Baumfällaktion in Köln-LövenichKahlschlag am Bahndamm empört die Anwohner

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Kahlschlag am Bahndamm in Lövenich

  • In Köln-Lövenich wurden für die Anwohner ganz überraschend zahlreiche Bäume gefällt.
  • Dies geschah im Auftrag der Deutschen Bahn. Als Grund nannte die Deutsche Bahn eine Erkrankung der Bäume.
  • Das alarmiert die Anwohner allerdings noch mehr.

Köln-Lövenich – Als ob man ihr eine Rasur verpasst hätte, so liegt die Bahntrasse in Lövenich da. Ein ratzekahl gesägter Hügel gibt den Blick auf den schnöden Betonbau frei, über dem die Gleise verlaufen. Die Bäume, die bislang dort standen, liegen frisch gefällt am Boden.

Im Auftrag der Deutschen Bahn haben Mitarbeiter sie gerodet und damit viele Anwohner verärgert. „Es handelte sich dabei um einen richtigen kleinen Wald, ein Biotop auch für viele Tiere, wie Greif- und Singvögel, Fasane und andere“, klagt eine Nachbarin. „Laut Baumsatzung der Stadt Köln muss eine Fällgenehmigung erteilt werden“, sagt sie. Das gelte auch für die Deutsche Bahn.

Die Anwohner wandten sich zu Beginn der Fällung an das Umweltamt und erfuhren, dass eine solche nicht vorlag. Die Bahn habe im Nachhinein aber Fotos von Bäumen geschickt, die am Rußrindenpilz erkrankt sein sollen. Die Nachricht von der Krankheit empfinden die Bürger allerdings als ebenso erschreckend wie den Kahlschlag als solchen.

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Gefährliche Sporen

„Der kranke Baumschnitt mit den für den Menschen gefährlichen Sporen wurde einfach aufgeschichtet und soll nun auf dem Bahndamm verbleiben“, kritisiert die Nachbarin. Die Sporen würden besonders für Ältere und Kinder ein Gesundheitsrisiko darstellen, wie beispielsweise für ihren Sohn, der an Asthma erkrankt ist.

Auch Martina Kanis, Vorsitzende des Bürgervereins Lövenich im Brennpunkt, sieht das Geschehen kritisch. „Die Fällgenehmigung wurde allein anhand einer Fotodokumentation erteilt, ohne dass sich ein Sachverständiger die Bäume persönlich angeschaut hat“, bemängelt sie. „Die Begründung, dass die gefällten Bäume von der Rußrindenkrankheit befallen gewesen seien, alarmiert uns.

Allergische Reaktionen möglich

Die Sporen des Rußrindenpilzes können beim Einatmen zu allergischen Reaktionen wie Reizhusten, Fieber, Atemnot und Schüttelfrost, ja sogar zu einer Entzündung der Lungenbläschen führen.“ Somit sei der Baumschnitt Sondermüll und müsse umgehend entsorgt werden.

Laut Deutscher Bahn sei alles regelkonform verlaufen: „In Lövenich handelt es sich um die turnusmäßigen Vegetationsrückschnitte, die der Sicherheit des Verkehrs und der Menschen dienen“, erläutert eine Sprecherin der Bahn. Einmal im Jahr würde in dem Bereich von sechs Metern beidseitig der Gleise die Vegetation entfernt. Hinter diesem Bereich würden lediglich instabile Bäume gefällt, die im Vergleich zur Höhe einen geringen Durchmesser oder aus sonstigem Grund keine stabile Wuchsform aufwiesen. Forstexperten hätten geprüft, welche Bäume erhalten werden können, so die Pressesprecherin. 

Kranke Bäume wegen Trockenheit

Aufgrund des trockenen Sommers seien dieses Jahr aber sehr viele schadhaft gewesen, hätten gelockerte Wurzeln oder Äste gehabt. Zudem sei festgestellt worden, dass einige Bäume beschädigt oder erkrankt waren, unter anderem an dem Rußrindenpilz, der ein schnelles Absterben verursacht.

„Bei solchen akuten Schäden“, so die Sprecherin, „ist die Deutsche Bahn gesetzlich nicht dazu verpflichtet, einen Fällantrag zu stellen, da Gefahr im Verzug vorliegt.“ Als Grundstückseigentümer müsse die Deutsche Bahn einen solchen Fall allerdings zeitnah beim Umweltamt anzeigen.

Dies sei geschehen. „Die erkrankten Baumstämme wurden selbstverständlich fachgerecht entsorgt“, betont die Pressesprecherin. Der Umwelt zu Liebe habe man die anderen gefällten Stämme aber vor Ort gelassen. Das Geäst sei so aufgestapelt worden, dass es als Brut- und Niststätten sowie Biomasse dienen kann.

Umweltamt hat keine Einwendung

Auch das Umweltamt hat an den Fällungen nichts zu beanstanden: Weil sie aus Gründen der Verkehrssicherheit und zu Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Personen erfolgten, seien sie nach der Baumschutzsatzung nicht genehmigungspflichtig gewesen, erläutert Sprecherin Sabine Wotzlaw. Die Fällung zur Gefahrenabwehr sei zwar anzeigepflichtig und anhand von Gründen darzulegen gewesen. Dieser Verpflichtung sei die Deutsche Bahn aber mit Hilfe der Fotodokumentation ausreichend nachgekommen.

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Der BUND versteht die Herangehensweise, glaubt aber, dass künftig der Baumbestand trotzdem besser geschützt werden kann. Vor allem jenseits des Bereichs von sechs Metern, der auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus Sicherheitsgründen frei von Vegetation zu halten ist, sei ein sensiblerer Umgang mit dem Baumbestand möglich. „Die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes müssen zukünftig besser berücksichtigt werden“, fordert BUND-Vorstandsmitglied Helmut Röscheisen, „und zwar dadurch, dass das Umweltamt und die Öffentlichkeit vor geplanten Fällungen künftig vorzeitig zu unterrichten sind.“

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