Aktionskünstler verteilt TierfigurenRot-weiße Raben in Köln sollen Hoffnung machen

Lesezeit 3 Minuten
Raben1

Auf dem Straßenschild an der Leichtensternstraße in Sülz sitzt ein rot-weißer Rabe. 

Köln-Sülz – Im rot-weißen Jecken-Gewand sitzen sie auf Straßenschildern, auf Zäunen und wo sie auch sonst immer mit Hilfe von Kabelbindern Halt finden. Das Straßenschild „Leichtensternstraße“ etwa ist rabengeschmückt, das Geländer der Fußgängerbrücke, die vom Beethovenpark in den Äußeren Grüngürtel führt, immer einmal wieder, bevor sie dort wieder jemand entwendet, der ehemalige Lastkran im Rheinauhafen. Die Raben sind los.

Raben stehen für Überlebenswillen

Es handelt sich selbstverständlich nicht um lebende Tiere, sondern um Kunstobjekte. Das rot-weiße Flatterband ist keine Hommage an das kölsche Lebensgefühl, sondern Teil und Ausrufezeichen hinter der Aussage, die ihr Urheber, der Künstler Dennis Josef Meseg, mit seiner Installation im öffentlichen Raum tätigen möchte: „Der Rabe ist für mich ein Symbol für Anpassung und Überlebenswillen“, so schreibt er auf seiner Homepage. Meseg ist ein Fan des großen Vogels. „Raben sind hochintelligent“, sagt er. „Sie sind in der Lage, erlernte Informationen von Generation zu Generation weiterzugeben.“ Insofern sieht er eine Ähnlichkeit zu den Menschen. „Es gibt sie auch bereits seit Tausenden von Jahren. Sie haben ebenfalls den widrigsten Umständen getrotzt.“ So wünscht Meseg es sich auch weiterhin für die Menschheit.

1000 Raben sind Teil des Corona-Mahnmals

Das Projekt „1000 Raben“ ist Teil eines größeren, seines Corona-Mahnmals mit dem Titel „It is like it is“, das Meseg während der Pandemiezeit entwickelte. „Ein winziges Virus“, so beschreibt er, „hat geschafft, wovon die Großen und Mächtigen dieser Welt so gerne träumen: Es beherrscht alle Gedanken, ausnahmslos. Niemand, egal aus welcher Bevölkerungsschicht, egal ob jung oder alt, kommt am Thema „Corona“ vorbei. Es verfolgt uns rund um die Uhr. Ein tödlicher Equalizer, der die Menschen gedanklich gleichschaltet und auf nie gekannte Art vereint, in ihrer Angst, ihren Verlusten, ihrer Einsamkeit und Not.“

Mit seiner Installation möchte Meseg das Unfassbare fassbar machen. Er begann mit Hilfe von Schaufensterpuppen: „Vor der Pandemie präsentierten sie noch in den Auslagen der Geschäfte die überbordende Fülle lebensbejahender, bunter Kleidung“, kommentiert er. In seiner Installation stehen sie mit rotweißem Flatterband uniformiert beieinander, nur noch unterscheidbar in ihrer Körpergröße, untergegangen in der Massennotlage. Das Band mit seinem schreienden Farbkontrast, das auch zur Kennzeichnung von Gefahrenstellen verwendet wird, dokumentiert laut Meseg die unüberwindbare Trennung, die das virusbedingt eingeschränkte Leben und die Beschneidung der Grundrechte der Menschen mit sich bringen. „Eine vertraute Gemeinschaft wird aufgelöst in eine Herde aus Individuen“, sagt er, „alle separiert, und ein jeder sich sehnend nach vertrauter Nähe.“

Die Raben gesellten sich vor einiger Zeit dazu – als Zeichen der Hoffnung. Denn die gefiederten Tiere sind Überlebenskünstler – wie der Mensch. Als leuchtende Mahnung sitzen die rotweißen Raben nun bereits nicht nur an vielen Stellen in Köln, sondern überall auf der Welt. Sie haben es nach Schottland, nach Kapstadt, nach Kirgisistan und auf den Eifelturm geschafft – dank der Hilfe von vielen Fans, die sich an dem Projekt beteiligen. „Es ist ein Mitmachprojekt“, sagt Meseg. „Wer weitere Raben aufstellen möchte, ist herzlich willkommen.“

KStA abonnieren