Flächenmangel in KölnWohnen über Supermärkten und Stadion-Parkplätzen

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Entwurf eines Stelzenhauses von Architekt Henner Herrmanns

Junkersdorf – Mehrfachverwertung ist in Zeiten der Ressourcenknappheit das Zauberwort. Das gilt auch für die Wohnungsnot und den Mangel an Grund und Boden in der Stadt. Flächen, die ebenerdig bereits genutzt werden, sind hier nun auch noch zusätzlich als Bauland attraktiv. Denn über Supermarktdächern und Parkplätzen können noch Menschen wohnen.

Berlin und München haben es vorgemacht. Hannover denkt darüber nach. Und auch Köln zieht die Möglichkeit dieses Miteinanders in Betracht. Der Rat hat die Verwaltung vor einiger Zeit beauftragt, zu prüfen, inwieweit Supermärkte und Parkplätze mit Wohnungen überbaut werden können.

Architekt hat passende Flächen gefunden

Der Architekt Henner Herrmanns hat die passenden Pläne für Köln schon länger in der Tasche. Auf Stelzen möchte er Wohnungen über städtischen Parkplätzen errichten. Er hat ein Investorenteam und auch passende Flächen in Köln gefunden, beispielsweise in Junkersdorf.

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Roland Schüler auf dem Stadion-Parkplatz P7

Der Formel-1-Rennfahrer Nico Hülkenberg möchte mit seinem Bekannten Oliver Bartsch über dem Parkplatz am Rhein-Energie-Stadion 400 bis 800 Wohnungen auf den Stadion-Parkplätzen P6 bis 8 errichten. Die Pläne stoßen allerdings auf Widerstand, zumindest in Teilbereichen. Denn manche der Flächen sind anderweitig bereits verplant, von der Junkersdorfer Dorfgemeinschaft und der Politik.

Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler weist auf einen alten Beschluss der Bezirksvertretung Lindenthal hin: „Wir haben bereits im Jahr 2015 beschlossen, dass auf einem der Parkplätze eine weiterführende Schule entstehen soll“, sagt er. „Wir benötigen dringend mehr Schulplätze im Kölner Westen.“ In Junkersdorf gebe es regelrecht ein Loch in der Versorgung. Die Kinder aus dem Viertel müssen entweder eine Schule in Weiden, der Innenstadt oder in Lindenthal besuchen.

„Genug Platz für alles“

Die Parkfläche am Stadion würde sich ideal für einen Schulbau anbieten. Der P6 sei für Bauvorhaben allerdings tabu. „Das ist auch der Junkersdorfer Kirmesplatz und er soll auch als solcher erhalten bleiben“, so Schüler. Die Idee, über dem Parkplatz Wohnungen zu errichten, hält er allerdings trotzdem für gut. „Es ist eigentlich genug Platz für alles“, sagt der Bezirkspolitiker.

„Wenn der P6 der Kirmesplatz bleibt und auf dem P7 die Schule gebaut wird, kann man auf dem P8 die Wohnungen errichten.“ Man müsse natürlich beachten, dass die Anzahl der Parkplätze für das Stadion erhalten bleibe. Das könne man aber dadurch erreichen, dass man ein Parkhaus auf dem P8 errichte und dieses mit Wohnungsbau aufstocke. Das hält Schüler in mehrfacher Hinsicht für eine elegante Lösung.

Die Cluster-Wohnung

Eine Cluster-Wohnung ist eine Kreuzung zwischen Wohngemeinschaft und Kleinstwohnung. Es gibt darin abgeschlossene Zimmer mit einem Bad und meistens auch mit einer kleinen Teeküche. Zusätzlich gibt es einen größeren Wohnbereich mit einer Wohnküche, die gemeinschaftlich genutzt wird. So sind Cluster-Wohnungen in der Regel 150 bis 800 Quadratmeter große zusammenhängende Strukturen, die sich ohne große bauliche Veränderungen auf verschiedene Art belegen lassen. Dadurch entsteht eine hohe Flexibilität. Sie gelten als eine neue Form für städtisches Wohnen in Zeiten steigender Mietpreise und des Wohnungsmangels. (se)

„Bis zur Fußball-EM 2024 muss die Infrastruktur um das Müngersdorfer Stadion ausgebaut sein“, betont er. „Wenn man bis dahin auf dem P8 ein Parkhaus schafft, das von der Dürener Straße befahrbar ist und zwar so wie geplant, mit einer wechselnden Ampelschaltung, hätte man eine gute Lösung für den Autoverkehr gefunden. Die Ampel würde vor Spielbeginn zwei Spuren ins Parkhaus bereitstellen, nach dem Ende zwei hinaus.“

Außerhalb der Spiele im Stadion könnte auch das Sportamt das Parkhaus für seine benachbarten Sportstätten nutzen und hätte so auch etwas davon. „Es wäre also ein Gewinn für alle,“ meint der stellvertretende Bezirksbürgermeister.

Die Stadtverwaltung möchte zu diesen Plänen allerdings noch keine konkreten Aussagen machen. „Die Verwaltung befindet sich hinsichtlich der Pläne des möglichen Investors noch in der verwaltungsinternen Prüfung“, sagt Jürgen Müllenberg, Sprecher der Stadt. Bis Ergebnisse vorliegen, würde es noch einige Wochen dauern.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen

Die Investoren und der Architekt zeigen sich gegenüber den Ideen aus der Politik in Lindenthal offen. „Wir sind mit unseren Vorhaben gar nicht so auf einen der Parkplätze 6 bis 8 fokussiert“, sagt Architekt Henner Herrmanns. „Die Vorstellungen der Politik werden wir gerne berücksichtigen.“ Auch, um welche Art von Wohnungen es sich handeln wird, stünde noch gar nicht genau fest.

„Es gibt viele Möglichkeiten“, schildert Herrmanns. „Wegen der Nähe zur Sporthochschule, bieten sich Studentenwohnungen an. Es könnten aber auch unterschiedliche Arten von Wohneinheiten entstehen, etwa nach dem Clustermodell. „Wir wollen das Dach begrünen, um für die Bewohner einen Garten zu schaffen und zur Luftverbesserung beizutragen.“ Das Gebäude soll als Holzkonstruktion auf Stahlbeton-Stützen errichtet werden.

Die Ideen liegen in der Luft. Hermanns kennt einen guten Grund, warum die Stadt sie umsetzen sollte: Die Parkplatzflächen zu überbauen, sei auch deswegen sehr sinnvoll, weil sie von der Stadt in Erbpacht vergeben werden. Diese wirtschaftlich günstige Vorgehensweise würde sich positiv auf die Mietpreise auswirken. „Das heißt wir können so bezahlbaren Wohnraum schaffen“, betont Herrmanns. „Wir können die Welt nicht retten, aber die Wohnungsnot vielleicht ein bisschen abmildern.“

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