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Club Stadion Rot-WeißTrophäen von Wimbledon-Siegerin Cilly Außem kommen nach Köln

Lesezeit 3 Minuten
Klaus Flück (l.) und Bernd Tuchen

Klaus Flück (l.) und Bernd Tuchen

Köln – Das kostbare Stück ist in ein einfaches Papiertaschentuch eingewickelt und steckt in einem kleinen Briefumschlag. Eigentlich kein angemessener Aufbewahrungsort für den Gegenstand, den Klaus Flück, Vorstand Marketing beim Kölner Tennis- und Hockey Club Stadion Rot-Weiß, auf den Tisch des Vereinsheims legt: Es ist die Medaille, die die Kölner Tennisspielerin Cilly Aussem am 3. Juli 1931 nach ihrem Sieg in Wimbledon überreicht bekam.

„Frl. C. Aussem“ wurde auf der Rückseite der Medaille eingraviert, die eher an ein altertümliches Schmuckstück erinnert als an eine prestigeträchtige Sporttrophäe.

Die Plakette wird in Kürze nun einen prominenten Platz bekommen: Sie wird in einer Vitrine ausgestellt, zusammen mit anderen Pokalen, Schalen und Tellern, die die erste deutsche Wimbledon-Gewinnerin in den 1920er und 1930er Jahren für ihre Turnier-Erfolge bekommen hat – in Santiago de Chile, in Breslau, in Madonna di Campiglio oder auch in Marienbad.

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Ebenfalls dabei: ihre erste deutsche Meisterschaft, 1927 errungen bei ihrem Heimatclub Rot-Weiß Köln.

Ein „totales Highlight“

Cilly Aussem wurde 1909 in eine vermögende Kölner Kaufmannsfamilie geboren. Mit 14 Jahren erlernte sie das Tennisspielen; ihr größter Erfolg war der Wimbledon-Sieg 1931. Nicht zuletzt wegen einer Erkrankung beendete sie bereits 1934 ihre Karriere. Mit ihrem Mann lebte sie viele Jahre im italienischen Portofino, wo sie im Alter von 54 Jahren starb. (map)

„Cilly Aussem ist ein bedeutender Bestandteil der Rot-Weiß-Geschichte“, sagt Flück. „Welcher Club hat schon eine Wimbledon-Siegerin in seinen Reihen?“ Insofern sei es für den Verein ein „totales Highlight“, dass man die Erinnerungsstücke des prominenten Mitglieds für den Club in Müngersdorf habe erwerben können.

Zu verdanken haben die Verantwortlichen dies Bernd Tuchen. Der 65-jährige pensionierte Ford-Mitarbeiter beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Lebensgeschichte des 1963 im italienischen Portofino verstorbenen Tennisstars, veröffentlichte 2008 sogar eine Biografie der Sportlerin. Tuchen hatte sich damals gewundert, dass die berühmte Kölnerin „in der Stadt weitgehend vergessen“ war. Dabei hatte der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer nach dem deutsch-deutschen Finale in Wimbledon (gegen Hilde Krahwinkel aus Essen) ein Telegramm geschickt: „Cilly, ganz Köln gratuliert zum großen Sieg.“

Also wollte der an der Kölner Stadtgeschichte interessierte Tuchen „der bis zu Steffi Graf erfolgreichsten deutschen Tennisspielerin“ wieder zu der ihr angemessenen Beachtung verhelfen. Und wie das oft so ist bei solchen Recherchen, es tun sich unerwartete Quellen auf. „Einige Zeit nach Erscheinen der Biografie meldete sich die zweite Frau von Cilly Aussems inzwischen verstorbenem Ehemann bei mir“, sagt Tuchen. Sie besaß noch eine Vielzahl von Fotos der Tennisspielerin. Einige holte Tuchen bei der Seniorin ab, sie schickte in der Folgezeit aber noch weitere Bilder. „Darunter war dann auch ein schlechtes Foto von einer Münze“, erinnert sich Tuchen. Das zeigte, wie er auf Nachfrage erfuhr, die Medaille von Wimbledon.

Und die Witwe, die in Rheinland-Pfalz wohnt, besaß zu Tuchens Überraschung nicht nur das Original, sondern darüber hinaus diverse weitere Trophäen. Was folgte, beschreibt der 65-Jährige als „zähe, schwierige Verhandlungen“. Ende vergangenen Jahres habe er die Frau endlich überzeugen können, dem Verein den kostbaren Nachlass zu verkaufen.

Für den Club – er war in den 1920er und 1930er Jahren die deutsche Tennishochburg – geht der Besitz der Pokale laut Flück über einen bloßen Erinnerungswert hinaus, hat sogar ganz aktuelle Bedeutung. Die Herrenmannschaft von Rot-Weiß sei in die erste Tennis- Bundesliga aufgestiegen, sagt das Vorstandsmitglied, „und da kann die Erinnerung an Cilly Aussem zusätzlichen Schub verleihen“.

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