Bau der UmgehungsstraßeKölner sind verärgert über Rodungen am Militärring

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Militärring Weiser

An der Südseite der Luxemburger Straße, Ecke Militärring, wurden für den Bau der Umgehungsstraße zahlreiche Bäume gerodet.

Köln-Klettenberg – Es ist wie bei einem Kartenspiel, findet zumindest Roland Schüler, Verkehrsexperte der Bezirksvertretung Lindenthal. „Es kommt immer darauf an, welcher Trumpf welchen sticht“, sagt er. Im Falle des Areals am Verkehrsknotenpunkt Militärring, Luxemburger Straße, sei es eigentlich klar, welche Karte gewinnen müsste: Der neue Plan im Hinblick auf seine Gestaltung sollte dem älteren vorgehen, so meint er.

Und eigentlich dürfe es auch gar nicht sein, dass einer den anderen übertrumpft, es also zwei verschiedenen Pläne für dasselbe Gebiet gibt. Tatsächlich hat der zuständige Landesbetrieb Straßenbau NRW es aber in zwei verschiedenen Planfeststellungsverfahren erfasst – und nun südlich der Luxemburger Straße und westlich des Militärrings eine breite Schneise hoher Bäume gerodet.

Bau der Umgehungstraße 

Es ist bereits der zweite Eingriff in den äußeren Grüngürtel. Anfang vergangenen Jahres wurden die Bäume auf der gegenüberliegenden Seite nördlich der Luxemburger Straße abgeholzt. Die Rodungen führten zu viel Protest von Seiten der Politik und der Anwohner. Sie basieren auf dem älteren Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2009, der die Basis für den Bau der Ortsumgehungsstraße Hürth-Hermülheim bildet.

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Baumstämme stehen am Straßenrand nach der Rodung.

Die Idee für die Umgehungsstraße stammt aus den 60er-Jahren – und wurde erst viel später in die Tat umgesetzt. Nachdem eine Klage gegen das Vorhaben 2014 abgewiesen wurde, erfolgte 2015 der erste Spatenstich. In den langen Jahren ist aber nun ein anderes Vorhaben hinzugekommen – und zwar soll die Kreuzung Militärring/Luxemburger Straße umgebaut werden. Dafür läuft nun ein neues Planfeststellungsverfahren beim Landesbetrieb Straßenbau NRW.

Kreuzung Militärring/Luxemburger Straße soll umgebaut werden

Der abschließende Beschluss steht allerdings noch aus. Bürger und Politiker kämpfen in diesem Verfahren noch in Form von Einwendungen gegen einen solchen Ausbau des Knotenpunktes. Wenn sie Erfolg haben, wären Baumfällungen nicht erforderlich. Laut Auskunft des Betriebs ändert das laufende Verfahren aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Rodungen, weil sie auf der Basis des alten Verfahrens geschehen: Das neue Planfeststellungsverfahren hat auf unsere laufende Baumaßnahme und den Beschluss aus 2009 keinen Einfluss“, schreibt der Pressesprecher, der Regionalniederlassung Ville-Eifel, Torsten Gaber.

„Es ist im Gegenteil so, dass ein künftiger Planfeststellungsbeschluss in diesem Bereich ihn ergänzt und an die aktuelle Situation, wie sie durch uns derzeit gebaut wird, angepasst werden wird.“ Es gäbe generell keine doppelte Beplanung für Areale. „Wir sprechen hier von einer sogenannten Überplanung“, sagt Gaber, „das ist sozusagen ein Zusatz zum Ist-Zustand, wie er aktuell auf Basis des ersten Beschlusses hergestellt wird.“

Kölner Verkehrsexperte kritisiert „doppelte Planung“ 

Roland Schüler sieht das anders: „Tatsache ist und bleibt, dass wir für einen Teilbereich einen alten, rechtsgültigen Feststellungsbeschluss und ein neues Planfeststellungsverfahren haben. Somit gibt es eindeutig eine doppelte Planung für diesen Bereich,“ kritisiert er. Der Landesbetrieb Straßen NRW spräche von eine „Überplanung“ eines Ist-Zustandes, den es noch gar nicht gäbe.

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„Rein rechtlich ist von der Bezirksregierung wie von Juristen geklärt, dass der alte Planfeststellungsbeschluss Rechtskraft hat und somit gerodet werden kann“, gibt er zu. Ob dieses Vorgehen allerdings sinnvoll ist, bezweifelt er: „Die Frage ist, inwieweit ein vierspuriger Ausbau der Luxemburger Straße zwischen Hürth-Hermühlheim und der Kreuzung Militärring für den Autoverkehr mit schmalen Geh-und Radwegen, heute noch Sinn macht,“ sagt Roland Schüler. Die Umgehungsstraße sei vielleicht bis zur Autobahnauffahrt sinnvoll, aber nicht von dort weiter bis auf das Kölner Stadtgebiet, wodurch mehr Autoverkehr besser nach Köln gelange und die Luftverschmutzung sowie der Lärm stiegen.

Ein Update der Bauvorhaben ist notwendig 

Lindenthals stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) hält es auch für sinnvoll, die alten Pläne noch einmal zu überprüfen: „Es handelt sich dort ja um ein Landschaftsschutzgebiet, wo Eingriffe in die Natur und Landschaft möglichst zu vermeiden und – wenn das nicht geht – zumindest zu minimieren sind“, sagt sie. „Fehler in dem alten Planfeststellungsverfahren sind zwar nicht ersichtlich, aber wenn sich angesichts modernerer Sichtweisen die Herangehensweise an solche Bauvorhaben geändert hat, müsste man eigentlich ein Update machen.“

Auch viele Bürger wünschen sich eine Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und Planungen bei der Umsetzung der alten Beschlüsse: „Wie kann es sein, dass hier wertvolles Stadtgrün platt gemacht wird, als hätten wir zu viel davon?“, kritisiert Anwohner Christian Müller. „Man kann nur resignierend abwinken und schlussfolgern, dass die Behörden trotz der so offensichtlichen Klima- und Verkehrsprobleme gar nichts lernen, sondern im Denken des letzten Jahrhunderts verhaftet bleiben und so weiter exekutieren wie zu einer Zeit, als Bäume und Kultur noch nicht so eindeutig als knappes, schutzwürdiges Gut galten.“

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