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Uniklinik KölnWeltkriegsbombe entschärft – Frühchen können zurück auf die Station

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Auf einer Baustelle an der Uniklinik wurde am Dienstagvormittag eine Bombe gefunden. 

Köln-Lindenthal – Weniger als 400 Gramm wiegen die Kleinsten der Frühgeborenen, die in Inkubatoren auf der Frühchen-Station der Uniklinik liegen. Zehn von ihnen wurden am frühen Mittwochmorgen in Sicherheit gebracht, weil ein paar Hundert Meter entfernt seit Jahrzehnten ein Brocken von fünf Zentnern in der Erde lag, der am Mittwoch unschädlich gemacht worden ist. Ein Bombenblindgänger britischer Bauart mit Aufschlagzünder war das, der tags zuvor bei Bauarbeiten auf dem Gelände der Uniklinik gefunden wurde. Einige der Frühchen in der Frauenklinik hatten Glück, sie konnten innerhalb der Etage verschoben werden, auf die Südwestseite, die dem Bombenfundort abgewandt ist. Bei den Kleinst-Frühchen handele es sich um „extrem gefährdete“ Patienten, die in ihren Brutkästen beatmet werden, sagte Uniklinik-Chef Edgar Schömig. 30 weitere Neugeborene, davon 15 Frühchen wurden dagegen teils in ihren Inkubatoren innerhalb des Klinik-Campus verlegt.

Dafür war die Feuerwehr mit speziellen „Baby-Rettungswagen“ angerückt, die für solche Einsätze ausgestattet sind. Darin können Frühchen unter Intensivbedingungen transportiert und weiter in ihren Inkubatoren bleiben. Verlegt wurden nur die Säuglinge, die eine Atemhilfe, aber keine komplette Beatmung brauchen. Auch 50 Frauen und 40 Kinder und Jugendliche aus der psychiatrischen Abteilung mussten in anderen Gebäuden der Uniklinik untergebracht werden.

1100 Anwohner betroffen

Für die Kliniken, die Feuerwehr und das Ordnungsamt war der Einsatz hochkomplex. Der Bereich der Frauenklinik sei ein „sehr kritischer“ Bereich für eine Evakuierung, sagte Schömig. Daher hätten alle beteiligten Stellen die ganze Nacht lang Einsatz- und Evakuierungspläne ausgearbeitet, sodass alle Betroffenen auf dem Klinik-Campus bleiben können. Unter den Patientinnen, die die Frauenklinik verließen, waren auch hochschwangere werdende Mütter.

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So dauerte es mehrere Stunden, bis in der Uniklinik die betroffenen Häuser evakuiert wurden. Betroffen war neben der Frauenklinik die Zahnklinik und die Orthopädie, außerdem das benachbarte Krankenhaus Weyertal. Letzteres wurde nur teilevakuiert, die Patienten aus den oberen Etagen wurden in untere Stockwerke gebracht. In der nahe gelegenen Uni blieben ganztägig mehrere Gebäude geschlossen, darunter das Philosophikum, das Hörsaalgebäude und die Universitäts- und Stadtbibliothek.

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Schon vor dem letzten Patiententransport hatte das Ordnungsamt Vollzug gemeldet. Keiner der 1100 betroffenen Anwohner in einem Umkreis von 300 Metern sei noch zu Hause. Evakuierungsverweigerer meldete die Stadt nicht, dafür einen Corona-Infizierten, der nach dem ersten Anschein die häusliche Quarantäne verlassen hatte. Die Einsatzkräfte des Ordnungsdienstes wussten bei ihren Klingelrundgängen von der Quarantäne-Bestimmung des Patienten. Außerdem standen seine Fenster auf Kipp, obwohl die Anwohner zuvor explizit aufgefordert worden waren, diese zu schließen.

Die Mitarbeiter der Ordnungsamts schlossen darauf, dass sich die Person noch in der Wohnung befinden müsse. Daraufhin rückte die Feuerwehr mit einem Leiterwagen an und verschaffte sich von außen über den Balkon und durch die Fenster Zutritt in die Wohnung, in der aber niemand war. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass der Patient in stationärer Behandlung im Krankenhaus liegt.„Hierüber erlangt die Stadt manchmal erst mit Verzögerung Kenntnis“, erklärte ein Stadtsprecher das Vorgehen. „Die Stadt öffnet aus Sorge um die Gesundheit eines Menschen lieber sofort eine Wohnung und recherchiert nicht erst lange, ob sich dieser Patient möglicherweise in stationärer Behandlung befindet“, so der Sprecher.

„Das war eine leichte Sache“

Mit deutlich weniger Aufheben wurden ganz zuletzt zwei andere Infizierte und neun Kontaktpersonen, die unter Quarantäne standen, isoliert aus den Wohnungen begleitet. Sie mussten für die am Ende doch recht kurze Dauer der Entschärfung in gesonderten Rettungswagen verbringen, um die Quarantäne nicht zu brechen. Außerdem mussten 13 beeinträchtigte Anwohner mit Krankentransportwagen aus der Bannmeile gebracht werden. Die Rettungsdienste von den Feuerwehren und Hilfsorganisationen waren mit 99 Kräften im Einsatz. Dutzende Rettungsfahrzeuge waren dafür zur Uniklinik gebracht worden.

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Als dann endlich alles still wurde in Lindenthal ertönte ein dumpfer Knall. Eine sogenannte Raketenklemme, mit der der Aufschlagzünder von der Bombe gelöst wurde, erzeugte ihn. Kurze Zeit später kam die Entwarnung: Die Bombe war unschädlich gemacht. Für Wolfgang Wolf sind solche Einsätze längst Routine. „Das war eine leichte Sache für die Kampfmittelräumung“, sagte er hinterher. Komplikationen habe es nicht gegeben. „Das ist sauber gelaufen“, so Wolf. Alle Anwohner konnten wieder in ihre Häuser, die Patienten auf ihre Stationen. Für die Säuglinge auf der Frühchenstation ging das Leben ereignisreich los.

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