Bürger sind empörtKölner Erholungsgebiet soll für Wohnungen geopfert werden

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Hier soll  der Frechener Bach fließen, der für viel Geld  renaturiert wurde. Doch jetzt steht das Areal auch im Regionalplan für potenzielle Wohnungsbauflächen. 

  • In Köln herrscht Wohnungsnot, deshalb hat die Stadt mögliches neues Bauland gesucht.
  • Doch es müssten teils wertvolle Flächen weichen, etwa eine Frischluftschneise.
  • Anwohner und Bezirkspolitiker kündigen Widerstand gegen die Pläne an.

Kölner Westen  – Noch fließt kein Wasser durch den Graben, in den künftig der Frechener Bach gebettet werden wird. Im Grüngürtel soll er bald wieder seinen alten Verlauf nehmen. Ein Biotop soll dort entstehen und das Gebiet zu einem besonderen Erholungsgebiet aufwerten. Nun wird ein Teil des Areals möglicherweise als Bauland für Wohngebäude ausgewiesen.

Die Stadtverwaltung hat angesichts der anstehenden Regionalplanänderung durch die Bezirksregierung neue Flächen im Kölner Stadtgebiet für den dringend nötigen Wohnungsbau ausgemacht, unter anderem Äcker und Wiesen im Kölner Westen. Ihre Vorschläge liegen nun dem Stadtentwicklungsausschuss zum Beschluss vor. 

Während der Stadtbezirk Ehrenfeld nahezu ungeschoren davon kommt, handelt es sich im Stadtbezirk Lindenthal um „sensible“ Bereiche. Neben dem Areal in Junkersdorf zwischen Frechener Bach und Dürener Straße, auf Höhe des Salzburger Wegs, sowie zwischen Salzburger Weg und Sportanlagen, sind zwei Gebiete in Widdersdorf betroffen, das Areal östlich der Indianapolisstraße und das zwischen Leonhardsgasse und Chryslerstraße. In Lövenich steht das Gebiet zwischen Kölner Randkanal und Lise-Meitner-Ring auf der Liste. Bei der Bezirkspolitik und den betroffenen Bürgervereinen stößt das Vorhaben auf Kritik. 

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Lindenthals stellvertretender Bezirksbürgermeister Roland Schüler auf den Parkflächen am Salzburger Weg – dort würden die  Bezirkspolitiker gerne eine Schule und ein Parkhaus errichten. 

Wird ein Bach in Junkersdorf geopfert?

Das Areal am frisch renaturierten Frechener Bach ist nach Ansicht des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters Roland Schüler absolut tabu für den Wohnungsbau. „Das Gebiet ist die einzige grüne Verbindung zwischen Stadtwald und Grünzug West“, kommentiert er. Natürlich stünden dort im Grünstreifen bereits das Hochhaus der RWE und ein Stück weiter westlich einige Gewerbebetriebe. „Aber wir können doch nicht, weil an dieser Stelle bereits Bausünden begangen wurden, jetzt neue begehen“, urteilt Schüler. Die Fläche nördlich der Dürener Straße, zwischen Salzburger Weg und Sportstätten, wo sich bislang Parkplätze des Rhein-Energie-Stadions befinden, dürfe die Verwaltung ebenfalls nicht für den Wohnungsbau verplanen.  „Dieses Gebiet haben wir für eine Schule ins Visier genommen“, betont er. Außerdem sei dort ein Parkhaus für die Besucher des Stadions geplant. Auf dem Parkhaus könne man dann vielleicht noch einige Etagen mit Studentenwohnungen aufstocken. Astrid Franzen, Vorsitzende der Interessengemeinschaft Junkersdorf, spricht sich ebenfalls gegen eine Wohnbebauung an dieser Stelle aus. Besonders ärgert sie sich über die Pläne, das Areal am Frechener Bach in Bauland umzuwandeln. „Das ist eine echte Sauerei“, ärgert sich Franzen. „Da sammelt die Stadtverwaltung jahrelang Gelder aus allen möglichen Töpfen, die auch vom Steuerzahler finanziert wurden, um den Bach zu renaturieren, und gefühlt zehn Minuten später entscheidet man sich dafür, dass das Gebiet bebaut wird.“ Franzen sieht noch ein anderes Problem: „Hier werden viele Wohnungen auf die Felder gestellt, aber Verkehr, der dadurch entsteht, dass die Zugezogenen mit ihrem Auto fahren, ist gar nicht mehr zu bewältigen.“ Ausreichende Angebote des öffentlichen Nahverkehrs seien nicht vorhanden.

