogar drei Jahre und vier Monate. Die drastische Differenz wird auch bei Judith Wolter deutlich, die nach seinem Willen 13 200 Euro hätte zahlen müssen. Wo der Ankläger ein „eingespieltes System“ der betrügerischen Abrechnung mit Sitzungslisten ausmachte, das alle vier mitgetragen hätten, wollte die 12. Große Strafkammer kein derart organisiertes Vorgehen sehen; deshalb verneinte sie den Vorwurf der „Bandenmäßigkeit“.

In knapp acht Monaten und an mehr als 30 Verhandlungstagen hatte die Kammer akribisch und mit etlichen Zeugen, von denen drei in gleicher Sache schon früher verurteilt wurden, vor allem zu klären, ob die Politiker zwischen 2008 und 2012 mit Hilfe manipulierter Anwesenheitslisten von Fraktions- und Arbeitskreissitzungen zu Unrecht Geld kassiert hatten. Entweder hätten sie ihre Namen, diejenigen von Fraktionskollegen oder „sachkundigen Bürgern“ darauf gesetzt, obwohl sie nicht dabei gewesen waren, oder sie hätten die Listen im Wissen um deren Falschheit als „sachlich richtig“ gezeichnet. Uckermann oblag es, die Listen zu verwahren und zum Amt des Oberbürgermeisters zu bringen; es zahlte das Sitzungsgeld aus und erstattete Fahrkosten und Verdienstausfälle. Als Einziger im Prozess hatte Schöppe einen Teil der Vorwürfe eingeräumt. Andererseits ließ sich eine Vielzahl der ursprünglich mehr als 200 angeklagten Fälle nicht beweisen. So ist nach den Worten des Vorsitzenden Richters Jörg Michael Bern nicht auszuschließen, dass gezeichnete Listen nachträglich bearbeitet, das heißt um falsche Angaben ergänzt wurden. Das Amt treffe keine Schuld. Das System der Abrechnung sei zwar betrugsanfällig, aber es beruhe darauf, dass man sich vertraue und die Volksvertreter die Listen in eigener Verantwortung korrekt führen.

Frühere Verurteilungen

Bei Uckermann musste das Gericht frühere Verurteilungen einbeziehen. Und es schlugen die Taten zu Buche, derer er sich nach Auffassung der Kammer alleine schuldig gemacht hat. Sie geht zum Beispiel davon aus, dass er gegenüber der Stadt in elf Fällen Verdienstausfall für seine Teilnahme an Rats-, Fraktions- und Arbeitskreissitzungen geltend machte, obgleich er der behaupteten Erwerbstätigkeit zur fraglichen Zeit nicht nachging: Als arbeitsunfähig gemeldet, habe er von der Krankenkasse 11 700 Euro, von der Rentenversicherung 16 000 Euro – und von der Stadt obendrein 8400 Euro bekommen.

Wie Scherf stellte die Kammer ihm eine ungünstige „Sozialprognose“. Eine Bewährung komme nicht in Frage; schon die „Wohnsituation“ des vorbestraften 46-Jährigen sei „ungeklärt“. Sein „delinquentes Verhalten“ habe sich „seit Jahren verfestigt“. Wiener, verurteilt wegen zweifachen Betrugs, hat Revision angekündigt.

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