Anna-Freud-Schule in Köln-MüngersdorfAbschied von Leiter Ludwig Gehlen

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Ludwig Gehlen (hintere Reihe links) und Schüler bei einer Veranstaltung im Kölner Rathaus.

Ludwig Gehlen (hintere Reihe links) und Schüler bei einer Veranstaltung im Kölner Rathaus.

Müngersdorf – Was ist Freiheit? Das ist eine philosophische Frage. Die Antwort kreist um Selbstbestimmung und Autonomie, ganz allgemein. Für Oberstudienrat Ludwig Gehlen, der die Fächer Deutsch und Philosophie unterrichtet und 17 Jahre lang die Anna-Freud-Schule für Körperbehinderte geleitet hat, steht eine konkrete Spielart der Frage und die Suche nach einer Antwort darauf im Zentrum des Bildungsauftrags: Wie kann ich Dinge möglichst selbstständig tun? Darum habe sich für ihn der Schulalltag an der Förderschule gedreht, um angewandte Philosophie.

Eine zentrale Aufgabe war es für Gehlen, seinen Schützlingen zu einem Optimum an Entfaltungsfreiheit zu verhelfen. „Unsere Schüler sollen so viele Möglichkeiten haben wie möglich, sich entsprechend ihrer Neigungen zu entwickeln“, betont er „Wir haben drei Säulen aufgebaut.“ Die eine davon umfasst kulturelle Bildung, wie Kunst und Musik, die zweite den Sport, zum dritten Bereich gehört alles, was mit Naturwissenschaften zu tun hat. Allerdings, so der Schulleiter, sei das nicht in erster Linie sein Verdienst, sondern ohne sein engagiertes Kollegium gar nicht möglich gewesen.

„Wir haben beispielsweise vor einigen Jahren eine Kollegin bekommen,die klassische Tänzerin ist“, erzählt er. Schnell habe sich eine Gruppe tanzbegeisterter Schüler gefunden, die mit ihr trainiert. „Wir haben zum Beispiel Musiklehrer, von denen zwei Sonderpädagogen sind“, betont er und zählt weitere Angebote auf: Es gibt einen Schreibwettbewerb, regelmäßig eine Skifreizeit, die Abteilung „Anna taucht“. Ein kanu-affiner Kollege hat den Verein „Anna paddelt“ gegründet. Über Drittmittel konnte die Schule spezielle Boote gießen lassen, in denen Schülerinnen und Schüler, die im Hüftbereich nicht so stabil sind, mehr Halt finden. So sei aus der Anna-Freud-Schule viel mehr geworden als nur die einzige Förderschule in Köln, die eine gymnasiale Oberstufe anbiete, sagt Gehlen.

Dabei ist der Mann, der die vergangenen 17 Jahre entscheidend daran mitgewirkt hat, zufällig in Köln gelandet „Eigentlich wollte ich lieber in einer kleinen Universitätsstadt studieren“, so Gehlen. Doch einen Studienplatz gab es dann in Köln. Geboren wurde er in einem kleinen Ort in der Nähe von Düren. Nahe der holländischen Grenze wurde er groß. Auch an die Anna-Freud-Schule verschlug es ihn durch Zufall. Nach seinem Studium der Fächer Philosophie, Deutsch, und Theater- Film- und Fernsehwissenschaften sowie dem Referendariat bekam er eine halbe Stelle am Georg-Büchner-Gymnasium und eine halbe Stelle an der Förderschule angeboten. „Damals war die Situation für Lehrer so, dass wir froh sein konnten, überhaupt etwas zu finden“, erinnert er sich.

Lange Zeit arbeitete er an beiden Schulen. Dann zog es ihn vollends an die Förderschule. Er studierte noch Sonderpädagogik, wurde erst Oberstufenkoordinator und 2001 Schulleiter. Nicht nur seine Schüler hätten in der Zeit an der Schule viel gelernt, er selbst auch, betont er. Jetzt aber freut er sich darauf, das Berufsleben und die linke Rheinseite hinter sich zu lassen.

Zuhause in Porz möchte er nun erst einmal das Rentnerdasein genießen. „Ich bin froh, wenn nun Ruhe einkehrt“, so Gehlen.

Die Selbstverantwortung fördern

DIE SELBSTVERANTWORTUNG FÖRDERN

Die Anna-Freud-Schule des Landschaftsverbands Rheinland fördert Schülerinnen und Schüler mit Körperbehinderungen, chronischen sowie psychosomatischen Erkrankungen und bietet auch eine gymnasiale Oberstufe an. Nach dem sonderpädagogischen Konzept der Schule versuchen Lehrer, Therapeuten und Pfleger, die Stärken und Kompetenzen der derzeit 290 Schülerinnen und Schüler ganzheitlich zu unterstützen. Die Förderung der Selbstverantwortung hat einen hohen Stellenwert. Die Schule bietet weiter entfernt lebenden Schülern auch die Möglichkeit, während der Woche in einem Internat– dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus – zu wohnen. (se)

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