An Weihern zu beobachtenDas Liebesleben der Kölner Erdkröten beginnt

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Im seichten Wasser des Adenauer-Weihers haben sich hunderte fortpflanzungsbereite Erdkröten versammelt.

Im seichten Wasser des Adenauer-Weihers haben sich hunderte fortpflanzungsbereite Erdkröten versammelt.

Müngersdorf – Es gibt männliche Exemplare, die auf jeden und alles hüpfen, was irgendwie weiblich wirkt und nicht bei „drei“ im Strauch verschwunden ist – so ist es derzeit besonders oft bei den Fröschen und Kröten. Gerade können die Besucher des Adenauer-Weihers und anderer stiller Gewässer in Köln die hiesigen Erdkröten bei ihrem variantenreichen Paarungsverhalten beobachten.

Zu hunderten belagern sie sich gegenseitig im seichten Wasser am Weiherrand, manchmal sogar in mehreren Schichten. Einige sind lehrbuchmäßig zu zweit unterwegs, andere lassen sich von einem Rivalen, der bereits auf einem Weibchen Platz genommen hat, nicht abhalten, sich auch noch darauf zu setzen. Manchmal bildet sich so ein regelrechter Krötenturm oder -knäuel. Es scheint auch zu einigen Verwechslungen zu kommen. Denn der eine oder andere Artgenosse saugt sich beharrlich an einem Stein fest.

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David Hörnes, Biologe beim Kölner Umweltamt, kann einiges zu dem alljährlich auftretenden Phänomen sagen. Der Fortpflanzungstrieb bringe die eigentlich nachtaktiven Tiere dazu, den Schutz der Dunkelheit zu verlassen und sich tagsüber im Weiher zu tummeln. Die Männchen klammern sich an alles, was für sie wie eine weibliche Kröte aussieht. Das könne dann auch schon einmal die Gummistiefelspitze eines Zweibeiners sein. Das eigentümliche Aufeinanderhocken bei der Krötenpaarung hat einen wissenschaftlichen Namen: Amplexus. „Bei der Umklammerung versuchen die Kröten ihre Körperöffnungen möglich nah zueinander zu bringen“, erläutert Hörnes. „Die Befruchtung findet außerhalb des Körpers statt. Wenn die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, müssen die Männchen die Spermien möglichst genau darüber geben.“ Bis zu 6000 Eiern könnten die weiblichen Kröten legen. Davon müssten möglichst viele befruchtet werden.

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BUND fordert mehr Amphibientunnel

Gerade in dieser Zeit kümmert sich der BUND besonders um die Kröten – weil bei ihren Wanderungen in die Weiher der Stadt und zurück zu ihrem Lebensort auf dem Land zunehmend Gefahren lauern. „Wir stellen an den viel befahrenen Straßen Schutzzäune für die Kröten auf“, schildert Holger Sticht, Vorsitzender der Kreisgruppe Köln des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Das erfordert allerdings viel ehrenamtlichen Einsatz, denn die nächtlich wandernden Tiere, die von dem Zaun aufgehalten werden und dann dort in den dafür aufgestellten Eimern sitzen, müssten dann jeden Morgen auf die andere Straßenseite gebracht werden, von wo aus sie weiterwandern. „Wir benötigen viel mehr Amphibientunnel in der Stadt“, betont Sticht, „also Tunnel unter der Straße, durch die die Tiere sich bewegen können.“ Man müsste bei Bauprojekten auch an solche Vorrichtungen denken.

Im Kölner Stadtgrün leben schließlich einige Amphibien – neben der Erdkröte vor allem auch der Grasfrosch, der Teich- und der Bergmolch. „Die Bestände gehen leider zurück“, so Sticht. Das liege zum einen daran, dass der Autoverkehr in der Vergangenheit stark zugenommen habe, zum anderen aber an der wachsenden Zersiedlung der Landschaft. „Wenn die Populationen durch eine Straße oder Versiegelung getrennt und zu klein werden, sterben sie aus.“ Sie bräuchten eine bestimmte Mindestzahl, um den Genpool frisch zu halten. Sonst gingen sie durch Inzuchtprobleme zugrunde. Und natürlich müsse das Grün als Lebensraum erhalten werden. „Es handelt sich um Landtiere. Ins Wasser gehen sie nur zur Fortpflanzung, wie jetzt gerade.“

Denn um den abgelegten Laich kümmern sich die Eltern nicht mehr weiter und der Amphibiennachwuchs steht in der Nahrungskette ganz unten. Die sich in zwei bis drei Wochen daraus entwickelnden Kaulquappen enden zum allergrößten Teil als Fischfutter. „Weniger als ein Prozent des Laichs wird tatsächlich ein ausgewachsener Frosch oder eine Kröte“, sagt Hörnes. Ungefähr zwei bis zu vier Monate dauere es, bis eine Kaulquappe die dafür nötige Metamorphose vollzogen, nämlich Lungen entwickelt habe, während der Schwanz sich zurückbildet. Dieser Prozess geschehe bei den wechselwarmen Amphibien umso schneller je wärmer es ist. Ab Ende Mai könnten die Besucher dann winzig kleine Kröten aus dem Weiher in Richtung Wald, Wiesen und Felder hüpfen sehen.

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