„Das ist Volksverständigung“Ostdeutsches Double startet DDR-Podcast – aus Köln-Sülz

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Danny Frede und Alexander Derno sind die beiden Macher des Podcasts „Ostkinder 80/82“.

Köln-Sülz – „Im Grunde genommen geht es uns um Völkerverständigung. Man kann auch sagen Volksverständigung“, erläutert Danny Frede schmunzelnd, mit Alexander Derno einer der beiden Macher des Podcasts „Ostkinder 80/82“. „Wir sind in der DDR aufgewachsen und leben heute beide hier in Köln. Unsere Kernfrage ist: Was hat unsere Kindheit in der DDR mit uns gemacht?“

Denn die Unterschiede zu anderen Gleichaltrigen mit reiner „West“-Sozialisation holten einen in Gesprächen immer wieder ein – man habe als Kind andere Fernsehserien geschaut, andere Süßigkeiten gegessen, und vieles mehr.

Zwischen Köln und DDR: Podcast für „Volksverständigung“

„Wir haben festgestellt, dass ganz viele ungefähr zur gleichen Zeit wie wir aus den neuen in die alten Bundesländer gekommen sind“, ergänzt Derno, der in Sülz lebt, Frede in Zollstock. „Also muss es viele Menschen geben, denen es genauso geht wie uns.“ Denn der politische Osten Deutschlands sei nun mal eine Transformationsgesellschaft.

„Viele aus der früheren DDR hatten ihren Job verloren und ihre bisherige Tätigkeit gewechselt. Von heute auf morgen galten andere Regeln. Man wurde mit Werbung bombardiert und manchmal auch betrogen. Für uns war halt alles neu“, merkt Frede an, der abseits des Podcasts als freiberuflicher Künstler arbeitet. Vor zwei Jahren begann das Podcast-Projekt der beiden Freunde Gestalt anzunehmen; der Titel steht dabei für die beiden Geburtsjahrgänge der Jungs.

Bereits 33 Ausgaben sind online

Alexander Derno, in Rostock aufgewachsen und in der Unternehmens-Kommunikation tätig, und der aus Nord-Thüringen stammende Danny Frede, kamen um die Jahrtausendwende nach Köln und lernten sich um 2005 herum kennen – und entdeckten nach und nach ihre Gemeinsamkeiten und Parallelen. Mittlerweile hat das hochkreative Duo 33 Ausgaben produziert, die zusammen eine Laufzeit von einem Tag, 20 Stunden und 38 Minuten haben.

Ungefähr alle drei bis sechs Wochen – je nach Zeit und Auslastung der beiden – kommt eine weitere Folge hinzu. „Manchmal lernen wir uns sogar in den Folgen noch etwas besser kennen“, berichtet Derno lachend. Die erste Idee, gemeinsam einen solchen Podcast zu machen, hatten beide 2019. Ein Jahr später setzten sie ihr Vorhaben in die Tat um. „Insofern ist es kein typisches Corona-Projekt gewesen, denn die Idee bestand ja schon vorher“, so Frede.

Zwischen Bierverkostung, Politik und Ortskunde

Jede Folge besteht aus drei Teilen. Am Anfang ist das „Wort“ – ein wechselndes Schlagwort, zu dem die beiden dann improvisieren. Das kann etwa „Schulweg“ oder „Rollschuhe“ sein, und nach und nach kommen die alten Erinnerungen und Assoziationen hervor. „Wir beide haben Erinnerungen an die damalige Zeit. Gemeinsam überprüfen wir, ob sie heute noch stimmen“, erläutert Derno.

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An zweiter Stelle geht es um ein Thema, das die beiden ausführlich behandeln, etwa die Kleingärten oder die einstige Währung, die Ostmark der DDR. Den letzten Teil bildet die „Heimatkunde“: Sie stellen ein wechselndes Bier aus den neuen Bundesländern vor, und vor allem den dazugehörigen Herkunftsort – und probieren dieses dann natürlich.

„Die ostdeutsche Historie geht weit über die DDR hinaus. Etliche Orte, aus denen die Biere stammen, sind schon hunderte Jahre alt“, merkt er an. Neben den drei Bestandteilen gibt es, bei aller Lockerheit des Formats, für die beiden dennoch drei feste Prinzipien: Es ist ausdrücklich kein „Ostalgie“-Podcast – frei nach dem Motto „Früher war alles besser…“ –, es gibt kein Gejammer und kein Gelaber, also keinen austauschbaren Alltags-Smalltalk. Und es wird „live on tape“ gesendet, ohne nachträgliche Schnitte oder Bearbeitung. Obwohl der Podcast nicht primär politisch ist, sind kleine politische Debatten natürlich nicht ausgeschlossen.

Der Podcast dient auch als Beziehungsratgeber

Die beiden beobachten, dass die politische Ost-West-Geografie immer noch in den Köpfen steckt, und die neuen Bundesländer oft als einheitlicher Block gesehen werden. „Wenn ich sage, dass ich aus Norddeutschland komme, denken die meisten an Hamburg oder Bremen, aber kaum jemand an Rostock.“ Ebenso sei es mit Thüringen, das nicht primär im Osten, sondern fast genau in der geografischen Mitte Deutschlands liegt.

Als „Fischkopp“ und „Thüringer Bratwurst“ ziehen sich die beiden selbst gegenseitig auf. Als Podcaster haben die beiden zahlreiche Dinge gelernt, die sie zuvor noch nicht wussten – etwa, dass im Wasserwerk des sachsen-anhaltinischen Colbitz bis heute ein Krokodil lebt – ein Geschenk aus Mali, da der ehemalige Werksleiter beim dortigen Aufbau der Wasserversorgung mitgeholfen hatte.

Oder dass es im legendären „Palast der Republik“ 16 Restaurants gab. „Dort bin ich außerdem das erste Mal in meinem Leben Rolltreppe gefahren. Ich erinnere mich auch an das Eis, das ich mir da geholt habe“, blickt Frede zurück. Oder dass der Beruf eines Kranführers in der DDR fast ausschließlich weiblich war. „Wir haben sogar schon die eine oder andere deutsch-deutsche Beziehung gerettet. Etliche Pärchen, die ich kenne, hören den Podcast, auch um den Partner aus dem anderen Landesteil besser zu verstehen.“

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