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„Als Konsument wird man verarscht“Kölnerin führt in Sülz ein veganes Kosmetikstudio

Lesezeit 4 Minuten
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Carolin Remmert setzt auf vegane Kosmetik. 

  • In einer veganen WG in Berlin fing alles an. Carolin Remmert ernährte sich ohne tierische Produkte und spürte die positiven körperlichen Veränderungen.
  • Als ausgebildete Kosmetikerin stellte sie sich die Frage: „Warum will eigentlich niemand wissen, was er sich täglich ins Gesicht schmiert?“
  • In ihrem Kosemtikstudio in Köln-Sülz kommt sie ohne tierische Produkte und ohne Plastik aus: Sie führt ein veganes Studio.

Köln-Sülz – Es begann an einem Berliner WG-Kühlschrank – zumindest auch. Carolin Remmert war Anfang 20 und teilte sich mit anderen jungen Menschen eine Wohnung, die eine Gemeinsamkeit hatten: Sie ernährten sich vegan. Und so baten sie die aus Köln zugezogene Mitbewohnerin, kein Fleisch in die Kühlfächer zu legen.

Remmert respektierte den Wunsch – und kam eine Weile nicht mehr in Versuchung, tierische Produkte zu kaufen. „Ich habe mich monatelang vegan ernährt und habe gemerkt, welche positiven Veränderungen das auf meinen Körper hat“, erzählt sie, „auch weil ich an der Autoimmunkrankheit Hashimoto leide.“

Ausgebildete Kosmetikerin eröffnet veganes Studio

Ein Leben ohne tierische Produkte milderte deren Folgen ab – und verhalf ihr zu einem deutlich besserem Körpergefühl. Mittlerweile ist Remmert ein paar Jahre älter, wieder nach Köln zurückgekehrt und hat ein veganes und nachhaltiges Kosmetikstudio aufgemacht.

In Deutschland immer noch eine Seltenheit. Was in Berlin am Kühlschrank anfing, hat sich weiterentwickelt: Remmert hat sich seitdem stetig mit dem Thema vegane Ernährung befasst.

Weil sie auch ausgebildete Kosmetikerin ist, stellte sich ihr bald die nächste Frage: „Viele Menschen achten mittlerweile auf ihre Ernährung, aber warum will eigentlich niemand wissen, was er sich täglich ins Gesicht schmiert?“ Eine gezielte Recherche förderte die Antwort zu Tage: Mikroplastik, Mineralöl und Palmöl, beispielsweise.

„Die Plastikpartikel verstopfen die Poren“, weiß Remmert nun. „Wer sie ein halbes Jahr lang auf die Haut aufgetragen hat, kann sie gar nicht mehr so einfach wieder abbekommen. Die Kosmetikindustrie erfindet Inhaltsstoffe, die es gar nicht gibt. Als Konsument wird man wirklich verarscht.“ Die Listen der Inhaltsstoffe würden Kunden unlösbare Rätsel aufgeben, die Pinsel der Nagellacke seien extra so kurz, dass man sie nie aufbrauchen könne.

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Mit dem neuen Wissen reifte die Idee, sich des Themas Körperpflege ganz anders anzunehmen, in einem eigenen Schönheitssalon. Einen eigenen Laden zu haben, war sowieso ihr lang gehegter Traum. „Ich habe nach meiner Ausbildung zur Kosmetikerin noch eine kaufmännische Ausbildung gemacht, weil ich mir nie vorstellen konnte, nur als Angestellte in einem Studio zu arbeiten“, schildert Remmert.

Für die Selbstständigkeit fehlten ihr als Kosmetikerin aber zunächst die kaufmännischen Kenntnisse. Nachdem sie diese auch erlernt hatte, wusste sie durch ihre Erlebnisse in Berlin und weitere Erfahrungen schließlich, wozu sie sie benutzen könnte. „Im Leben wird man doch irgendwie geleitet“, findet sie. Alles habe seinen Sinn.

Kein Plastik, keine tierischen Produkte

Ihr vorläufiger Lebenssinn befindet sich nun an der Zülpicher Straße 241, wo sie einiges anders machen möchte als andere Kosmetikerinnen. In den Produkten, die sie verkauft und verwendet, befinden sich weder Plastik noch tierische Produkte wie Linolöl, Parabene oder Collagen. Sie wurden auch ohne jedwede Tierversuche hergestellt.

Remmert verwendet nur recycelte Kosmetiktücher, die waschbar sind, Q-Tipps sind tabu. Und sie macht nur, was ihr Spaß macht: Gesichtsbehandlungen und Massagen stehen vor allem auf dem Programm. Die Produktpalette ist überschaubar, denn Hersteller nachhaltiger und veganer Kosmetik sind rar. „Die Unternehmen unterliegen schnell der Versuchung Mikroplastik hinzuzufügen, um Geld einzusparen“, weiß sie. Zu ihren Lieferanten zählen ein Familienunternehmen in Italien und eine kleine Firma in Dänemark.

Podcast über die Mythen rund um das Thema Kosmetik

Gerade hat sich auch ein Unternehmen aus Mettmann gemeldet, das Kosmetik aus recyceltem Kaffeesatz herstellt. Und auch selbst hat sie noch einige Ideen. „Ich möchte einen Podcast für meine Homepage produzieren, um mit den Mythen rund um das Thema Kosmetik aufzuräumen.“ Viele Menschen glaubten, eine Katzenwäsche mit kaltem Wasser reiche, um das Gesicht zu reinigen. Dabei müsse es lauwarm sein, und Gesichtswasser sei sinnvoll. 

Sie hat schon abenteuerliche Dinge erlebt, eine Kundin wusch sich mit Vaseline. Remmert klärt gerne über Irrtümer auf. Grundsätzlich sei sie aber nicht sehr ideologisch, betont sie. „Ich werde auch einmal schwach und esse Ziegenkäse, und wenn jemand mit seiner Drogeriemarktketten-Creme zufrieden ist, ist das für mich ok.“ Sie möchte niemanden bekehren – aus eigener schlechter Erfahrung: „Ich habe es in Parfümerien immer gehasst, wenn mir jemand eine 100-Euro-Creme aufschwatzen wollte.“

Just care beauty, Zülpicher Straße 241, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag nach Vereinbarung 

www.justcare-beauty.de

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