Aus für Kölner RestaurantGastronom klagt über zu „freizeitorientierte Generation“

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Remise

Das ehemalige Herrenhaus des Vierkanthofs an der Wendelinstraße: In der Remise war „Jan’s Restaurant“ untergebracht. 

  • Die Kölner Gastro-Szene verliert ein weiteres Restaurant – „Jan's Restaurant“ in der Remise in Müngersdorf ist geschlossen.
  • „Es gibt einfach keinen Nachwuchs mehr“, klagt Betreiber Jan Nolte. Am Ende musste er daher fast alles alleine machen.
  • Die Hintergründe zur Schließung lesen Sie mit KStA PLUS.

Müngersdorf – Das Viertel ist nicht gerade für sein Nachtleben bekannt. Doch Müngersdorfer, die etwas erleben wollten, hatten mit „Jan’s Restaurant“ in der Remise an der Wendelinstraße immerhin in kulinarischer Hinsicht eine verlässliche Anlaufstelle. Denn Inhaber Jan Nolte kreierte hier alle Abende wieder sein beliebtes Überraschungsmenü und gab seinen Gästen so die Gelegenheit, sich durch das aktuelle Marktangebot zu probieren. Er verarbeitete es auf einfallsreiche Art zu fünf Gängen, mit Schwerpunkt auf der deutsch-französischen Küchenkunst.

Kölner Restaurant bereits seit Ende 2019 geschlossen

Seit Ende vergangenen Jahres ist allerdings Schluss mit der Schlemmerei in der romantischen Kulisse des alten Vierkanthofs. Jan Nolte hat sein Restaurant geschlossen. Dafür hat er zwei Gründe: „Die Eigentümerin der Remise ist im Sommer 2018 verstorben, und der Sohn möchte das Ganze in Eigentumswohnungen umwandeln,“ schildert er. Die ehemalige Reithalle, die Nolte zuletzt für Hochzeitsfeiern nutzte, und das Herrenhaus, in dem die Eigentümerin lebte, werden zu Wohngebäuden umgebaut. „Ich möchte aber nicht auf einer Baustelle sitzen.“ Ein Wohngebäude und das Restaurant passten zudem nicht so recht zusammen. Entweder würden sich die neuen Anwohner von dem Restaurantbetrieb gestört fühlen oder umgekehrt.

Hinzu kommt aber auch eine weitere Entwicklung in der Branche, die es vielen Restaurantbetreibern schwer macht: „Es gibt einfach keinen Nachwuchs mehr“, klagt Nolte. Insgesamt sei das in den meisten Handwerksberufen so.

Unbeliebte Arbeitszeiten in der Gastronomie

In der Gastronomie liege es vor allem auch an den Arbeitszeiten. „Die neue Generation ist sehr freizeitorientiert“, sagt Nolte. „Deswegen ist unsere Branche vom Aussterben bedroht.“ Aus demselben Grund hatte jüngst Fabio Tiozzo in Sülz sein Da Siro aufgegeben.  „Ich habe die Küche die vergangenen 14 Monate allein geschmissen“, erzählt er.

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Jan Nolte will keinen 16-Stunden-Tag mehr. 

„Wenn man dann in der Weihnachtszeit 300 Gäste in der Woche bewirtet, ist das Selbstmord auf Raten.“ Um 8 Uhr begann sein Tag mit einer Einkaufstour und Vorbereitungen für den Abend. Nachmittags erledigte er die Büroarbeit. Und wenn er abends sein Restaurant schloss, war er 16 Stunden im Einsatz.

Kochen wollte Jan Nolte schon immer

Als Nolte selbst seine Ausbildung zum Koch begann, klärte ihn sein Chef auf: Er müsse dann arbeiten, wenn seine Freunde frei haben und umgekehrt. Das schreckte den ambitionierten jungen Mann damals nicht ab. Kochen war seine Leidenschaft. „Ich wollte schon Koch werden, als ich in der ersten Klasse war“, erzählt Nolte. Damals eroberten auch immer mehr Kochsendungen die Sendeplätze im Fernsehen. Mit „Lirum, larum, Löffelstiel“, benannt nach einem alten Volkslied, weckte das Fernsehen seit 1974 auch das Interesse der jungen Zuschauer an dem kreativen Handwerk.

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Damals war Nolte vier Jahre alt und lebte im Sauerland. Nach dem Schulabschluss absolvierte er dort seine Ausbildung zum Koch, machte den Meister, tingelte durch Restaurants in Österreich und Deutschland, kochte lange im Schloss Loersfeld in Kerpen, bevor er sich 1997 mit „Jan's Restaurant“ selbstständig machte, zunächst in Olpe, dann in der Kölner Innenstadt. Weil ihm dort eine Terrasse fehlte zog er dann mir seinem Restaurant nach Müngersdorf.

Umzug in die Remise in Köln-Müngersdorf

Es war Liebe auf den ersten Blick. „In der Remise passte alles“ schwärmt Nolte. „Das Ambiente, die Terrasse bis hin zur alten Reithalle.“ Die Eigentümerin hatte sie ihm als Veranstaltungshalle für Hochzeiten zur Verfügung gestellt. Im Winter hatte er für seine Gäste ein lauschiges Plätzchen am Kamin, im Sommer draußen auf der Terrasse und im Innenhof.“ Viele Stammgäste feierten in seinem Restaurant ihre Kommunion und später ihre Hochzeit. Doch es wurde schwieriger.

Während der potenzielle Nachwuchs zunehmend auf freie Wochenenden erpicht war, nahm die Arbeit zu. „Früher musste man gut kochen“, so Nolte, „dann lief das. Heute muss man Finanzbuchhalter, Kaufmann und Werbefachmann sein. Die Auflagen der Stadt zur Hygiene werden immer härter.“ Ein Restaurant zu eröffnen, sei gleichzeitig absurd leicht.

Neues Projekt: Jan's Private Cooking

Man müsse nur einen Tageskurs bei der Industrie- und Handelskammer absolvieren, so Nolte „Frikadellenschein“ genannt. Weitere Qualifikationen seien nicht nötig. So herrsche in den Lokalen heute eine Fluktuation an Betreibern, statt gleichbleibender Qualität. Nach seiner langen Zeit in der Remise, fand Nolte, dass es an einem anderen Ort nur noch schlechter werden könnte. Und irgendwie ist es mit den Restaurants wie mit Kindern: „Ich war 23 Jahre mit drei Lokalen selbständig. Ein viertes kam für mich nicht infrage.“

Nolte hat das Kapitel in seinem Leben abgeschlossen. Ein neues geht auf: Unter dem Titel „Jan’s Private Cooking“ bereitet er nun das Lieblingsmenü seiner Gäste in ihrer eigenen Küche zu – und sie werden so selbst zu Gastgebern. Sein Konzept, findet er, passe perfekt in die moderne Zeit, zu Menschen, die sonst Babysitter organisieren müssen oder überlegen, in welchem Lokal sie nach dem Restaurantbesuch noch zusammensitzen können. Oft sei das eigene Heim mit der schönen großen Wohnküche heute der perfekte Ort für ein gemeinsames Essen.

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