Auf dem von der Stadtverwaltung in Widdersdorf als Bauland ausgemachten Areal zwischen Leonhardsgasse und Chryslerstraße lehnen die Lindenthaler Bezirkspolitiker ebenfalls eine Bebauung ab. „Dabei handelt es sich um eine Abstandsfläche zu Brauweiler und dem Gewerbegebiet“, so Schüler. Diese Pufferzone solle dort auch bleiben. 

Pufferzone zu Gewerbegebiet könnte angetastet werden

Auf dem von der Stadtverwaltung in Widdersdorf als Bauland ausgemachten Areal zwischen Leonhardsgasse und Chryslerstraße lehnen die Lindenthaler Bezirkspolitiker ebenfalls eine Bebauung ab. „Dabei handelt es sich um eine Abstandsfläche zu Brauweiler und dem Gewerbegebiet“, so Schüler. Diese Pufferzone solle dort auch bleiben. Das Areal östlich der Indianapolisstraße hatte die Bezirksvertretung in ihrem Gesamtkonzept zur Wohnungsentwicklung aus dem Jahr 2015 auch als Bauland ausgemacht. Eine weitere Bebauung in Widdersdorf setze jedoch voraus, dass die Stadtbahn endlich dorthin verlängert wird. 

Die Widdersdorfer Interessengemeinschaft spricht sich generell gegen eine weitere Bebauung in ihrem Viertel aus. „Die bestehenden Freiräume im westlichen Bereich, die als wichtige Frischluftschneise für Köln fungieren und auch für die Kaltluftentstehung von Bedeutung sind, wurden bereits verengt und dies sollte nicht noch weiter vorangetrieben werden“, sagt ihr Vorsitzender Christian von Bock. 

„Nach wie vor ist keine der Einwohnerentwicklung angepasste leistungsfähige Infrastruktur vorhanden“, kritisiert er. Der ab Mitte Dezember geplante Express-Bus wird nur zu Stoßzeiten fahren und so bleibt die Anbindung von Widdersdorf nach wie vor unzureichend. Die Straßen seien zu Hauptverkehrszeiten völlig überlastet. 

Schon jetzt viel zu viel Verkehr

In Lövenich hat die Stadtverwaltung das Areal zwischen Kölner Randkanal und Lise-Meitner-Ring als potenzielles Bauland ausgemacht. Dieses Gebiet  hält die Bezirksvertretung  nach ihrem Gesamtkonzept aus 2015 prinzipiell für bebaubar – allerdings mit Augenmaß. 

Dort in der Frischluftschneise kommt es entscheidend darauf an, wie man baut“, sagt Schüler. Es müsse genauer untersucht werden, in welcher Höhe die Frischluft zirkuliere, man dürfe keine große Fläche bebauen und müsse sich auf zwei drei Stockwerke beschränken, um die Luftzirkulation nicht zu behindern.

Der Bürgerverein Lövenich im Brennpunkt lehnt eine solche Bebauung strikt ab: „Wir verlassen uns auf den politischen Beschluss, dass es keine weitere Bebauung geben wird, bevor die Verkehrs- und die soziale Infrastruktur für die Menschen, die bereits jetzt hier leben, geschaffen ist“, sagt Vereinsvorsitzende Martina Kanis, „bereits jetzt ersticken wir im Verkehr.“

Wann endlich der dringend benötigte Anschluss des Viertels an eine Stadtbahnlinie erfolgen würde, sei aber nicht abzusehen. Martina Kanis kündigt an: „Sollte der Rat einer weiteren Wohnraumbebauung auf 32,2 Hektar zustimmen, werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln dagegen vorgehen.“

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