Bis zu 50.000 EuroWertvolle Füllhalter bei Internationalem Sammlertreffen in Köln

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Tauschen, feilschen, kaufen: Das Interesse an historischen und modernen Füllhaltern und deren Zubehör ist groß.

Braunsfeld – Füllfederhalter sind etwas Besonderes. Auch wenn im digitalen Zeitalter das analoge Schreibgerät aus dem Arbeitsalltag fast verschwunden ist, hat der Füller nichts an Attraktivität verloren. Ob als Kolben- oder Patronenfüller, geriffelt, glatt, mit Tintensichtfenster oder ohne, ob mit Gold- oder Edelstahlfeder: Füller stehen für Persönlichkeit, Entschleunigung, für Wertigkeit und Handwerkskunst. Beim 31. Internationalen Füllhaltersammlertreffen im Leonardo Royal Hotel in Braunsfeld konnten sich jetzt Besucher ein Bild von der Vielfalt der Schreibgeräte und dessen Zubehör machen.

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Zierlicher Füller im Format Baby-Size

Etwa 80 Aussteller und Sammler aus Deutschland, den Benelux-Staaten, aus Frankreich, Spanien, Polen, Dänemark, aus Argentinien, Indien, Japan und den USA präsentierten im Hannover-Saal des Hotels ihre Utensilien. Seit 1988 organisiert Stefan Wallrafen das Kölner Treffen, eines der größten in Europa. Er selbst besitze rund 6000 Füllhalter, erzählt der ehemalige Studienrat für Chemie und Englisch an einer Bergisch Gladbacher Schule. Etwa die Hälfte davon benutzt er als Ersatzteillager in seiner Reparaturwerkstatt.

600 US-Dollar für Tula-Silber-Füllhalter

Denn Wallrafen sammelt nicht nur Federhalter. Er repariert sie auch. Federn richten, Dichtungen erneuern, Clipse oder Hebel ersetzen und sogar Gehäuse-Sonderanfertigungen aus Ebonit oder Zelluloid auf der eigenen Drehbank herstellen, zählen zum Angebot. Rund um den Füllhalter ist Wallrafen viel unterwegs. Bei einer Versteigerung in den USA habe er kürzlich ein wertvolles Stück erworben. Für einen Tula-Silber-Füllhalter der Overather Firma Soennecken gab er 600 US-Dollar aus. „Ein Einzelstück“, sagt er.

An seinem Stand blättern Besucher in seinen Büchern, darunter das 200 Seiten-Werk „Collectible Stars I“, eine vollständige Produktdokumentation der Schreibgeräte von Montblanc im Zeitraum von 1908 bis 1947. Aktuell arbeite er an einem neuen Buchprojekt. Genaueres wollte er noch nicht verraten. Ein paar Meter weiter wartet Jean Buchser geduldig auf Kundschaft. Seit vielen Jahren nimmt der Rechtsanwalt und Steuerberater aus Paris an dem Kölner Treffen teil. Etwa 200 Füller hat er diesmal mitgebracht, darunter sein ältestes Stück aus dem Jahr 1915, eine seltene Ausführung eines Waterman-Füllers aus Sterling-Silber. Wert: rund 2000 Euro.

Eine ganz besondere Tinte

Am Tisch gegenüber steht Sammler Josef Grünwald aus dem schweizerischen Schaffhausen, der zum zweiten Mal in Köln dabei ist. Neben einem so genannten Hochzeitsset für knapp 1500 Euro mit zwei Montblanc-Füllern in einer Schatulle, preist Grünwald eine ganz besondere Tinte an, die in kleinen Fläschchen abgefüllt an seinem Stand zu erwerben ist. Hierbei handele es sich um eine aus konzentriertem Rotwein und einigen Zusatzstoffen handgefertigte Tinte, die ein sauberes Schriftbild aufs Papier zaubert, zum Verzehr aber nicht geeignet ist. „Nicht weiter schlimm“, findet der Schweizer Sammler, freut er sich doch später auf ein frisches Kölsch in der Kölner Altstadt.

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Sammler Erol Cetin mit einem Montblanc Solitaire No. 146 

Während Erol Cetin aus Stuttgart einem Interessenten erklärt, dass der „149er“ von Montblanc mit der handgefertigten Feder aus 750er Gold, dem vergoldeten Clip mit individueller Seriennummer und dem weißen Montblanc Emblem auf der Kappe auch „der Dicke“ oder die „Zigarre“ genannt wird, drängelt sich ein anderer Besucher dazwischen. Er hatte bei Cetin unter vielen anderen Stiften einen gebrauchten Füller gefunden. „Den nehm ich“, sagt er. „80!“, antwortet Cetin und zählt kurz darauf die Geldscheine nach, die Christoph Müller aus Aachen ihm für den „Safety“-Füller, einem Sicherheitshalter (englisch: safety) mit versenkbarer Feder, in die Hand gedrückt hatte.

Cartier Füllhalter für 50.000 Euro

Ein paar Tische weiter wirbt Regina Martini für ihre eigene Füller-Kollektion und ihr neues Buch, in dem 550 Schreibgeräte mit Tiermotiven von 80 Firmen abgebildet sind. Das teuerste Modell darin ist der Cartier Füllhalter aus 925er Silber mit der figürlichen Form eines Tigers. Sammlerwert: rund 50.000 Euro.

Unter dem traditionellen Namen Astoria bietet der Hamburger Werkzeugmachermeister und ehemalige Montblanc Mitarbeiter Max Schrage handgefertigte Schreibgeräte aus seiner eigenen Werkstatt an. Für den Korpus verwende er im Wesentlichen Ebonit (Hartgummi). Die Federn werden als Rohling gekauft und dann von Hand geschliffen, poliert und graviert. Etwa eineinhalb Tage braucht Schrage für einen individuell, von Hand hergestellten Füller.

Original-Tinte aus den 1950er Jahren

Die Kosten liegen dabei zwischen rund 300 und 1200 Euro pro Stück. Neben Schreibgeräten und Zubehör wird im Hannover-Saal fast alles angeboten, was zum Hobby dazugehört: Original-Tinte aus den 1950er Jahren, spezielle Papiersorten, Accessoires, Fachliteratur, Kitschiges und Kurioses.

Ob Füller als Massenware oder als kunsthandwerkliches Produkt: In einem Punkt ist sich die Sammlerszene einig: Füller gehören auch 135 Jahre nach der Patentierung zum guten Ton kultivierter Menschen. Früher wie heute geben sie der eigenen Handschrift eine unverwechselbare Note.

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