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Ärger im ViertelHistorisches Gemeindehaus in Braunsfeld soll verkauft werden

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Backsteinexpressionismus – das Haus der evangelischen Kirche

Backsteinexpressionismus – das Haus der evangelischen Kirche

Köln-Braunsfeld – Die dunkelrot-braunen Ziegel bilden einen reizvollen Kontrast zu der sachlichen Architektur. Das Gebäude an der Ecke Christian-Gau-, Voigtelstraße ist ein Stück Backsteinexpressionismus, beeinflusst vom Bauhaus und dem Geist der 20er-Jahre. Als solches ist es auch in dem Bildband „Köln Braunsfeld-Melaten“ des ehemaligen Direktors am Kölnischen Stadtmuseum, Max-Leo Schwering, aufgeführt.

Das Gemeindehaus zeugt nicht nur von Baukultur. Es ist auch in anderer Hinsicht historisch bedeutend. Es war lange das Heim der evangelischen Clarenbachgemeinde und ein wichtiger Treffpunkt für junge und alte Gemeindemitglieder. Viele Viertelsbewohner verbrachten dort als Konfirmanden viele Stunden. Die Friedensinitiative Braunsfeld-Müngersdorf traf sich dort.

Gemeindehaus steht zum Verkauf

Jetzt trennt sich die Gemeinde von dem Gebäude. Sie baut an der Peter-von-Fliesteden-Straße neu und verkauft das alte Haus – über das Unternehmen Engel und Völker Commercial, das Immobilien an Investoren und Privatanleger vermittelt. Uwe Zimmermann, Pfarrer der Gemeinde, bestätigt: „Auf die öffentliche Ausschreibung sind inzwischen Angebote von privaten und institutionellen Interessenten eingegangen“, schildert er. „Alle Angebote werden von uns sorgfältig geprüft.“

Der Ärger im Viertel über dieses Vorgehen ist groß. Der Braunsfelder Klaus Arras schildert die Gründe: „Einige Anwohner hatten überlegt, ob sie das Haus vielleicht in Gemeinschaft erwerben könnten, erzählt er. „Dann haben sie erfahren, dass das Presbyterium es vorbei am Markt für Privatinteressenten gezielt im kommerziellen Bereich als Entwicklungsgrundstück angeboten hat, für Gebote um drei Millionen. Wir sind entsetzt, dass ausgerechnet die Kirche das Gebäude mit dem Ziel der Gewinnmaximierung direkt auf den Markt der Investoren und Projektentwickler setzt.“

In der Anzeige würde genau mit den Dingen geworben, wie dem alten Baubestand und dem gewachsenen Viertel, die ein solcher Investor zerstöre. Der Abriss des Gebäudes und die maximale Ausnutzung des Grundstücks würde die Wohnsituation in dem Bereich grundlegend verändern.

„Gentrifizierung des Viertels“

Das nehme die Kirche nicht nur hin, sondern habe es sogar gezielt eingeleitet. „Sie sucht den Schulterschluss mit den aggressivsten Investoren, die aus einem solchen Preis noch einen Gewinn herausarbeiten“, kritisiert Arras. „Sie trägt auf diese Weise aktiv zur Steigerung der Wohnungspreise und zur Gentrifizierung des Viertels bei und fördert soziale Spaltung auf dem Wohnungsmarkt.“

Die Bezirkspolitiker sind ebenfalls von dem Vorgehen des Presbyteriums irritiert. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler versteht den Ärger der Braunsfelder: „Die Vermarktung an potenzielle Investoren, die sich damit eine goldene Nase verdienen, ist mehr als unsensibel und ist sehr kritisch zu sehen, vor allem im Hinblick auf den Anspruch, für christliche Werte zu stehen, den die Gemeinde ja hat“, kommentiert er. Bei dem Gebäude handele es sich um eines, zu dem viele Menschen eine emotionale Verbindung haben. Es sei ein wichtiger Teil des Gemeindelebens. Daher müsse man überlegen, wie man es erhalten kann.

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„Man könnte es beispielsweise den Antonitern oder der Diakonie für betreutes Wohnen anbieten“, schlägt Schüler vor, „oder einer anderen öffentlicher Nutzung bereitstellen.“ Auch Marliese Berthmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion, möchte aktiv werden und das Gespräch mit dem Presbyterium suchen, damit es sich vielleicht doch auf eine andere Art des Verkaufs einlässt.

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