Lange PartnersucheKölner Grüne erwägen Dreierbündnis mit Volt im Rat

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Der Stadtrat in Corona-Zeiten

Köln – Mehr als zwei Monate nach ihrem Erfolg bei der Kommunalwahl haben die Grünen die Grundsatzfrage immer noch nicht entschieden: Mit wem wollen sie als stärkste Fraktion über ein Bündnis für die kommenden fünf Jahre verhandeln. Bleibt es bei der Zusammenarbeit mit der CDU, mit der die Grünen die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Wahlkampf unterstützt haben? Oder soll die Verhandlungsgruppe die Gespräche mit der SPD vertiefen ? Das allerdings wäre wohl kaum im Interesse Rekers, die ihren Erfolg gegen den Sozialdemokraten Andreas Kossiski nicht zuletzt als Wählervotum für Grün-Schwarz wertet.

Die Ausgangslage: Grüne und CDU verfügen über 45 der 91 Sitze im Rat. Hinzu kommt die Stimme der Oberbürgermeisterin, die Grün-Schwarz als ihr Wunschbündnis bezeichnete. Grüne und Sozialdemokraten haben gemeinsam ebenfalls 45 Mandate – aber eine solche Verbindung dürfte wohl kaum vom Wohlwollen Rekers ausgehen.

Grüne könnten zusätzlich Volt einbeziehen

In beiden Fällen könnten die Grünen zusätzlich die erstmals im Stadtrat vertretene Partei Volt einbeziehen wollen, heißt es im Rathaus. Die europäisch ausgerichtete Parte stellt vier Mandatsträger. Als dritter Bündnispartner würde Volt sowohl Grün-Schwarz als auch Grün-Rot zu einer etwas stärkeren Mehrheit verhelfen. Und eben das hält Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin für nötig, nicht nur wenn es um den Haushalt geht. „Wir haben das Ziel, für wichtige Entscheidungen eine breite Mehrheit zu bekommen“, sagte sie am Montag.

Alles zum Thema Henriette Reker

Die Vorsitzende der Kölner Volt-Ortsgruppe, Rebekka Müller, verwies auf die Vertraulichkeit der Gespräche. „Da, wo wir merken, dass eine Zusammenarbeit Erfolg haben kann, kooperieren wir“, hatte sie unlängst in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. Die Ratsgruppe Gut, die zwei Mandate hat und Schwarz-Grün in den zurückliegenden Jahren häufig unterstützte, würde jedenfalls einen Kooperationsvertrag unterschreiben; „auf einer ordentlichen inhaltlichen Basis“, wie deren Ratsherr Thor Zimmermann sagte.

Ungewohnte Rolle als tonangebende Partei

Die ungewohnte Rolle als tonangebende Partei, ihre Fraktion mit mehr als 50 Prozent Neulingen, die Konkurrenz von Volt und von Gruppen wie Klimafreude und Gut, der durch Corona eingeschränkte Politikbetrieb: all das dürfte dazu beitragen, dass sich die Sondierungsgespräche der Grünen hinziehen. Es geht darum, in einem ersten Schritt Gemeinsamkeiten sowie mögliche Konflikte zu benennen – und Vertrauen zwischen den Beteiligten zu schaffen.

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Mangel an tausenden Wohnungen

In einer wachsenden Stadt, in der es an tausenden Wohnungen fehlt, sei so etwas wohl kaum zu bewerkstelligen, widerspricht man in der SPD ebenso wie in der CDU. Inwieweit lassen sich die Grünen davon beeindrucken? „Die treten derzeit sehr breitbeinig auf, aber nach ihrem Wahlerfolg kann ich das nachvollziehen“, so ein erfahrener Ratspolitiker.

„Sorgfalt ist wichtiger als Geschwindigkeit“, sagt Grünen-Vorsitzender Frank Jablonski. Er hoffe, dass die Sondierungen in etwa zwei Wochen abgeschlossen sein werden. Danach werde die Verhandlungskommission die Parteimitglieder um einen konkreten Verhandlungsauftrag bitten. Ist die Grundsatzentscheidung für Schwarz oder Rot gefallen, kann es erfahrungsgemäß noch drei, vier Monate bis zu einem Kooperationsvertrag dauern.

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